Interview Vom Prinz zum Präsidenten

Köln · Michael Gerhold steht seit dieser Session an der Spitze seines Traditionskorps, der Nippeser Bürgerwehr.

Michael Gerhold ist der Präsident der Nippeser Bürgerwehr. Foto: Eppinger

Foto: Eppinger

Bereits mit sechs Jahren erobert Michael Gerhold die Bühne und zieht später als Kinderprinz durch die Säle. Im vergangenen Jahr war er Prinz im Dreigestirn, jetzt gehört er bei den Appelsinefunke mit Anfang 30 zu den jüngsten Präsidenten im Kölner Karneval.

Wie fällt die bisherige Bilanz als Präsident aus?

Michael Gerhold: Ich habe ein gutes Team und die Stimmung im Korps ist bestens. Daher fällt die erste Bilanz sehr positiv aus, bis jetzt ist alles rund gelaufen. Aber wir haben noch ein paar Veranstaltungen vor uns. Darunter ist der Veedelszoch in Nippes, unsere größte Veranstaltung in der Session.

Was hat Sie motiviert, mit Anfang 30 Präident eines Traditionskorps zu werden?

Gerhold: Ich bin mit der Bürgerwehr groß geworden und habe ihr sehr viel zu verdanken. Das gilt insbesondere für die vergangene Session, als ich als Prinz im Dreigestirn unterwegs war. Jetzt möchte ich wieder etwas davon zurückgeben. Mein Vorgänger Artur Tybussek wollte aufhören, weil er seine Ziele alle erreicht hatte. Da habe ich kurz überlegt und mich dann bei dem tollen Team schnell entschlossen, die Aufgabe zu übernehmen.

Wie wichtig ist das Teamwork für so eine Aufgabe?

Gerhold: Das ist immens wichtig. Wir sind mit 450 Mitgliedern kein kleiner Haufen. Da funktioniert keine One-Man-Show, alleine wäre ich aufgeschmissen, auch wenn ich die Bürgerwehr nach außen repräsentiere. Es ist auch ein Ehrenamt neben dem Beruf, da braucht man unbedingt Unterstützung.

Wie sind Sie zur Bürgerwehr gekommen?

Gerhold: Das hat schon sehr früh begonnen. Der frühere Präsident Manfred Wolff war Präsident bei der Bürgerwehr und auch mein Vater war Mitglied. Da bin ich schon früh mitgenommen worden und bin so damit aufgewachsen. Später habe ich meine Jugend beim Korps verbracht. Unser Dreigestirn um Wicky Junggeburth hat mich fasziniert und als Kinderprinz konnte ich erste eigene Erfahrungen sammeln. Später war ich aktiver Tänzer, Jugendsprecher, Internetbetreuer und Literat. 2010 habe ich das Amt des Geschäftsführers des Corps á la Suite übernommen. Dann kam der Prinz und jetzt bin ich Präsident.

Sie wurden schon als Prinz Junior geführt. Wie ist es jetzt als Präsident Junior?

Gerhold: Das läuft sehr entspannt. Nicht zuletzt durch den Prinzen im Dreigestirn bekomme ich den Respekt von den anderen Präsidenten.

Was sind mittelfristig Ihre Ziele bei den Appelsinefunken?

Gerhold: Ich bin im Oktober gewählt worden und hatte nur vier Wochen bis zur ersten Veranstaltung. Da ging es jetzt erst mal darum, die Session sauber über die Bühne zu bringen. Nach der Session gehen wir in Klausur. Dann geht es unter anderem darum, wie wir mit den steigenden Kosten umgehen. Wir haben ja Veranstaltungen wie den Elften im Elften am Eigelstein, die Straßensitzung, den Dienstagszug und das Bürgerfest im Mai. Zu allem ist der Eintritt frei. Für uns bedeutet das Kosten in Höhe von etwa 50.000 Euro. Da brauchen wir viele starke Partner, die uns dabei unterstützen. Bei den Veranstaltungsformaten haben wir schon viel Neues wie die Party im Frühkeller an den Start gebracht. Ideen für weitere Neuerungen gibt es, da ist vor der Klausur aber noch nichts spruchreif.

Wie wird im Jahr 2035 in Köln Karneval gefeiert?

Gerhold: Die Formate werden vielseitiger sein, sodass jeder noch mehr, als dies heute der Fall ist, seine zu ihm passende Veranstaltung individuell wählen kann.

Was denken Sie über den Vorfall bei der Fernsehsitzung?

Gerhold: Dass jemand auf die Bühne stürmt, ist eine sehr unschöne Situation. Da müssen wir den Wert von Karneval und seinen Veranstaltungen noch besser vermitteln. Es ist die Aufgabe des Narren, dem Volk den Spiegel vorzuhalten. Jeder muss auch über einen Witz lachen können, wenn er ihn selbst betrifft. Wichtig ist der Respekt vor jedem, der sich auf die Bühne im Karneval stellt. Den dürfen wir nicht verlieren.

Hat der Karneval Sie auch in Ihren Beruf in der Veranstaltungsbranche gebracht?

Gerhold: Mein Patenonkel hatte die Künstler- und Eventagentur Ahrens, die ich heute leite. Da bin ich mit Veranstaltungen groß geworden und habe in den Ferien auch mal bei der Agentur gejobbt. Mir macht es Spaß, mit Veranstaltungen, die man am Schreibtisch geplant hat, Menschen eine Freude zu bereiten. Das ist mein Traumjob.

Wie bringt man als Präsident Karneval und Job zusammen?

Gerhold: Meine Agentur ist gut aufgestellt. Als Prinz war ich kaum im Büro und trotzdem ist alles gut gelaufen. Und als Präsident bin ich häufiger im Büro und alles läuft mit einem guten Team bestens.

Was bietet der Dienstagszug in Nippes den Besuchern?

Gerhold: Es ist mit etwa 2500 Teilnehmern der größte Veedelszoch, den wir bislang gehabt haben. Die Teilnahme ist in diesem Jahr sehr rege, worüber wir uns als Bürgerwehr freuen. Der Zug hat für uns einen ganz anderen Charakter als der an Rosenmontag, auch wenn wir diesen sehr schätzen. Aber beim Zug im eigenen Veedel kennt man viel mehr Leute am Zugweg und man kann die tolle, friedliche Atmosphäre im Veedel voll genießen.

Service: Der Dienstagszug in Nippes beginnt um 13 Uhr. Er läuft über die Neusser Straße. Weitere Informationen zum Veedelszoch und zur Bürgerwehr finden sich online unter: