Karneval Wenn das Bärbelchen Kardinälin wird
Köln · In diesem Jahr ist beim Kölner Rosenmontagszug vieles anders. So zieht der Zoch nicht nur vom Deutzer Ottoplatz ins linksrheinische Köln und endet in der hell erleuchteten Südstadt, auch sein Richtfest fand gestern in Düx statt.
600 geladene Gäste hatten sich in der Halle 9 der Köln-Messe eingefunden, um einen ersten Blick auf die Persiflagewagen zu werfen. Diese waren in einer Nacht-und-Nebel-Aktion mit Traktoren von der Wagenbauhalle am Maarweg auf die andere Rheinseite gebracht worden.
Für Zugleiter Holger Kirsch, der den Zoch selbst als Karnevalsprinz erlebt hat, wird auch seine vierte Session eine besondere. Wegen Corona war an seinem zweiten Rosenmontag nur ein Puppenzug in Kooperation mit dem Hänneschen-Theater möglich, im vergangenen Jahr verwandelte der Ukraine-Krieg der Zoch in die bislang größte Friedensdemo der Kölner Stadtgeschichte. Und jetzt geht es erstmals für die 12.500 Aktiven im sieben Kilometer langen Zug über die Deutzer Brücke.
„Für die Menschen ist der Karneval ein Lebensexlixier
„In den vergangenen 200 Jahren gab es im Karneval immer wieder Veränderungen. Die Konstante ist immer, dass die Menschen gemeinsam feiern möchten und dass der Karneval ihr Lebenselixier darstellt. An diesem Rosenmontag wollen wir diese Sehnsucht nach Freude endlich wieder stillen“, sagt Kirsch, der das Richtfest nutzt, um sich bei seinem großen Team zu bedanken.
Zu den besonderen Wagen, ganz vorne im Zug, zählt der Nachbau des Wagens in Form eines goldenen Fisches, mit dem 1823 der Held Carneval beim ersten Zoch um den Neumarkt fuhr. Mit ihm wird das ehemalige Dreigestirn der Altstädter unterwegs sein, das in der Coronazeit gleich zweimal dieses Amt innehatte. Die Jubilare der Traditionstanzgruppe Hellige Knäächte un Mägde bekommen als Wagen eine riesige Geburtstagstorte.
Im Rosenmontagszug sind allerdings auch viele düstere Gestalten unterwegs. Dazu gehören zum Beispiel die Scheichs aus Katar, deren Wüstenstaat nicht gerade als Hort der Menschenrechte bekannt ist. Um an ihr Flüssiggas zu kommen, macht der Wirtschaftsminister einen „tiefen Habück“ vor dem Emir.
Gleich zweimal kommt der russische Präsident Putin ins Spiel. Einmal sieht man ihn beim innigen Bruderkuss mit dem Teufel, so wie einst Sowjetchef Leonid Breschnew und sein deutscher Vasall Erich Honecker. Beim anderen Motiv dreht Putin als Nosferatu die demokratische Welt brutal durch den Fleischwolf.
Unter dem Titel „Hanswursts Wiedergeburt“ taucht der frühere US-Präsident Donald Trump, reichlich beschmutzt, aus einer goldenen Kloschüssel auf – er will sich unbedingt wieder zur Wahl stellen. Der chinesische Machthaber Xi Jinping wird als Krake dargestellt, die als gieriger Aktienkäuferin auch Bundeskanzler Olaf Scholz fest im Griff hat.
Fifa-Chef Gianni Infantino wird als Geld fressendes Monster dargestellt, das zulässt, dass für seine WM kurz vor Weihnachten Stadien in den blutgetränkten Sand gesetzt werden. Italiens postfaschistische Ministerpräsidentin Giorgia Meloni ist im Zoch als Domina unterwegs. Und Elon Musk hat alle wirtschaftliche Macht an sich gerissen und scheint so gefährlicher als jeder 007-Bösewicht in der Kinogeschichte.
Ein Problem scheint zumindest gelöst – die frühere Verteidigungsministerin Lambrecht wird nach ihrem Silvestervideo mit einer Feuerwerksrakete zum Mond geschickt. Und es gibt auch noch mehr Hoffnung, so wenn Bärbelchen als Kardinälin die Schweinepriester hinter Schloss und Riegel bringt.
Nur der Dom schaut traurig, da ihm der Strom für die Beleuchtung abgedreht worden ist. Ein Problem würde OB Henriette Reker gerne loswerden – die feiernden Menschenmassen auf der Zülpicher Straße. Die würde Reker gerne als Geschenk an die Nachbarstadt Düsseldorf abgeben.