Spannung Wenn die Weichprinte zum Racheengel wird
Köln · Dass kulinarischer Genuss und unterhaltsame Kurzkrimis bestens zueinander passen, beweist der Kölner Bestsellerautor Carsten Sebastian Henn mit seinen „Mordshäppchen“. 22 so humorvoll wie manchmal skurrile Geschichten finden sich in dem im Kölner Emons-Verlag erschienen Buch.
Zu jedem Kapitel gibt es vom Autor den passenden Weintipp. Dabei hat Henn seine Liebe zum Wein schon früh entdeckt. Beim Chemieunterricht lernte er die alkoholische Gärung kennen und bei einem Klassenausflug an die Ahr entdeckte der Kölner seine Liebe zum guten Rebensaft. Mit 18 begab er sich mit einem VW Käfer auf große Weinbergtour und studierte anschließend in Australien Weinbau. Später erwarb er einen eigenen Weinberg an der Mosel. Der dort gekelterte Wein trägt wegen der verwegenen Steillage den klingenden Namen „Piratenstück“.
In seinen kulinarischen Kurzkrimis rückt Henn so manche regionale Spezialität in den Mittelpunkt. In Aachen sind das, wie sollte es anders sein, die Printen. Dort muss eine bei Touristen berühmte, 200 Jahre alte Hartprinte von ihrer Vitrine über der Verkaufstheke beobachten, wie ein Einbrecher in den Laden eindringt und versucht, den Tresor mit den wertvollen Firmengeheimnissen und dem kompletten Besitz des Bäckers zu knacken. Damit wäre die Existenz des Traditionsbetriebs in Gefahr. Selbstlos wirft sich die alte Printe ins Gefecht und schreckt dabei auch nicht von fiesen Mitteln wie spontaner Schimmelbildung zurück. Doch eine junge Weichprinte läuft ihr den Rang ab und bringt den Eindringling zur Strecke.
Eine andere Geschichte bringt Gourmetvampire ins beschauliche Ahrtal. In Heppingen steht im Sternerestaurant von Julius Eichendorff ein „Frühburgunder-Abend“ an. Gernot, der als kulinarisch gebildeter Vampir bekannte Blutspezialitäten wie das leicht salzige Blut einer Maori-Tanzschule an der Südostküste Neuseelands sehr zu schätzen weiß, hat von seinem Onkel Friedensreich erfahren, dass der Saft in den Adern von Menschen, die den Frühburgunder genossen haben, besonders delikat schmecken soll. Dumm nur, dass sein köstliches Geheimnis nicht geheim bleibt und zu viele Kollegen mit ihren spitzen Zähnen anlockt. Da helfen nur noch Weihwasser und Holzpflöcke, um unbedrängt an den roten Hochgenuss zu kommen.
Manchmal geht beim Morden auch einfach alles schief. Dabei hat Hotte doch alles ganz genau geplant. Beim Ausflug seines Kegelklubs „Die Glorreichen Sieben“ soll Jürgi für das Fremdgehen mit seiner Frau Berte endlich büßen. Dafür hat Hotte dessen Lieblingetränk, Früchtetee, mit einer Extraportion Rattengift versehen. Dummerweise nascht der falsche Kegelbruder am Getränk und schon ist der erste Kollateralschaden zu verzeichnen. Am Ende sind fast alle Vereinsmitglieder tot – nur Hotte und ausgerechnet Jürgi sind noch am Leben. Wenn das kein Grund ist, um aufs Neue ewige Freundschaft mit dem vermeintlichen Rivalen zu schließen.
Auch Prominente und prominente Ereignisse kommen bei den schwarzhumorigen Kurzgeschichten ins Spiel. So treffen sich im Juli 1969 die SPD-Genossen um Willy Brandt im noblen Grand Hotel Bellevue unweit des damaligen Regierungssitzes in Bonn. Mit dem teuren Château Pétrus und ziemlich frei interpretierten Spaghetti Bolognese wollen sie den Tag der Mondlandung im kleinen exklusiven Kreise stilvoll begehen. Für einen Genossen endet der große Abend leider tödlich.
Ein besonderer Ausflug steht für die Schauspieler der beliebten Eifel-Krimiserie „Mord mit Aussicht“ auf dem Programm. Dafür wird Hauptdarstellerin Caroline Peters extra mit einem Kartoffelsack über dem Kopf vom Wiener Burgtheater in die beschauliche Eifel entführt. Die Bürger des Ortes, wo das fiktive Hengasch liegen soll, verlangen mit allen Mitteln eine Fortsetzung der Fernsehserie. Dafür haben sie extra ein neues Drehbuch verfasst und das ist ziemlich mörderisch – nach und nach sterben die Darsteller und Peters bekommt es mit der Angst zu tun.
Die „Mordshäppchen“ sind ein so unterhaltsames wie auch skurriles Krimimenü, bei dem die Morde im Minutentakt serviert werden. Für manchen Geschmack scheint das vielleicht etwas zu blutrünstig. Für andere Krimifans ist das aber einfach eine sehr unterhaltsame und kurzweilige Kost, die man vielleicht nicht allzu bierernst nehmen sollte. Das gilt allerdings nicht für die informativen und kenntnisreichen Weintipps, die bei jedem Kapitel das passende Getränk bereithalten. Prost!
Carsten Sebastian Henn: Mordshäppchen, Emons-Verlag, 272 Seiten, 13 Euro