Wie hat sich das Leben als Musiker durch die Corona-Krise verändert?
Interview „Wir blicken jetzt nach vorne und wollen nicht jammern“
Köln · Bei Feuerschwanz treffen Mittelalter und Folk auf Rock und Metal. An diesem Freitag veröffentlicht die Band ihr neues Album „Das elfte Gebot“. Am 9. Januar kommen die Musiker zum Konzert ins Kölner Carlswerk Victoria an der Schanzenstraße.
Wir sprachen vorab mit Ben „Hodi“ Metzner über die neuen Songs und das Musikmachen in der Corona-Krise.
Ben „Hodi“ Metzner: Ich bin als Musiker noch privilegiert, anderen Kollegen geht es deutlich schlechter. Ich lebe vor allem von Songwriting und kann die jetzige Situation mit den Gema-Einnahmen aus dem Vorjahr noch ganz gut überbrücken. Aber psychisch ist es schon sehr heftig, weil man als Musiker im Moment nicht mehr gebraucht wird, da alle Auftritte wegfallen. Und die stehen für uns ganz klar im Zentrum unserer Arbeit. Man muss sich erst einmal daran gewöhnen, dass man jetzt an den Wochenenden zu Hause ist.
Das neue Album war zum Beginn der Krise schon fertig.
Metzner: Ja, wir war im Studio mit den Songs schon durch und standen mit dem neuen Album in den Startlöchern. Dann ging es mit der Krise los. Wir konnten aber nicht mehr zurück, eine Veröffentlichung erst im kommenden Jahr war für uns keine Option, das erste Video hatten wir ja schon veröffentlicht. Da half nur noch die Flucht nach vorne. Dabei haben wir auf das Digitale gesetzt und sind mit den Videos hier sehr gut gefahren.
Wie wichtig ist der digitale Weg jetzt für die Band?
Metzner: Ultrawichtig, das ist unser Draht zu den Fans und zu den Kollegen – die Menschen, die man sonst fast jedes Wochenende getroffen hat. In dieser Woche gibt es zu Release des Albums ein Online-Konzert. Wir blicken jetzt nach vorne und wollen nicht jammern.
Feuerschwanz gibt es inzwischen seit 15 Jahren, wie hat sich die Musik verändert?
Metzner: Wenn man alte und neue Sachen anhört, merkt man, dass der Sound deutlich härter geworden ist. Metal spielt da die entscheidende Rolle und der trashige Humor der Anfangszeit hat sich überlebt. Wir sind auch mit unseren Fähigkeiten gewachsen. Die Metalsongs, die wir heute spielen, hätten wir vor zehn Jahren nicht so auf die Bühne gebracht.
Was hat sich bei der Arbeit an den Songs verändert?
Metzner: Wir sind professioneller geworden. Früher wurde bei den Proben schon mal im Trüben gefischt, um einen guten Song zu finden. Heute läuft das mit deutlich mehr System ab. Wir arbeiten am heimischen Computer und tauschen stetig Spuren und Dateien aus. Die Texte machen ich und der Hauptmann. Bei der Musik teile ich mir den Job mit Hans. Er bringt die Metalkomponente mit, ich bin mehr für Folk und Mittelalter zuständig. Beides zusammenzubringen, ist enorm spannend und bringt immer wieder neue Kombinationsmöglichkeiten mit sich. Wir haben jetzt schon wieder Lust auf die Arbeit an der nächsten Platte.
Es gab ein Coveralbum mit besonderen Versionen bekannter Songs.
Metzner: Das war ein Add-on zum jetzigen Album. Wir sind, was das Genre betrifft, immer Außenseiter, da wir in keine Sparte so richtig passen. So ist ein einzigartiger Sound entstanden, mit dem wir jetzt beim Covern experimentiert haben. So haben wir uns Songs von Ed Sheeran und Seeed genauso vorgenommen wie Stücke von Powerwolf und Deichkind. Das waren echt harte Brocken für uns, aber wir haben uns der Herausforderung gestellt.
Wie kam es beim neuen Album zum Titel „Das elfte Gebot“?
Metzner: Ich habe zur Religion und speziell zu katholischen Kirche ein besonderes Verhältnis. Ich wurde religiös erzogen und war auch im Kirchenchor. Damit habe ich irgendwann gebrochen. Die Verarbeitung damit findet sich auch in unserer Musik wieder. Das elfte Gebot ist so etwas wie ein kategorischer Imperativ, der sagt, mach dein Ding und feiere dein Leben. Dieses elfte Gebot macht die anderen zehn für mich überflüssig.
Welche Rolle spielt der Humor für Feuerschwanz?
Metzner: Humor und Ironie sind für uns enorm wichtig. Wir haben eine leichte, lockere und distanzierte Art beim Umgang mit den Themen in den Songs. Unsere Arbeit beinhaltet Lebensfreude statt Gothic Melancholie. Und viele Texte haben einen doppelten Boden und können verschieden verstanden werden. Das gilt auch für die Trinklieder, die ihre Metaebene haben. Und eindimensional kann ja schließlich jeder.
Was erwartet die Fans bei der Tour zum Anfang des Jahres 2021?
Metzner: Einen Vorgeschmack gibt es jetzt schon beim Online-Konzert zum Release des Albums am Ende der Woche. So ist zum Beispiel reichlich Feuer angesagt. Wir versuchen beim Liveauftritt auf vielen Ebenen das Beste herauszuholen und hoffen, dass uns Corona bei der Tour keinen Strich durch die Rechnung macht. Bislang läuft der Vorverkauf sehr gut. Es ist unsere größte Tour mit den größten Hallen unserer Karriere.
Welchen Bezug haben Sie zu Köln?
Metzner: Ich bin im zweiten Leben ein echter Schlagerfan. Wenn ein Song wirklich gut ist, verehre ich ihn ganz unabhängig vom Genre. Die Kölner Musikszene bewundere ich, da es eine ganz eigene Musikwelt ist. Da geht man auch sehr locker mit Schlager und Partymusik um. Köln steht für mich immer ein wenig für Irish Folk mitten in Deutschland. Da wird in den Kneipen gemeinsam gesungen und gefeiert. Das mag ich sehr.
Gerade war Feuerschwanz auch beim Fernsehgarten im ZDF.
Metzner: Es war toll, endlich wieder auf einer Bühne zu sehen und live zu spielen, auch wenn es nur drei Minuten waren. Das war schon eine krasse Anfrage, weil unser Metalsound da eigentlich nicht wirklich hinpasst. Aber, dass wir kommen war sehr schnell klar. Und vor Ort hat alles dann erstaunlich gut funktioniert. Unsere Musik kam sehr gut an.
www.feuerschwanz.de