Musikschule: Von Versöhnung noch keine Spur
Die Elterninitiative hat alle ihre Vorstandskandidaten durchgesetzt. Die Rückkehr der Geschäftsführerin Heidi vom Stein ist damit praktisch sicher.
Burscheid. Es war nicht die wichtigste Entscheidung des Abends. Aber sie symbolisiert die Unversöhnlichkeit, von der die außerordentliche Mitgliederversammlung am Montag in der voll besetzten Hauptschulaula bis zuletzt geprägt war.
Als alle Vorstandsentscheidungen gefallen waren, schlug der inzwischen gekürte neue Vorsitzende Hans-Ulrich Förster, spürbar um Ausgleich bemüht, in der Diskussion über die künftigen Jahresbeiträge für Mitglieder ohne Kinder in der Musikschule als Kompromiss 50Euro vor.
Doch die Elterninitiative ließ ihren eigenen Kandidaten gleich bei dessen erstem Vorstoß auflaufen und beharrte zunächst auf den von ihr beantragten 120 Euro. Das einzige Mal, dass sie sich an diesem Abend nicht durchsetzen sollte: Am Ende wurde der Beitrag auf 24 Euro jährlich festgesetzt.
Der Machtkampf innerhalb der Musikschule ist entschieden - und zwar auf ganzer Linie zugunsten der Elterninitiative, die die Versammlung mit ihrer Unterschriftenaktion initiiert hatte.
Als der Wahlmarathon kurz vor Mitternacht nach fünf Stunden beendet war, war nicht nur Förster nach zwei Wahlgängen mit jeweils unkorrektem Verlauf auf Vorschlag von Bürgermeister Hans Dieter Kahrl gleichwohl zum Vorsitzenden erklärt worden.
Die Elterninitiative hatte mit Musikschullehrer Ismail Seyhan (2.Vorsitzender), Thomas Liesen (Elternvertreter) und Dirk Stein (Schülervertreter) auch alle übrigen Vorstandskandidaten durchgebracht.
Die bisherige Schülervertreterin Annette Willuweit, seitens des alten Vorstands für den Vorsitz nominiert, unterlag Förster in beiden Wahlgängen so deutlich mit über 60 bzw. 70 Stimmen, dass die offensichtlich mit wahlbetrügerischer Absicht abgegebenen überzähligen Stimmzettel dabei nicht ins Gewicht fielen.
Auch für die übrigen Vorstandsposten trat Willuweit noch einmal an - und verlor immer wieder, am knappsten noch mit 172:194 Stimmen gegen Stein. Ausschlaggebend war dabei anscheinend vor allem das Kräfteverhältnis im neuen Vorstand: Wäre die Mitbegründerin des OVH-Nachwuchsprojektes Musikus wieder in den Vorstand eingezogen, hätte es in dem sechsköpfigen Gremium, dem satzungsgemäß je ein Orchesterverein- und Academie-Vertreter angehören, ein Patt der beiden Lager gegeben.
Eine Rückkehr der vom alten Vorstand gekündigten Geschäftsführerin Heidi vom Stein wäre daran vermutlich gescheitert. Jetzt ist die Rücknahme der Kündigung dagegen so gut wie sicher.
Schon am kommenden Wochenende will der neue Vorstand laut Förster das erste Mal zusammentreten. Vom Stein werde dabei "mit Sicherheit" ein Thema sein, kündigte der 47-jährige Jurist und Leiter eines Finanzbereichs der Kölner Interseroh AG gestern an.
Der Odenthaler hatte auf der Versammlung erklärt, er trete mit dem einzigen Ziel an, die Musikschule wieder in ruhigeres Fahrwasser zu bringen. Sie müsse eine unabhängige und keine dienende Musikschule sein. Die Wahlmanipulationen bezeichnete er als "sehr schade". Förster und Liesen sind für ein Jahr gewählt, Seyhan und Stein für zwei Jahre.
Eine Satzungsänderung, die die Rechte der beiden Gründungsorchester OVH und Academie beschneidet, hält Förster nicht für wahrscheinlich. "Ich denke, dass es so bleibt, wie es ist." Für eine Änderung wäre auch eine Dreiviertelmehrheit der anwesenden Mitglieder notwendig.
Zur Personalie Johannes Stert könne er "noch keine Position einnehmen, die fundiert ist". Von dem Abteilungsleiter Bläser und Leiter des Jugendblasorchester habe er aber gehört, "dass er ein ausgezeichneter und erfolgreicher Musiker ist. Ich wüsste nicht, ob da etwas an seinen Zuständigkeiten zu ändern wäre."
Auch OVH-Dirigent Stert erklärte gestern: "Ich mache auf jeden Fall weiter, weil es hier um die Sache geht." Man müsse schauen, wo es Gemeinsamkeiten gebe. Dem neuen Vorstand müsse jetzt auch zunächst einmal Vertrauen entgegengebracht werden.
In dieser bis zuletzt aufgeheizten Atmosphäre wirkte die abschließende Geste des neuen Vorsitzenden noch wie ein Fremdkörper: Bevor alle aufgewühlt in die Nacht aufbrachen, dankte Förster trotz aller Meinungsverschiedenheiten dem alten Vorstand für die geleistete Arbeit.
Alle Ursachen der Eskalation von außen nachzuvollziehen, ist kaum möglich. Sicher ist, dass es über Jahre einen Mangel an Führung gab; sicher ist auch, dass der alte Musikschulvorstand und der Orchesterverein Hilgen (OVH) bei der Inangriffnahme der für nötig befundenen Korrekturen Fehler gemacht haben, zum Teil auch schwere: in der Vorbereitung; in der mitunter abrupten Umsetzung; in der Kommunikation bis hin zur Wortwahl. Vielleicht war der Ausgang des Abends endgültig entschieden, als der scheidende Musikschulvorsitzende Axel Plutte das Verhältnis zwischen Vorstand und Geschäftsführerin mit dem unsäglichen Wort der Kandare beschrieb.
Diese Fehler und Entgleisungen haben es der Elterninitiative leicht gemacht, sich in bisweilen selbstgerechter Manier zum alleinigen Hüter von Offenheit und Ehrlichkeit zu erklären, die Illoyalität der Geschäftsführerin als mutige Widerstandstat zu stilisieren und Musikschulvorstand sowie OVH unter Ignorierung aller anderslautenden Erklärungen unter den Generalverdacht diktatorischer und dunkler Machenschaften zu stellen.
Ein Zerrbild, das auch durch penetrante Wiederholung nicht wahrer wird. Es entspricht weder der Absicht der Verantwortlichen noch der Bedeutung und bisher geleisteten Arbeit des Renommierorchesters.
Aber an Inhalten war an diesem Abend, der nicht schon den Aufbruch in eine neue Zukunft, sondern noch den Höhepunkt (und hoffentlichen Abschluss) des alten Streits markierte, niemand mehr. Anders ist es nicht zu erklären, dass die zweifelsfrei besonders engagierte und qualifizierte Annette Willuweit keinen Platz im Vorstand fand.