Schöffin am Amtsgericht: „Eine spannende Aufgabe“
Die Stadt sucht Schöffen, die bei Prozessen urteilen. Chris Lattermann (54) macht das bereits seit vielen Jahren.
Burscheid. Ende des Jahres gibt Chris Lattermann ihr Ehrenamt als Schöffin am Leverkusener Amtsgericht auf. Gezwungenermaßen — nach zwei Wahlperioden ist für alle Schöffen Schluss. „Das ist sehr schade. Es ist eine sehr spannende Aufgabe“, sagt die 54-Jährige mit Nachdruck.
Die Stadt Burscheid sucht jetzt nicht nur einen Nachfolger für Chris Lattermann, sondern für insgesamt sechs freiwerdende Posten am Amtsgericht Leverkusen und am Landgericht Köln sowie vier Stellen am Jugendschöffengericht in Bergisch Gladbach — siehe Infokasten.
Wer sich für das Amt bewerben möchte, muss vor allem Lebenserfahrung und Verantwortungsbewusstsein in die Waagschale werfen. Chris Lattermann hatte es in den vergangenen acht Jahren mit Drogendelikten, Diebstahlfällen und Brandstiftungsprozessen zu tun. Mit dem Vorsitzenden Richter und einem weiteren Schöffen ging es daran, Recht zu sprechen. Dabei sind sie an die Gesetze gebunden.
„Der Richter ist natürlich der Profi, der sich in den Gesetzestexten auskennt. Bei uns Schöffen geht es mehr um Intuition und Menschenkenntnis. Am Ende waren wir uns beim Urteil immer einig“, sagt Lattermann. Zwar haben die Gesprächsführung in der Verhandlung meist die Richter, aber wenn sie sich zu Beratungen zurückziehen, wird die Einschätzung der Schöffen genau angehört. Der Richter erklärt dann im Detail, welche rechtlichen Möglichkeiten es gibt.
Ihr Interesse am Schöffenamt hat sich aus der Arbeit als Lehrerin an einer Schule für Körperbehinderte in Leichlingen entwickelt. „Mein Vater war Pfarrer, vielleicht kommt auch daher mein Drang zur Gerechtigkeit“, sagt sie lachend. Die Justiz sei „ein ganz anderes Metier“. Sie wollte wissen, was hinter den Kulissen passiert. Was besprochen wird, wenn sich die Kammer zu Beratungen zurückzieht. Und wie man während einer Verhandlung erkennen kann, ob jemand lügt.
Im Laufe ihrer Amtszeit hat sie immer wieder die Frage beschäftigt, warum Menschen Straftaten begehen. Es habe Fälle gegeben, in denen die Täter mehrmals vor Gericht standen. Oder in denen sie ihre Situation durch eine unbedachte Entscheidung verschlechtert haben. Mitleid ist allerdings fehl am Platze.
„Bei mehrfach Verurteilten Straftätern geht es darum, die Gesellschaft zu schützen“, sagt die Burscheiderin ruhig, aber bestimmt. Der Blick auf die Menschen hat sich in den vergangenen Jahren für die Deutsch- und Sportlehrerin nicht geändert. Zu ihrem Beruf sei das Amt eine gute Ergänzung gewesen. Sie ist Drogenbeauftragte der Schule geworden und hat ihr Netzwerk zu Einrichtungen und Institutionen ausgebaut.
Der Einstieg vor acht Jahren fiel ihr trotz anfänglicher Unsicherheit leicht. Die angebotene Einführungsveranstaltung vor der Vereidigung zum Kennenlernen des Amtes und der Richter sei sehr sinnvoll gewesen, erinnert sich die 54-Jährige.