Unterschätzte Gefahr nach Zeckenbissen
Die Autorin Birgit Jürschik-Busbach kennt die Risiken von Borreliose aus eigener Erfahrung.
Burscheid. Als PR-Beraterin weiß Birgit Jürschik-Busbach auch in eigener Sache zu trommeln. „Die verschwiegene Epidemie“ heißt ihr Buch, ein „aufrüttelnder Bericht über skandalöse Machenschaften“ ist angekündigt.
Und doch beteuert die 50-Jährige, sie sei weder Anhängerin von Verschwörungstheorien noch gehe es ihr um billige Ärzte- oder Medienschelte. Aber sie ist sicher: „Borreliose wird verharmlost.“
Diese Überzeugung fußt zunächst einmal auf eigener Erfahrung. Jürschik-Busbach war selbst Patientin — und zwar eine, die über über Monate mit Fehldiagnosen zu kämpfen hatte.
Im Oktober 2006, während eines USA-Aufenthalts, zeigen sich erste Krankheitssymptome. Erst vier Monate später kommt ein HNO-Arzt in Deutschland auf die Idee, das Blut auf eine durch Zeckenbisse ausgelöste Borreliose-Infektion untersuchen zu lassen.
Die Krankheit gelte als „großer Imitator“, sagt die Autorin. Die Symptomvielfalt führe Ärzte oft in die falsche Richtung. Und es gibt Streit über die richtige Therapie: Ihr selbst wird, wie es auch den US-amerikanischen Leitlinien entspricht, 28 Tage ein Antibiotikum verabreicht.
Doch kurz darauf brechen die Symptome wieder aus. Erst ein spezielles Zentrum in Augsburg für zeckenbedingte Erkrankungen entdeckt zahlreiche Co-Erreger und sorgt in einer zweijährigen Therapie schließlich für dauerhafte Beschwerdefreiheit.
„Bin ich ein Ausnahmefall?“, fragt sich Birgit Jürschik-Busbach während ihres Leidensweges. Wenn sie Missstände wittert, wird sie hartnäckig. Das war so in ihrer Hilgener Zeit, als ihr Sohn die EMA-Schule besuchte und es dort einen aus ihrer Sicht eklatanten Lehrermangel gab.
Das ist jetzt wieder so. Drei Jahre recherchiert sie in den USA und in Europa, befasst sich mit Studien und vergleicht Statistiken. Und stößt auf zahlreiche Ungereimtheiten.
So bezeichnet die Patientenorganisation BFBD die Lyme-Borreliose inzwischen als die häufigste bakterielle Infektion in Deutschland. Der Patientenbeauftragte der Bundesregierung, Wolfgang Zöller, spricht von einer der „am meisten unterschätzten und verharmlosten Krankheiten in Deutschland“.
Dem stehen aber weiter sehr zurückhaltende Zahlen des Robert-Koch-Instituts zu den Neuinfektionen gegenüber.
Jürschik-Busbach will mit ihrem Buch „Risikobewusstsein schaffen“. Weil es anders als bei FSME keine Impfmöglichkeit, noch keine bundesweite Meldepflicht und keine sichere Therapie gebe, bestehe ein „enorm hoher Forschungsbedarf, aber es passiert gar nichts“.
Und Aufklärung bei Ärzten und Bevölkerung tue not. Denn die viel beschriebene Wanderröte nach einer Infektion trete beispielsweise nur bei der Hälfte der Patienten auf. Und die sorgfältige Zeckensuche auch nach der Gartenarbeit sei noch längst keine Selbstverständlichkeit.
Die Autorin mit heutigem Wohnsitz in Leverkusen will anderen ihre Erfahrungen ersparen — auch wenn sie inzwischen erleichtert sagen kann: „Mir geht es wieder sehr gut.“ Im vergangenen Herbst hat sie erstmals in Köln einen Halbmarathon absolviert.