Wehrleute werden immer gebraucht

Gerade tagsüber kann es mit der Zahl der Einsatzkräfte knapp werden. Wer sich für die Feuerwehr ausbilden lässt, muss dafür nichts zahlen.

Foto: Doro Siewert

Burscheid. „Super Leistung, koordinierter, zielorientierter, effektiver und sehr guter Einsatz. Eine Top-Mannschaft.“ Der so seinen Eindruck von den Burscheider Feuerwehrleuten im Gästebuch des Internetauftritts der hiesigen Wehr wiedergibt, ist selbst ein Feuerwehrmann — aus Dortmund.

Am vergangenen Freitag war er Zeuge und Ersthelfer, als kurz vor dem Autobahnkreuz Leverkusen ein Pkw am Stauende auf einen Lkw auffuhr und sich unter den Auflieger schob. Seltener Glücksfall: Nicht nur der Feuerwehrmann war direkt vor Ort, sondern in den Autos hinter der Unfallstelle befanden sich auch noch ein Notarzt und ein Unfallchirurg. Womöglich hat das dem Unfallopfer das Leben gerettet.

Wer derzeit Neuling bei der Feuerwehr ist, hat es zur Eingewöhnung nicht leicht getroffen. Die Zahl der Einsätze steigt von Jahr zu Jahr, die Dramatik gerade der Unfälle auf der A 1 wegen des Dauerstauproblems auch. „Als am Freitag auf dem Vordersitz des Unfallwagens ein Kindersitz entdeckt wurde, hat man sofort gemerkt, wie ein Ruck durch die Mannschaft ging“, erzählt Wehrleiter Achim Lütz. Zum Glück war das Kind nicht mitgefahren.

136-mal ist die Freiwillige Feuerwehr in diesem Jahr schon ausgerückt. Das sind sieben Einsätze mehr als im gesamten Jahr 2013. Mehr Einsätze, größere Herausforderungen — aber nicht genug Leute. Rund 120 Männer und Frauen gehören zur aktiven Wehr, doch seit Jahren macht gerade die Tagesverfügbarkeit Sorgen. Wer nicht in Burscheid und Umgebung arbeitet, kann nicht kommen, wenn der Piepser geht. Und selbst in Burscheid kann es passieren, dass einige der ehrenamtlichen Einsatzkräfte gerade aus irgendwelchen Gründen unabkömmlich sind. „Wenn jetzt die Sirene geht, weiß ich nicht, wer und wie viele kommen“, sagt Lütz.

Um sicherzustellen, dass nicht zu wenig Personal an den Wachen und am Einsatzort eintrifft, werden daher seit zwei Jahren die Löschzüge Hilgen und Paffenlöh grundsätzlich gemeinsam alarmiert — auch, wenn sie nur als Unterstützung für Einsätze des Löschzugs Stadtmitte dienen. Aber das Nachwuchsproblem ist damit nicht gelöst.

Die größte Säule für Nachwuchs ist die Jugendfeuerwehr. Aber auch jeder Erwachsene ab 18 Jahren kann sich jederzeit noch entscheiden, der Feuerwehr beizutreten. Momentan endet die Dienstzeit mit 60 Jahren, auf Antrag mit 63 Jahren, aber eine Anhebung steht im Raum. Doch wie wird man Feuerwehrfrau (von denen es derzeit sieben gibt in Burscheid) oder Feuerwehrmann? „Man trifft sich erst mal und guckt sich an“, sagt Lütz lapidar. Damit fängt es an.

Aber dabei bleibt es nicht. Die Anwärter können bei Übungen mitmachen „und wir kleiden die Leute früh ein“, erzählt der Wehrleiter. Auch zu Einsätzen rücken sie schon mit aus, wenn auch nicht gerade zu den schwersten. Mitmachen dürfen sie ohnehin noch nicht.

Das ändert sich, wenn (möglichst im ersten Jahr) der erste Grundlagenlehrgang mit den Modulen 1 und 2 durchlaufen wird. 70 Stunden, vor allem an Wochenenden und abends, müssen kompakt über vier bis fünf Wochen absolviert werden. Diese erste Ausbildung erfolgt wie auch die Module 3 und 4 mit ähnlichem Umfang in Burscheid. In diesem Jahr wurde der erste Lehrgang im Frühjahr angeboten, der zweite folgt im Herbst. Zusatzlehrgänge zu den Themen Funk und Atemschutz werden auf Kreisebene organisiert.

Mit dem Dienstgrad Feuerwehrmann oder -frau ist die Basis gelegt für eine je nach persönlichen Ambitionen lange Karriere, deren Beförderungsstufen von Dienstjahren und weiteren Ausbildungsschritten abhängen. Bezahlen muss man für die ganzen Lehrgänge nichts.

Zur Ausbildung gesellen sich zweimal im Monat Übungsdienste in jedem der vier Löschzüge: am ersten Sonntag im Monat morgens und am dritten Freitag im Monat abends. Der Plan, was dabei jeweils geübt wird, steht schon zu Jahresbeginn fest. Das reicht von simulierten Einsätzen bis zur gegenseitigen Vorstellung der jeweiligen Löschzugfahrzeuge, damit sich im Ernstfall jeder überall auskennt.

Doch zum Feuerwehrleben gehören nicht nur Ausbildung, Übungen und Einsätze. „Wenn wir nicht auch kameradschaftlich etwas machen würden, würden viele schnell wieder gehen“, ist Lütz überzeugt. Da geht es um Geselligkeit, na klar, aber manchmal auch um das Aufarbeiten der mitunter schlimmen Erlebnisse bei den Einsätzen. Bei Bedarf wird auch das auf Kreisebene aktive Team für Psychosoziale Unterstützung (PSU) angefordert. „Wenn einer darüber spricht, ist es schon gut“, sagt Lütz. Denn er weiß aus Erfahrung: „Ohne ausgeglichenes Privatleben wird es schwer.“

In einem weiteren Artikel in dieser Woche beleuchtet der BV die Rolle der Jugendfeuerwehr bei der Nachwuchsgewinnung.