Geschenke aus der Kindheit Weihnachtsgeschenke: Als Teddybären noch das Größte waren
Burscheider erinnern sich an Geschenke aus der Kindheit, die sie heute noch haben. Und damit an ihre Eltern und Großeltern. Und an Christbäume, die überhaupt keine waren.
Burscheid. Ein Smartphone unter dem Weihnachtsbaum — für den Zwölfjährigen? Natürlich das neueste Modell der angesagtesten Marke? Eltern verzweifeln häufig angesichts der Wünsche ihrer Kinder, aber sie erfüllen sie trotzdem wegen des gesellschaftlichen Drucks — und um den „Liebesbeweis“ zu erfüllen. Dabei sind Geschenke die schönsten, die noch nach Jahrzehnten im Schrank stehen. Und sofort mit den Eltern oder Großeltern in Verbindung gebracht werden. Sie sind nachhaltig wie jene Gedanken an vergangenen Weihnachtsfeste oder Zeiten, die überhaupt keinen materielle Zuordnung haben. Burscheider erinnern sich:
Stefan Caplan „Ich habe meinen ersten Teddybär noch“, erinnert sich der Bürgermeister spontan auf die Frage, welches Geschenk von den Eltern er heute noch besitzt. Der Teddybär, ohne Namen übrigens (der Bruder bekam einen braunen, er einen grauen), liegt nicht in irgendeiner Truhe oder gar im Keller. Er hat seinen Platz im Schrank. „Man sieht richtig, dass damit gespielt wurde.“ Und damit betritt der Verwaltungschef eine Zeitmaschine zurück in seine Kindheit. Mit den braunen Lederflicken an den Tatzen ist auch sofort die Erinnerung an den Opa da. „Er hat alles repariert für mich.“ Auf dem Dachboden hatte der gelernte Schuster alles wieder in Ordnung gebracht. So auch den Teddybären, den Stefan Caplan im Alter von drei Jahren bekam — und folglich nach einigen Jahren die ersten Blessuren aufwies. Welche Wertschätzung der Teddy bei Stefan Caplan hat, zeigt folgendes. Als der Verwaltungschef 22 Jahre alt war, zog er von zu Hause aus. „Der Teddy war das einzige Spielzeug, das ich damals mitgenommen habe. In meinem Zimmer hat er immer einen Platz in einem Regal gehabt.“ Und das sollte sich auch in den nächsten 30 Jahren nicht ändern. „Auf dem Speicher ist er nie gelandet.“
Silke Riemscheid Der Weihnachtsteller mit der Mandarine darauf, das fällt der Vorsitzenden des Treffpunkt Ehrenamt spontan ein, wenn sie an frühere Geschenke zu Weihnachten denkt. „Das Schenken war nur eine Nebensache“, erinnert sie sich an eine behütete Kindheit in Norddeutschland — einer kleinen Stadt in der Nähe von Pinneberg. „Das Wichtigste war, dass die Familie zusammengekommen ist. Dass wir zusammen um den Kachelofen saßen und es warm hatten.“ Und damit zieht sie einen Bogen zu den unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen, die kürzlich mit ihr bei einer Lesung im Altenzentrum waren — und auf manche wohl einen etwas irritierten Eindruck machen, wenn sie all die Lichter in der Stadt sehen, die Kugeln und andere Symbole in der Adventszeit. „Die jungen Leute feiern vielleicht nicht so Weihnachten wie wie. Aber die Sehnsucht nach Familie ist gleich groß.“
Heidi Neumann Man könnte sagen, Weihnachten ist jedes Jahr dasselbe. Ja, das war auch bei Heidi Neumann so. Am Nachmittag des Heiligabends schmückte Vater den Baum, während Mutter in der Küche die Vorbereitungen für das Essen traf. Die Kinder, fünf an der Zahl, waren aufgeregt. Wenn nach dem Abendessen — Kartoffelsalat mit Würstchen — die Kerzen angezündet wurden, wussten die Kinder: Bald ist es soweit. Gemeinsam sang man „O Tannenbaum“ und die Kinder durften die Geschenke auspacken. „In einem Jahr bekam ich mal eine Puppe, die sprechen konnte. Das war Caroline. Sie konnte, wenn man an einem Band zog, ganze Sätze sprechen“, erzählt Heidi Neumann. „Ich hörte mir den ganzen Abend Sätze wie ‘Ich hab dich lieb’ und ‘Was wollen wir spielen’ an.“ Heute wohnt Caroline auf dem Dachboden. Ihre Sprache ist undeutlich geworden. Es hat sich viel geändert. Schmerzlich vermisst Heidi Neumann die Routine des Heiligabends. „Mein Vater kann leider keine Kerzen mehr anzünden. Es ist das zweite Jahr, in dem wir nun ohne ihn feiern müssen“, sagt sie. Auch ihre Mutter wird nicht da sein. Über die Feiertage liegt sie im Krankenhaus. „Ich, meine Familie und meine Geschwister stehen nun ohne Eltern in der Tür zur guten Stube und werden Oh Tannenbaum singen.“
Anne Marie Frese Als Kind konnte Anne Marie Frese nicht viel erwarten. Sie wurde in eine schwere Zeit hinein geboren. Die Wünsche des Mädchens hätte ihre Familie ihr nicht erfüllen können. Sie war gerade fünf geworden, als sie sich mit ihrer Mutter von Burscheid aus auf dem Weg zu den Großeltern machte. Sie wohnten damals an der Grenze zwischen Lennep und Dahlhausen. Die Zugfahrt war lang, der anschließende Fußweg beschwerlich. Es war eiskalt, als Mutter und Tochter den Bahnhof in Lennep verließen. Und dunkel. Ausgebaut und beleuchtet war die heutige Bundesstraße damals noch nicht. Und dann tauchten Lichter auf. Markierungsbomben waren es. Sie leuchteten in verschiedenen Farben minutenlang am Himmel. Wegen ihrer Optik wurden sie Christbäume genannt. „Wir sind so schnell gelaufen, wie wir konnten“, erzählte Anne Marie Frese. Denn die Christbäume wurden genutzt, um Ziele für Bombenflieger zu markieren. „Seitdem habe ich Angst vor Feuerwerk.“
Trotz ihres damals sehr jungen Alters hatten sich diese Bilder ins Gedächtnis gebrannt. Vor allem auch wegen der Erleichterung, die ihre Mutter und sie hinterher verspürten, als sie sicher bei den Großeltern ankamen. Was es zu essen gab und ob was verschenkt wurde, das war damals alles nicht wichtig. Dass man einander noch hatte, das sei die Hauptsache gewesen, so Anne Marie Frese, die seit Jahren im Bergischen Geschichtsverein mitwirkt. Dieses Weihnachten mitten im Krieg hatte einen tiefgreifenden Einfluss auf die Burscheiderin. Sie ist bescheiden und dankbar. An Heiligabend bleibt sie bewusst mit ihrem Ehemann alleine zu Hause. Vorher wird im Altenberger Dom natürlich gesungen. Anne Marie Frese ist Mitglied in der Domkantorei. Erst am zweiten Weihnachtstag ist die Familie zu Gast.
Ulrike Kreffter Ulrike Kreffter weiß, wie aufgeregt Kinder sind, je näher Weihnachten rückt. Im Dezember kann die Leiterin des Familienzentrums „Kleine Strolche“ es jeden Tag beobachten. Die Kleinen erzählen von ihren größten Wünschen. Davon, dass sie sich erhoffen, dass der Weihnachtsmann sie doch bitte besucht. Das erinnert Ulrike Kreffter daran, wie es für sie damals als kleines Mädchen war. „Am schönsten war Weihnachten für mich immer, wenn wir gemeinsam den Baum geschmückt haben. Einmal ging der Baum bis zur Decke. Und Opa hat alle Kugeln kommentiert, die wir aufhängen wollten“, erzählt die heute 53-Jährige. Als der Großvater starb, war die Trauer groß. Was geblieben war, war ein altes Radio.
Ulrike Kreffters Eltern haben das Radio zum Plattenspieler aufrüsten lassen. So lag das Altertümchen dann unter dem Weihnachtsbaum. Da war Ulrike Kreffter 13 oder 14 Jahre alt. „Ich musste mir den Plattenspieler aber mit meiner Zwillingsschwester Anette teilen.“ Ganz für sich alleine konnte die Erzieherin eine Gitarre behalten. „16 Jahre war ich damals, als ich meine erste Gitarre bekam. Ich spiele heute noch ein bisschen für die Kinder.“ Das wohl sehnlichst herbei gewünschte Geschenk, das hält Ulrike Kreffter auch heute noch, Jahrzehnte danach, in Ehren. „Das ist meine Schlummerle. Das ist eine Puppe mit einem wunderschönen Gesicht“, erzählt die Burscheiderin. „Die Puppe hatte eine lange Strähne. Die habe ich ihr abgeschnitten. Das finde ich heute noch besser so.“ Irgendwann vielleicht wird sie ihre Schlummerle weiterverschenken. Aber nur, wenn sie einen Menschen findet, der sie redlich verdient.