Duell um CDU-Aufstellung für Bürgermeisterwahl in Kaarst Bürgermeisteramt: Nienhaus vs. Christoph
Kaarst. · Am Montag entscheidet die CDU, wen sie für die Bürgermeisterwahl in Kaarst nominiert.
Die Argumente sind ausgetauscht, die CDU-Mitglieder haben auf den Versammlungen in Kaarst und Büttgen die beiden internen Bewerber um das Bürgermeisteramt kennengelernt. Am Montag, 28. Oktober, sind sie an der Reihe und müssen entscheiden, wen sie aufstellen: Amtsinhaberin Ulrike Nienhaus oder den Partei- und Fraktionsvorsitzenden Lars Christoph. Wer von beiden hat die Mitglieder mehr von sich überzeugen können? Eine Analyse im Vorfeld einer Entscheidung über den CDU-Kandidaten und die Zukunft der größten Kaarster Partei.
Ulrike Nienhaus, 63, ist seit 2015 Bürgermeisterin der Stadt Kaarst. Die studierte Geologin verfügt über Auslandserfahrung, arbeitete von 1982 bis 1984 für ein Bauunternehmen in Bagdad (Irak). Als sie 2015 von der Kaarster CDU gefragt wurde, ob sie sich vorstellen könnte, Bürgermeisterin der Stadt zu werden, sagte sie nach einer kurzen Bedenkzeit zu. Immer wieder betonte sie, dass sie auch für zwei Amtszeiten zur Verfügung stehen würde. Nienhaus kam zu einer Zeit, in der die CDU schwächelte – weniger dezent formuliert: Sie hat der Kaarster CDU den Arsch gerettet, nachdem die Partei – bereits damals unter der Führung von Lars Christoph – bei der Kommunalwahl 2014 die Gestaltungsmehrheit im Stadtrat verloren hatte. 2015 verteidigte sie das Rathaus für die CDU gegen Christian Gaumitz (Grüne), der als Kandidat des damaligen Fünferbündnisses der vereinigten Opposition im Rat gerade auch wegen der von Christoph ausgelösten innerparteilichen Querelen in der CDU gute Chancen hatte, die Wahl zu gewinnen. Am Ende verlor Gaumitz knapp gegen Nienhaus, die die Wähler überzeugen konnte. Und zwar mit dem, was sie ausmacht: Menschlichkeit, Herzlichkeit und Offenheit. Nienhaus bügelt keinen Bürger weg, hat immer ein offenes Ohr für alle Menschen und ist eine starke Repräsentantin.
Unter Nienhaus hat sich
die Stadt weiterentwickelt
Dennoch scheint ihr Führungsstil im Rathaus nicht unumstritten. Manche beschreiben ihn als herzlich, aber eben nicht hart und entschlossen genug, andere kritisieren ihr Streben nach Kontrolle sowie fehlendes Vertrauen in die Fähigkeit ihrer Mitarbeiter.
Unter Nienhaus Führung sind viele Mitarbeiter gewechselt – oftmals allerdings, weil sie woanders ein höheres Gehalt bekommen. Und natürlich hat sie Fehler gemacht, das gibt sie auch offen zu. Ihr größter war wohl die Intransparenz des Stellenplans 2019, wofür sie sogar von den CDU-Mitgliedern Ende 2018 öffentlich attackiert worden war. Zudem wurde der Verwaltung im Sommer vorgeworfen, Informationen zu verschleppen. Dabei ging es um 400 000 Euro Mehrbelastung für den Haushalt durch die Aufstellung von Raummodulen an zwei Grundschulen. Zudem ist derzeit offenbar das Vergabeverfahren für das geplante Seniorenheim am Dreeskamp gestoppt, weil es rechtliche Unsicherheiten gibt.
Doch unter Nienhaus hat sich die Stadt auch weiterentwickelt: In den vergangenen Jahren sind neue Kitas gebaut worden, die neue Gesamtschule in Büttgen sowie die Grundschule Stakerseite ziehen um und werden größer und moderner.
Anders als im Fall von Lars Christoph fehlt von Nienhaus ein klares Bekenntnis, dass sie nur mit der CDU im Rücken und nicht als Einzelkandidatin, bei der Bürgermeisterwahl kandidieren wird. Als Amtsinhaberin hätte sie dazu rechtlich jederzeit die Möglichkeit. Auf mehrmalige Nachfrage wich sie dieser Frage auf der Mitgliederversammlung in Kaarst aus. Mit Amtsbonus ausgestattet hat Nienhaus einen Vorteil, denn die Bürger sehen in ihr eine nette, zuvorkommende, immer gut gelaunte Bürgermeisterin, die sich nicht zu schade ist, auch mal mit einem Chor auf der Bühne zu singen.
Die Lager beider Bewerber werben intensiv um Unterstützer
Lars Christoph ist in diesem Jahr 40 Jahre alt geworden und arbeitet als Rechtsanwalt in Köln. Mit Blick auf seine Persönlichkeit scheint er das komplette Gegenteil von Nienhaus. Er wirkt oft unterkühlt, fast schon ein wenig verschlossen. Klar, Repräsentation gehöre auch zu den Aufgaben eines Bürgermeisters, sagt er. Und im Laufe der Zeit könne auch er lernen, empathischer zu werden. Doch er sagt auch klar, dass repräsentative Aufgaben auch mal hinten anstehen müssen, wenn im Rathaus „der Baum brennt“. Als Bürgermeister will er da hingehen, wo es weh tut, und wer ihn in politischen Diskussionen im Rat oder in Ausschusssitzungen erlebt hat, weiß, dass er keine Konfrontation scheut. Im Gegenteil, er mag die verbale Auseinandersetzung und findet meist gute Argumente, um sein Gegenüber entweder zu überzeugen oder in die Schranken zu weisen.
Sein Antrieb? Kritiker sprechen von persönlichem Ehrgeiz und Karrierestreben. Und eben das reiche nicht als Argument, um Nienhaus abzulösen. An Erfahrung mangelt es Christoph allerdings nicht: Seit 20 Jahren ist er Lokalpolitiker in Kaarst und weiß über alles oft bis ins kleinste Detail Bescheid. Spötter meinen, er habe keine Hobbys und würde seine komplette Freizeit für die Politik „opfern“. Sollte Lars Christoph bei der Mitgliederversammlung am Montag unterliegen, will er nach der Wahlperiode sein Ratsmandat niederlegen. Bis dahin will er – je nach Entscheidung der CDU am Montag – auch für Nienhaus alles in die Waagschale werfen, um die Kommunalwahl zu gewinnen und einen CDU-Bürgermeister zu stellen.
Doch was passiert dann? Die CDU würde ihren Fraktionsvorsitzenden im Kaarster Stadtrat verlieren. Noch ist innerhalb der Partei kein Nachfolger mit der Erfahrung eines Lars Christoph in Sicht. Ob mit einem Kandidaten Christoph oder einer Kandidatin Nienhaus dass mit der Entscheidung über die Bürgermeisterkandidatur bei den Kaarster Christdemokraten Ruhe einkehren wird, ist kaum zu erwarten. Die Partei ist gespalten.
Die Lager beider Bewerber werben unterdessen intensiv um Unterstützer, im Zweifel auch mit dem Versuch, noch rechtzeitig vor der Abstimmung bei der Mitgliederversammlung am Montag in der Aula des Georg-Büchner-Gymnasiums neue Parteimitglieder zu akquirieren. Es wird spannend.