Distanzunterricht und Notbetrieb Schulen und Kitas im NRW-Lockdown: Die wichtigsten Infos im Überblick
Düsseldorf · Der Corona-Lockdown bis Ende Januar ist eine Herausforderung für die Familien: Schulen schließen ab Montag weitgehend, Kitas betreuen nur noch in eingeschränktem Umfang. Eltern steht ein Spagat zwischen Homeoffice und Homeschooling bevor.
Der verschärfte Corona-Lockdown trifft in Nordrhein-Westfalen Schüler und Eltern noch einmal härter. Die 2,5 Millionen Schüler sollen ab Montag komplett zu Hause unterrichtet werden. Zugleich bieten die mehr als 10 000 Kitas ab Montag nur noch eine eingeschränkte Betreuung mit weniger Stunden an - wenn möglich, sollen Eltern ihre Kinder ganz zu Hause lassen. Die Maßnahmen gelten zunächst bis Ende Januar, kündigten Familienminister Joachim Stamp und Schulministerin Yvonne Gebauer (beide FDP) am Mittwoch nach einer Sitzung des Landeskabinetts an. Für die FDP in der schwarz-gelben Landesregierung bedeutet der Verzicht auf den Präsenzunterricht eine Kehrtwende ihrer bisherigen Strategie in der Pandemie. Stamp, der auch stellvertretender Ministerpräsident ist, hatte vor Weihnachten mehrfach garantiert, dass es mit ihm keine landesweiten Schul- und Kitaschließungen geben werde. Für den Bildungsteil müsse er diese Garantie „ein Stück weit“ relativieren. Aber niemand habe sich in dieser Pandemie bisher nicht korrigieren müssen - ob Politik oder Wissenschaft.
Stamp verwies auf das in England aufgetauchte mutierte Virus, von dem auch die Wissenschaft noch nicht wisse, welch ein „Brandbeschleuniger“ es sein könne. „Wir haben kein Drehbuch, was die Pandemie angeht. Es gibt immer wieder Einschläge, mit denen wir nicht gerechnet haben.“
Auch Gebauer relativierte ihr bisheriges Festhalten am Präsenzunterricht. „Dieser Kampf war richtig, ich führe ihn auch weiter“, sagte sie. „Kinder und Jugendliche leiden am meisten unter dieser Pandemie.“ Bei Lockerungen sei klar, dass die Schulen „von Anfang an dabei sind“. Derzeit aber müssten auch die Schulen ihren Beitrag zu Kontaktreduzierungen leisten.
Die Maßnahmen in NRW im Einzelnen:
SCHULEN: Alle Schüler in NRW gehen nach den Weihnachtsferien ab kommenden Montag in den Distanzunterricht. Der Präsenzunterricht in den Klassenräumen wird bis zum 31. Januar ausgesetzt - auch für Abschlussklassen. Wenn eine Schule mehr Vorbereitungszeit braucht, kann das Homeschooling dort auch erst am 13. Januar beginnen. Alle Schulen bieten eine Betreuung für Schüler der Klassen 1 bis 6 an, wenn dies etwa aus Gründen der Kindeswohlgefährdung erforderlich ist. Es finde aber kein regulärer Unterricht statt, sagte Gebauer.
Mit dem kompletten Verzicht auf Präsenzunterricht verschärfte die Landesregierung ihre Maßnahmen von Dezember, als Eltern unterer Klassen noch die Wahl hatten, ob ihre Kinder in der Schule oder von zu Hause aus am Unterricht teilnehmen sollten.
Die SPD-Opposition forderte den Verzicht auf Halbjahreszeugnisse für die Sekundarstufe 1 und auf Nicht-Versetzungen wie im vergangenen Halbjahr. Gebauer sagte zu, dass das Ministerium die Lage prüfe. Keinem Schüler solle durch die Pandemie ein Nachteil entstehen. Die Grünen forderten ein längerfristiges Konzept bis zum Schuljahresende. Lehrerverbände und die Gewerkschaft GEW unterstützten die Entscheidung für Unterricht auf Distanz.
PRÜFUNGEN: Bis Ende Januar, wenn auch das Halbjahr endet, sollen an den Schulen laut Gebauer grundsätzlich keine Klassenarbeiten geschrieben werden. Ausnahmen gebe es lediglich für Abschlussjahrgänge an Gymnasien und Berufskollegs. In Einzelfällen könnten auch noch für das Halbjahr zwingend notwendige Klassenarbeiten geschrieben werden. Die Abiturprüfungen und Abschlussprüfungen der Klasse 10 seien für 2021 bereits um neun Unterrichtstage nach hinten verschoben worden. Der Aufgabenpool werde erweitert.
FERIEN: Gebauer empfahl den Schulen, auf die Karnevalsferien zu verzichten. Viele Schulen nutzten die vier beweglichen Ferientage in der Regel dafür, den Kindern in den Tagen um Rosenmontag frei zu geben. Da Karneval wegen der Pandemie dieses Jahr ausfalle, könnten die Tage dafür genutzt werden, Unterrichtsinhalte nachzuarbeiten.
KITAS: In den Kindertagesstätten wird der maximale Betreuungsumfang für jedes Kind um 10 Stunden pro Woche reduziert. Gruppen sollen strikt voneinander getrennt werden. Zugleich appellierte Stamp, die Kinder möglichst zuhause zu betreuen. Mit den von Bund und Ländern vereinbarten zusätzlichen Kinderkrankentagen soll eine Betreuung laut Stamp bis Ende Januar ermöglicht werden, ohne dass die Eltern „parallel am Laptop mit dem Kind auf dem Schoß“ arbeiten müssten.
TESTS: Lehrkräfte und Kita-Beschäftigte können sich weiter anlasslos und kostenfrei auf Corona testen lassen. Bis zu den Osterferien sei dies bis zu sechs Mal möglich, sagte Stamp.
GEBÜHREN: Stamp will sich für eine Aussetzung der Kita-Gebühren während des Lockdowns stark machen. Dazu würden Gespräche mit den kommunalen Spitzenverbänden und dem Finanzminister geführt. Die SPD forderte, die Gebühren für Kitas und den Offenen Ganztag (OGS) für Dezember und Januar auszusetzen.
HOTSPOTS: Bund und Länder hatten sich am Dienstag auf eine Einschränkung des Bewegungsradius in Corona-Hotspots geeinigt. In Kreisen mit mehr als 200 Neuinfektionen pro 100 000 Einwohner in sieben Tagen sollen die Länder „weitere lokale Maßnahmen“ ergreifen - „insbesondere zur Einschränkung des Bewegungsradius auf 15 km um den Wohnort, sofern kein triftiger Grund vorliegt“. Stamp bezeichnete die neue Regelung lediglich als „Möglichkeit“ für Hotspots in NRW. Das müsse jeweils mit dem NRW-Gesundheitsministerium besprochen werden. In NRW überschritt am Mittwoch kein Kreis und keine kreisfreie Stadt den Wert von 200.
VIRUS-MUTATION: Eine mögliche weitere Verbreitung der aus Großbritannien bekannten Coronavirus-Mutation in NRW kann laut Gesundheitsministerium mangels ausreichender Erkenntnisse noch nicht beurteilt werden. Es würden bundesweit weitere Untersuchungen durchgeführt. Nach dem ersten Nachweis der mutierten Variante bei einer Person im Kreis Viersen habe es in NRW bisher keine weiteren Nachweise gegeben.
UNTERNEHMEN: NRW-Unternehmerpräsident Arndt G. Kirchhoff erklärte zu den wirtschaftlichen Folgen des Lockdowns: „Deutschland muss jetzt dringend aufpassen, dass es seine Wirtschaft in den kommenden Wochen nicht komplett abwürgt.“ Die Lage werde für die besonders betroffenen Betriebe und Arbeitsplätze von Woche zu Woche immer existenzgefährdender. Die Politik müsse ab sofort einen Plan erarbeiten, der „deutliche Lockerungen“ spätestens ab Ende Januar ermögliche.