Skandal Das undurchsichtige Geschäft mit der Gülle aus Holland

Düsseldorf/Niederrhein · Eigentlich müssten alle Gülle-Importe aus den Niederlanden klar dokumentiert werden. Aber viele Fälle sind nicht nachvollziehbar - das hat Folgen.

Gülleimporte sind am Niederrhein ein Problem.

Rund ein Drittel der Gülleimporte nach Nordrhein-Westfalen werde nicht oder nur unzureichend dokumentiert, moniert die Landtagsfraktion der Grünen. „Vor dem Hintergrund der hohen Nitratbelastung in unseren Gewässern und Böden ist es absolut inakzeptabel, dass wir keinen zuverlässigen Überblick darüber haben, wie viel Gülle in welche Regionen in Nordrhein-Westfalen kommt“, sagte Rüße, Fraktionssprecher für Umwelt und Landwirtschaft, gegenüber dieser Zeitung.

Sachstandsbericht des Ministeriums lässt Fragen offen

Anlass für die Einschätzung ist ein Sachstandsbericht, den die neue Landwirtschaftministerin Ursula Heinen-Esser (CDU) in der vergangenen Woche im entsprechenden Ausschuss des Landtags vorlegte. Er sollte Aufschluss über illegale Gülleimporte nach NRW geben. Doch viele Fragen lässt er offen.

In den Niederlanden, die im Verhältnis zum Tierbestand über zu geringe Flächen verfügen, gibt es einen hohen Bedarf an Gülleexport. In einer Datenbank, auf die inzwischen auch die deutsche Seite Zugriff hat, müssen alle Transporte von Wirtschaftsdüngern mit tierischen Bestandteilen (überwiegend Gülle) eingetragen sein. 1385 Betriebe in NRW, meist in Regionen mit wenig oder keiner Tierhaltung, sind in der niederländischen Datenbank als Empfänger registriert.

Doch als die Landwirtschaftskammer alle diese Betriebe in diesem Jahr anschrieb, zeigte sich, dass die Angaben der Datenbank in vielen Fällen fehlerhaft waren. Bei 48 Betrieben war gar keine Adresse angegeben, in 341 Fällen stimmte die Adresse nicht, sodass keine Kontaktaufnahme möglich war, oder die Betriebe existierten gar nicht. Andere Höfe gaben an, fälschlicherweise als Abnehmer von Gülle geführt zu werden oder gar keine Lieferung erhalten zu haben. „Die Zahlen legen nahe, dass ein Teil der Importeure Gülle nicht als wertvollen Dünger betrachtet, sondern wie Abfall behandelt, der schlicht entsorgt werden soll“, sagt Rüße.

In den Güllehandel sind meist Zwischenhändler eingeschaltet, sodass die niederländischen Bauern gar nicht wissen, wo ihre Gülle am Ende landet. Die niederländische GPS-Kontrolle hat offenbar große Lücken. Und auch auf deutscher Seite gibt es schwarze Schafe, die es beim Gülleabladen auf ihren Feldern mit den gesetzlichen Grenzwerten nicht so genau nehmen, wenn sie nur als Empfänger nicht nachgewiesen werden können. Sie sparen sich damit beispielsweise den Ankauf von teurem Mineraldünger.

Das Ergebnis: Hohe Nitratbelastung - etwa am Niederrhein

Das Ergebnis lässt sich in Kreisen wie Heinsberg oder Viersen beobachten, wo seit Jahren eine zu hohe Nitratbelastung des Grundwassers Probleme macht. Das hat in diesem Jahr auch die Kreisverwaltung und die CDU im Kreis Viersen auf den Plan gerufen, die bei den Kontrollen der Gülleimporte mehr Kompetenzen vor Ort bündeln wollen und dabei Unterstützung der Landesregierung einfordern.

Inzwischen hat sich Ministerin Heinen-Esser Ende August mit ihren Kolleginnen aus den Niederlanden und Niedersachsen getroffen. Ergebnis: Die zuständigen Behörden sollen noch in diesem Jahr beraten, wie die Kontrolle grenzüberschreitender Gülletransporte verbessert werden kann.

Offenbar ist da noch einiges zu tun: 2017 wurde kein Gülletransport durch die zuständige Bezirksregierung notifiziert (vorkontrolliert). Nach Rechtsauffassung des Landes wäre das aber nötig gewesen. „Obwohl die Gülletransporte in der Region so umstritten sind, wird vieles schludrig gehandhabt“, sagt Rüße.