Wohnungsaufsichtsgesetz Der Kampf gegen die Verwahrlosung von Wohnraum

Düsseldorf · Die Städte in Nordrhein-Westfalen gehen immer strenger gegen die Verwahrlosung von Wohnraum vor. Vor allem im Ruhrgebiet gab es Handlungsbedarf bei verlotterten Wohnhäusern, aber auch am Niederrhein – etwa in Krefeld.

 Besonders in Duisburg und anderen Ruhrgebietsstädten gibt es sogenannte Problemhäuser, die Eigentümer vergammeln lassen und dennoch vermieten.

Besonders in Duisburg und anderen Ruhrgebietsstädten gibt es sogenannte Problemhäuser, die Eigentümer vergammeln lassen und dennoch vermieten.

Foto: Oliver Berg

Die Städte in Nordrhein-Westfalen gehen immer strenger gegen die Verwahrlosung von Wohnraum vor. Das hat eine Umfrage des Landesbauministeriums unter den Kommunen ergeben: Das Wohnungsaufsichtsgesetz (WAG) kam im Jahr 2018 demnach 3324 Mal in insgesamt 114 Kommunen zur Anwendung. Das ist eine Zunahme von fast elf Prozent gegenüber dem Vorjahr. Vor allem im Ruhrgebiet gab es demnach Handlungsbedarf bei verlotterten Wohnhäusern, aber auch am Niederrhein – etwa in Mönchengladbach und Krefeld.

Das WAG gibt Städten Möglichkeiten an die Hand, ordnungsrechtlich einzuschreiten, wenn Eigentümer sich nicht um ihre Immobilien kümmern. Das Gesetz galt lange als rechtlicher Wackelkandidat – war es doch unter der rot-grünen Vorgängerregierung 2014 eingeführt worden. Nach der Bilanz zeigt sich aber auch die aktuelle CDU-Ministerin Ina Scharrenbach überzeugt: „Wir brauchen dieses Instrumentarium.“ Ihr Haus wirbt sogar offensiv bei den Städten für eine Anwendung, inzwischen wurden dazu Leitfäden erarbeitet und Info-Veranstaltungen angeboten. Das Ziel: Vermieter sollen die grassierende Wohnungsnot nicht zum Geschäftsmodell machen, indem sie Menschen in vergammelte Immobilien einquartieren.

Auffällig ist, dass fast drei Viertel aller WAG-Fälle 2018 sich auf nur zehn Kommunen verteilen: Duisburg (594), Herne (375), Gelsenkirchen (354), Rheda-Wiedenbrück (352), Hagen (203), Mönchengladbach (149), Düren (123), Recklinghausen (93) und Oberhausen (90). Das macht insgesamt 2445 Fälle in diesen Städten, davon waren allein 957 Unbewohnbarkeitserklärungen.

Zahl der WAG-Fälle steigt in Krefeld um 30 Prozent

Wie vollständig die Zahlen sind, die das Bauministerium erfasst hat, ist unklar. So wird Wuppertal in der Statistik der Vorjahre jeweils mit 140 bis 190 Fällen geführt, 2018 soll es nur 17 gegeben haben. Auf Nachfrage heißt es bei der Stadtverwaltung, tatsächlich seien in jenem Jahr „insgesamt 201 Mängelanzeigen durch die Wohnungsaufsicht bearbeitet“ worden. Allerdings gebe es in Wuppertal eine „vergleichsweise entspannte Wohnraumsituation“.

In Krefeld hingegen erfreut sich das WAG wachsender Beliebtheit. „Egal, ob es sich um Vermüllung, Befall von Ungeziefer, Probleme bei der Energie- und Wasserversorgung, Schimmel in der Wohnung, überbelegte Wohnungen oder fehlende Instandhaltung durch den Vermieter geht“, sagt Stadtsprecher Dirk Senger. „Die Wohnungsaufsicht kann mit Hilfe des Gesetzes in allen Fällen, in denen Mängel in der Wohnung bestehen und die Eigentümer nicht kooperativ sind, von Amts wegen einschreiten.“ Für das Jahr 2018 steht die Stadt mit 66 WAG-Anwendungsfällen auf Platz zwölf in NRW.

Ingesamt, so Senger habe es seit Einführung des Gesetzes 193 Fälle gegeben. Und zwar in zunehmendem Maße: Zuletzt im Jahr 2018/2019 seien die Fallzahlen im Vergleich zum Zeitraum 2014 bis 2017 um knapp 30 Prozent nach oben gegangen. „Bislang konnten die auftretenden Probleme in der Regel im Rahmen der freiwilligen Abhilfe durch Beratung und Begleitung der Vermieter durch die Wohnungsaufsicht behoben werden“, erklärt Senger. In 20 Prozent der Fälle müssten andere städtische Fachbereiche wie die Bauaufsicht oder die Arbeitsgruppe Problemimmobilien tätig werden.

Gegen die Ausbeutung von Arbeitern aus EU-Ausland

„Es sind überwiegend die großen Städte, die Probleme mit Verwahrlosung von Wohnraum haben“, sagt Bauministerin Ina Scharrenbach. Aber in den Top 20 der Kommunen, die das WAG zuletzt besonders häufig zur Anwendung brachten, sind auch etwa Remscheid (in der Spitze 2015/2016 71 Fälle, 2018: 36) und Langenfeld im Kreis Mettmann (in den Vorjahren nur Einzelfälle, 2018 dann immerhin 33).

Was die Ministerin stört: Bisher kann die Kommune lediglich mit großem ordnungsrechtlichen Besteckkasten und viel Aufwand eingreifen, wenn das Kind schon in den Brunnen gefallen ist. Deshalb gibt es jetzt Überlegungen, wie das WAG weiter ausgestaltet und verfeinert werden könnte. Mit Interesse, bekundet Scharrenbach, verfolge sie zudem Entwicklungen im Nachbarland Niederlande, wo Unternehmer verpflichtet würden, Verantwortung für eine angemessene Unterbringung ihrer im EU-Ausland angeworbenen Arbeiter zu übernehmen. Detailplanungen gibt es noch nicht, die Stoßrichtung indes ist klar: Eine Ausbeutung der Schwächsten in NRW durch Miethaie oder skrupellose Arbeitgeber will sie möglichst unterbinden.