Tomasz Wendland zwischen allen Stühlen Wo denn nun? In Polen? Oder in Düsseldorf?

Düsseldorf · Der Diplomat Tomasz Wendland hatte gerade erst seine Stelle am Polnischen Institut an der Citadellstraße angetreten, als ihn die Warschauer Regierung wieder abberief. Doch er will in die Landeshauptstadt zurückkehren – als Kurator.

­Tomasz Wendland, hier in Venedig.

Foto: privat

Beim Festakt der Kunstakademie vor dem Rundgang verteilte Tomasz Wendland als neuer Leiter des Polnischen Instituts Visitenkarten und lud zu Gesprächen ein. Am Telefon schwärmte er vom Großprojekt „Eutopias, Form der Schönheit“. Aber beim Treffen hatte er seine Koffer gepackt. Mit Antritt der neuen polnischen Regierung waren weltweit alle Amtsleiter polnischer Kulturinstitute Knall auf Fall entlassen worden. Doch der ehemalige Diplomat gibt nicht auf. Er wird als freier Organisator zurückkehren, um 2025 mit 13 deutschen Städten eine Biennale zu eröffnen. Zugleich hofft er, wieder als Institutsleiter an der Citadellstraße arbeiten zu können.

Der 1960 in Poznan (Posen) geborene Pole war 1987 erstmals in Deutschland gelandet, um noch vor dem Fall der Mauer an der Alanus-Hochschule für Kunst und Gesellschaft zu studieren. Später besuchte er die Kunstakademie seiner Heimatstadt und studierte am Dartington College of Art der Universität Plymouth, promovierte über das Unbekannte und habilitierte sich über das schwarze Licht. Seit 1991 ist er Dozent an der Alanus-Sommerakademie, 2009 wurde er Privatdozent in Plymouth, wo er gleichfalls unterrichtete.

Er forscht jedoch nicht ins Blaue hinein, sondern kreist in seiner Arbeit um die Völkerverständigung: „Ich habe ein Bedürfnis, Leute über Grenzen hinweg zusammenzubringen,“ sagt er. 1989 leitete er erstmals ein Forum zu „Zivilisation oder Kultur“. 1993 bis 2005 ging es ihm mit „Inner Spaces“ um innere Räume des Menschen; unter diesem Namen eröffnete er auch seine große Galerie in einer alten Weinkellerei in Poznan. Seit 2007 organisiert er Biennalen, wobei er Kuratoren ganzer Kontinente wie Asien oder Afrika und Europa zusammenführt.

Amtseinführung zwei
Wochen vor der Wahl in Polen

Ende November 2023 war er in Düsseldorf gelandet. Die damals herrschende Pis-Regierung hatte ihm wegen seiner Kenntnisse in Deutsch und Kunstgeschichte die Leitung des Polnischen Instituts in Düsseldorf angeboten, woraufhin er sich zum Diplomaten ausbilden ließ. Zwei Wochen vor der Wahl der neuen Regierung in Polen wurde er in sein Amt eingeführt. Er startete durch, wurde von zahlreichen Museumsdirektoren mit Freuden empfangen, erhielt aber am 29. Januar seine Entlassung.

Seine Reaktion: „Ich bin nicht überrascht, aber ich habe gehofft, meine Aufgaben erfüllen zu können. Ich möchte als kultureller Mensch geschätzt werden, der weltweit Brücken schlägt. Ich habe in drei Monaten das Kunstmuseum Bonn, die Kunsthalle Faust in Hannover, das Deutsche Polen-Institut in Darmstadt, das Haus der Geschichte in Bonn, das Museum in Marl und vier Museen in Düsseldorf zusammengebracht. Ich plane für 2025 eine Biennale der Mediation. Düsseldorf wird zu einem Begegnungsort. Ich beschränke mich nicht auf die deutsch-polnischen Beziehungen, sondern werde auch Minoritäten wie hier lebende Türken, Ukrainer oder Japaner zu einem Austausch einladen.“

So hat der abberufene Diplomat inzwischen als Privatperson die Unterstützung von zehn polnischen Vereinen erhalten. Der Leiter des Türkischen Instituts in Köln macht gleichfalls mit, denn Wendland hatte 2023 eine Ausstellung und ein Tanztheater in Istanbul organisiert. Nun will er Derwische nach Düsseldorf bringen und denkt an eine große Aufführung mit deutschem, türkischem, japanischem und polnischem Tanz.

„Eutopias“ soll das Projekt heißen, ein Mix aus Europa und Utopie. Er erklärt: „Utopie ist eine Idee, sie geht in den Himmel, ins Nirgendwo. Ich möchte, dass schöne Ideen auf der Erde entstehen. Künstler und Künstlerinnen können sie für Europa und die globale Welt entwickeln. 30 europäische und außereuropäische Kuratoren werden den Kontinent durch ihre Brille sehen. Europa ist in einer schwierigen Lage, es gibt Kriege und Missverständnisse. Da müssen wir zusammenfinden.“ Er plant eine „Deutschland-Biennale“ für Mai und Juni 2025 während der polnischen EU-Ratspräsidentschaft. Es beteiligen sich Institute zwischen Berlin und Frankfurt/Oder, Darmstadt und Hannover bis ins Rheinland und Ruhrgebiet, mit Schwerpunkten in Düsseldorf, Bonn und Wuppertal.

Er selbst will sich zurücknehmen: „Ich will nicht der Held sein, der alles weiß. Die Kuratoren müssen miteinander spielen. Sie sollen sich alle mit der Zukunft beschäftigen, nicht mit der Wirtschaft.“ Düsseldorfs Oberbürgermeister Stephan Keller unterstützt das Projekt, aber jeder Partner müsse selbst Anträge stellen und so viel Geld mitbringen, wie er kann. Das Projekt ist bei der EU angemeldet, es soll zwischen Völkern, Generationen und Weltanschauungen vermitteln.

Inzwischen ist Wendland mit seinem gesamten Gepäck nach Polen zurückgeflogen. Nur zu gern wäre er bereit, als Kurator und Institutsleiter wiederzukommen, um die Arbeit fortzusetzen.