Galerie-Rundgang Der Kosmos der ganz besonderen Art

Arbeiten von Künstlerinnen wie Andrea Lehmann und Meret Oppenheim sind derzeit in Düsseldorfer Galerien zu sehen. Teil zwei unseres Rundgangs.

Die Museen bleiben geschlossen, aber Kunst schauen kann man dennoch. Die Düsseldorfer Galerien bieten reichlich Anschauungsmaterial für Kunstfreunde. Wir stellen in loser Folge bemerkenswerte Ausstellungen vor.

Galerie Anna Klinkhammer

Andrea Lehmann, Meisterschülerin von Markus Lüpertz, entwirft unermüdlich und immer wieder neu eine Welt der Fantasie. Die ist anders als die Realität, erinnert zuweilen an Gothic und Fantasy, ist besiedelt mit Tier-Menschen und Figuren aus der Antike, mit Wesen aus der Biologie und Wissenschaft. Ein Kosmos besonderer Art. Das Irritierende aber ist die Selbstverständlichkeit der Bilder. Jede Figur agiert in ihrem Reich. Dennoch hat das Szenarium verteufelt viel mit der Gegenwart zu tun. Dies zeigt sie in ihren jüngsten Gemälden. „Anschauen und Beobachten“ nennt sie eine Szene mit vier Sargträgern. Sie sind dunkel ge­kleidet, gehen auf Strümpfen, tragen schwarze Zylinder und haben maskenhaft geschminkte Gesichter. An Holzstangen schleppen sie in einer Hängematte eine stierende, wie geistig weggetretene Frau durch ein eisiges, teilweise auch glitschiges Gebiet. Ihre Last ist schwer, denn die Holzstangen biegen sich durch. Die Frau hat neben sich zwei Drusen, die an kranke Lungenflügel erinnern. Der merkwürdige Zug der Maskierten nähert sich nackten Gestalten. Die Schönste dieser Aktdarstellungen steckt allerdings kopflos in einer Nass-Schnecke. Und die belesene Künstlerin erklärt, dass der Schleim einer Schnecke eine althergebrachte Medizin bei Lungenkrankheiten ist. Ein Menetekel auf die Corona-Zeit mit zauberhaften Eichelhähern auf kahlen Ästen.Das Wechselspiel von Wasser und Erde, Körper und Haut, Welt und Ich macht die Bilder unbegreiflich. Zugleich hantiert die Malerin mit Ölfarbe, Dammarharz und Terpentin, so dass der Eindruck einer alten, gefirnissten Oberfläche entsteht. Das Vexierspiel der Figuren genügt der Künstlerin noch nicht. Deshalb schneidet sie die bemalten Papiere auf und schiebt weitere fremde Wesen ein. So multiplizieren und splitten sich die Gestalten auf den Bildern und in den Bildern.

Galerie Linn Lühn

Weniger üppig ist das Werk der berühmten Surrealistin Meret Oppenheim (1913–1985). Die Deutsch-Schweizerin, die 1936 mit ihrer pelzgefütterten Porzellantasse in Paris Furore machte – die einstige Muse von Man Ray, Max Ernst und Marcel Duchamp – lebte in den letzten Jahrzehnten ihres Lebens in der Schweiz und bewies, dass man auch nach Duchamp ganz gewöhnliche Gegenstände künstlerisch verfremden kann. Als ihre Gedichte und Radierungen unter dem Titel „Caroline“ als Edition in Basel herauskamen, im November 1985, ist sie gestorben. Wie ein Abgesang liest sich der Satz: „Was von dir übrig bleibt, brate wie Fischlein im Öl.“ Am besten aber ist ihr „Kreuzworträtsel“. Die Radierung besteht aus leeren Kästen, in die sie grüne Filzstücke klebt, als sei das Rätsel längst gelöst.
linnluehn.com