Kunst von Vivian Greven Von Wassergeburt inspirierte Bilder

Düsseldorf · Bilder der Düsseldorfer Malerin Vivian Greven sind in der Alten Nationalgalerie in Berlin und der Neuen Galerie Gladbeck zu sehen. In den aktuellen Werken der Künstlerin spielt die Erfahrung der Geburt eine wichtige Rolle.

Vivian Greven „0 II“, 2023, Öl auf Leinwand.

Foto: Courtesy Vivian Greven und Galerie Kadel Willborn, Fotograf: Ivo Faber/Ivo Faber

In der beeindruckenden Berliner Ausstellung von Johann Gottfried Schadow, dem Vater des Düsseldorfer Malers Wilhelm von Schadow, geht es um die Prinzessinnengruppe, die Ikone des Klassizismus. Zwei Düsseldorfer Künstler wetteifern mit diesen Marmorfiguren: Hans-Peter Feldmann (81) steuert die kolorierte Gipsfassung aus dem Kunstpalast bei, die in der Alten Nationalgalerie äußerst poppig ausschaut. Vivian Greven (37) lenkt alle Blicke auf ihr Gemälde, indem sie der Sensibilität des Bildhauers auf eine eigenwillige Weise nahekommt. Gleichzeitig zieht sie in der Neuen Galerie Gladbeck alle Trümpfe ihres Könnens.

Wer Grevens Kunst nur im Internet verfolgt, wird getäuscht, denn ihre Malerei wirkt zwar digital, ist es aber nicht. Sie pendelt zwischen realistischen Partikeln und malerischen Übergängen in ihrer handgemachten Malerei. Sie zitiert auch nicht den alten Schadow, sondern tritt zu dessen Figuren in einen Dialog, den sie mit einer „Liebeserklärung“ vergleicht: „Die Skulpturen haben mich angezogen, weil sie so unberührbar, glatt und perfekt sind. Sie suggerieren ein Lebensgefühl, wie auch wir miteinander in Kontakt treten. Aber gleichzeitig sind sie völlig entmenschlicht.“

Zwiespalt zwischen Distanz
und Nähe in Bildern ausgespielt

Diesen Zwiespalt zwischen Distanz und Nähe spielt sie in all ihren Bildern aus, früher in der Auseinandersetzung mit der Skulptur, gegenwärtig in der Erinnerung an die eigene Geburt ihres kleinen Mio.

In Gladbeck springt dem Besucher ein realistisch gemalter Babykopf entgegen, der zwischen zwei zupackenden Händen geborgen und geboren wird. Aber dann geht dieses Motiv in die abstrakte Malerei über, vom Hellrot zu Hellorange in der unteren Partie, in ein dunkles Blutrot am oberen Rand, aber auch in ein himmlisches Blau, als fließe ein Strom durch die ganze Komposition. Das Bild schwebt zwischen Wirklichkeit und einem unaufhaltsamen Farbraum.

Bei ihrer aktuellen Serie, der sie den Titel „Wasser“ gibt, steuert sie ihre eigenen Erfahrungen bei, denn sie hatte vor einem Jahr im Flo­rence-Nightingale-Krankenhaus in Düsseldorf-Kaiserswerth eine Wassergeburt. Sie erzählt: „Ich fand diesen Zustand im warmen Wasser schön, weil dann alles fließend wird. Er entspricht dem menschlichen Körper, der aus Flüssigkeit besteht. Aber wir sind auch ganz fest in unserem Körper. Die verschiedenen Aggregatzustände sind hier in der Gladbecker Ausstellung zu sehen.“

Nun ist es nicht so, dass die Künstlerin ausschließlich aus Erinnerungen und Intuitionen ihre Bilder produziert. Sie braucht den Abstand, und dazu greift sie ins Internet. Sie hat die Berliner Skulpturen bisher nicht im Original gesehen, sondern begnügte sich mit Abbildungen aus dem Netz. Sie recherchiert erst, wenn das Thema für sie feststeht: „Ich wollte der Intuition nachgehen und gar nichts über die Schwestern und die Entstehung der Skulpturen wissen. Ich bin den Skulpturen über die Einfühlung nahegekommen und nicht über den Versuch, sie nachzumalen.“

Dennoch fragt man sich angesichts der Bilderreihe in Gladbeck, ob ihr Mann möglicherweise von der Geburt Fotos gemacht hat, die sie nun benutzt. Sie winkt ab: „Ich habe wie immer eine Fotorecherche betrieben und eigene Fotos gesammelt, und dann Stück für Stück die Komposition erarbeitet. Ich wusste allerdings sehr schnell, dass ich ein Breitwandformat benutze, weil der Raum in der Neuen Galerie für mich sehr stimmig ist.“

Ihre Könnerschaft liegt letztlich in der Farbe. Sie überträgt die Gefühlsräume wie eine Farbschlange von Rot zu Blau und strahlt damit auf ihrem Bild Dynamik aus. So wie das Blut durch den Körper fließt, so möchte sie im übertragenen Sinn ihren Bildkörper erschaffen. An die Stirnwände hängt sie die Kontrastbilder, die sie als „Mond“ und „Sonne“ bezeichnet. Im ersteren Fall geht es um die wässrigen Blautöne der Wassergeburt, im zweiten Fall um die Wärme in den verschiedenen Gelb- und Rottönen in der Welt des Kindes. Zwischen diesen Kon­trasten siedelt sie ihre gesamte Ausstellung an.

In Düsseldorf widmete ihr Katharina Klang bei Philara 2018 die erste größere Schau. Damals versuchte die Künstlerin, die zarte Sinnlichkeit in der klassischen Psyche des Bildhauers Antonio Canova nachzuvollziehen, nur antwortete ihr Kopf keinem Gegenüber. Stattdessen malte sie einen Leerraum, der von einer fiktiven Landschaft oder einer Haut umgeben ist, auf der eine Hand als dekorative Flachware liegt. Diese Kunst entsteht sensibel mit Pinsel und Farbe. Die Künstlerin trägt die Ölfarbe sehr flüssig auf, arbeitet von einer Lasurschicht zur nächsten, addiert die Motive, ohne zu klären, wo die Körper, die Leerflächen und die Schatten zu orten sind. Ihre Bilder artikulieren die Sehnsucht nach Berührung, aber meistens missglückt der Kontakt.