Erzieher in Düsseldorf „Wie eine große Familie aus vielen Nationen“
Düsseldorf · Die Erzieherin Jill Dorst und die angehende Kinderpflegerin Amal Bouchtat arbeiten in ihrem Traumberuf. Was sie daran schätzen.
Für die 25-jährige Jill Dorst ist es schlicht der beste Beruf überhaupt. Und das aus einem ganz einfachen Grund: Sie empfindet ihre Tätigkeit als Erzieherin in einer Kita nicht als Arbeit. Sechs Jahre ist sie nun schon in der Kita Sternschnuppe an der Ronsdorfer Straße, einer Einrichtung der Awo Düsseldorf. In dieser Zeit, sagt sie, sei sie nie „mit Bauchschmerzen“ oder einem schlechten Gefühl morgens erschienen. Und in welchen Job werde man schon von den „Kolleginnen und Kollegen“, wie sie die Kinder scherzhaft nennt, mit so strahlenden Augen empfangen?
Jill Dorst kannte die Kita schon lange vorher, gewissermaßen aus Kindertagen. Sie selbst war hier Kita-Kind, zeitweise zusammen mit ihrem Bruder. Doch damals kam ihr zunächst gar nicht in den Sinn, als Erzieherin eines Tages zurückzukehren. Ihre Pläne sahen ganz anders aus. Nach der Realschule machte Jill Dorst ihr Fachabitur Gestaltung. Dekorieren und kreatives Tun mit verschiedenen Materialien, das war das, was sie machen wollte. Und anfangs begann das auch ganz verheißungsvoll in einem großen Düsseldorfer Kaufhaus. Doch die große Zeit der Schaufensterdekorateure ist vorbei. Das erkannte Jill Dorst recht schnell.
Für Amal Bouchtat war die Berufswahl von Anfang an recht klar. Sie wollte mit Kindern arbeiten. Seit 2009 ist sie schon in der Einrichtung, unter anderem als Honorarkraft, als es personelle Engpässe gab. Dann nahm sie sich Auszeiten, weil sie Mutter wurde. Ihre Kinder sind jetzt zwölf und sechs Jahre alt. Heute befindet sich die 36-Jährige in einer Ausbildung zur Kinderpflegerin. Die dauert zwei Jahre, drei Tage ist Amal Bouchtat in der Kita, donnerstags und freitags in der Schule. Und im Mai ist Prüfung, dann ist sie staatlich anerkannt. Dass ihr dann eine Anstellung bei der Awo sicher sei, wurde ihr schon bedeutet. Aber sie möchte auch gerne bei den „Sternschnuppen“ bleiben.
Diesen Wunsch hat längst auch Jill Dorst. „Am besten bis zur Rente“, sagt die 25-Jährige heute. Als sie erkannt hatte, dass es mit dem Beruf der Gestalterin schwierig werden würde, brauchte sie Bedenkzeit.
Erzieherinnen freuen sich über „Dankbarkeit und Wertschätzung“
Aber sie wollte auch nicht, dass in ihrem Lebenslauf später eine Lücke ist. Also machte sie ein ehrenamtliches Jahr – in ihrer alten Kita. Dabei stellte sie schnell zwei Dinge fest. Erstens, wie sehr ihr die Arbeit mit Kindern liegt und guttut. Und zweitens, wie viele Möglichkeiten der kreativen Gestaltung es in einer Kita gibt. Gebastelt wird fast täglich. Und zu dekorieren ist auch immer etwas, wenn Feiern anstehen, der Frühling kommt oder der Herbst geht. Jill Dorst hatte ihren Beruf gefunden, machte nach Realschule und Fachabi noch eine Ausbildung zur Erzieherin. Danach übernahm sie sofort die Leitung einer der drei Gruppen des Hauses, der Wolken. Daneben gibt es die Regenbogen- und Sonnenschein-Gruppe. 64 Plätze bietet das Haus, davon neun im U3-Bereich. Wenn sie von „ihren“ Kindern sprechen, dann hellen sich die Mienen von Jill Dorst und Amal Bouchtat regelrecht auf. Kinder in diesem Alter seien halt offen und ehrlich. Das mache das Zusammensein mit ihnen so einfach. Auch wenn es an Tagen, an denen man nicht hinausgehen kann und man in der Gruppe bleiben muss, so laut ist, dass einem abends schon mal die Ohren klingeln. Dafür freuen sich die Kinder aber wieder unbändig, wenn sie einen am nächsten Morgen bereits auf dem Parkplatz entdecken. Man erfahre jeden Tag „Dankbarkeit und Wertschätzung“. Von den Kindern, aber vor allem auch von den Eltern. Die zeigten ihnen sehr deutlich, wie wichtig und verantwortungsvoll sie die Arbeit sehen.
Dass es Jill Dorst und Amal Bouchtat in ihrem Beruf so gut gefällt, hat aber auch mit genau dieser Einrichtung zu tun. Die besteht seit Mitte der 90er Jahre. Das Gebäude ist nicht eigens für eine Kita erbaut worden, sondern war mal ein nüchterner Verwaltungstrakt. Doch, wer nun dort arbeitet, tut dies oft schon seit Jahren. Eine Fluktuation gibt es kaum. „Es ist wie eine große Familie, nicht wie eine Arbeitsstelle“, sagt Jill Dorst und ihre Kollegin stimmt ihr zu. Es ist eine Familie aus sehr vielen Nationen. Leiterin Claudia Hamoudi betont diese Vielfalt. „Wir lassen vieles zu und sind für vieles offen.“ Dass sie Kopftuch trage und die Leitung habe, sei sicherlich nicht überall möglich. Aber ein Zeichen echter Gleichheit und Anerkennung. Ansonsten herrscht in der Einrichtung zuweilen erfrischender Pragmatismus. Das zeigt sich unter anderem beim Essen. Keiner wollte Schweinefleisch, andere Eltern waren aber auch irgendwie nicht mit halal einverstanden. Und wieder andere lehnten aus ebenso kulturell-religiösen Gründen Rind ab. Nun, jetzt steht ausschließlich vegetarische Kost auf dem Speiseplan. An diesem Tag Blumenkohl mit Selleriesalat.
In den Augen der Kinder sind die ausgebildete Erzieherin und die angehende Kinderpflegerin so etwas wie beste große Freundinnen. Jedenfalls kann den ganzen Tag Spielen und Basteln ja nicht wirklich Arbeit sein, scheint kindliche Logik zu schlussfolgern. Beim beliebten Frage-Antwort-Spielchen, ob die Kinder vielleicht mal den gleichen Beruf wie Mutter oder Vater ergreifen möchten, wurden Jill Dorst und Amal Bouchtat dann auch schon mal gefragt: „Und? Was wollt ihr denn später mal werden?“