„Missa Miniatura“ mit Elina Albach Viele kühne Töne in der Johanneskirche
Cembalistin Elina Albach führte in der Johanneskirche ein Konzentrat von Bachs h-Moll-Messe auf: gekürzt auf rund 100 Minuten, in kleinster Besetzung.
Große Werke der Barockmusik auf ein kleines Format einzudampfen, ist eine Spezialität der Cembalistin Elina Albach. Die 1990 in Berlin geborene Künstlerin ist in der Kirchenmusik ebenso zu Hause wie in zeitgenössischen Tonwelten. Ihre auf ein Trio reduzierte Version von Bachs Johannespassion, während des ersten Corona-Lockdowns in der leeren Leipziger Thomaskirche aufgezeichnet, erregte weithin Aufsehen.
Beim Düsseldorf-Festival war Albach jetzt mit ihrem Ensemble Continuum zu Gast. Unter dem Titel „Missa Miniatura“ führte sie in der Johanneskirche ein Konzentrat von Bachs h-Moll-Messe auf: gekürzt auf rund 100 Minuten, radikal beschränkt auf sechs Gesangssolisten und sieben Musiker. Das Instrumentarium reicht vom mittelalterlichen Zink bis zum Marimbaphon.
Albach verzichtet auf
die Opulenz der großen Chöre
Wer hinter diesem Wagnis eine Schrumpf- oder Billigversion vermutet, verkennt Albachs Absicht. Ihre Kammermusikfassung steht in der Tradition von Arnold Schönberg und Hans Werner Henze, die mit ähnlichen Experimenten versuchten, die Essenz großer Meisterwerke freizulegen. Das gelingt Albach verblüffend gut: der Verzicht auf die Opulenz der großen Chöre und den Pomp der Trompeten macht das Glaubensbekenntnis intimer. Hier flammen keine überwältigenden Gewissheiten auf. Vieles tönt kühn, auch bestürzend fragil.
Vom Zweifel an Gott und Verzweiflung an der Welt kündet denn auch der Text des Schweizer Performance-Poeten Jürg Halter (Sprecher: Thomas Halle). Indessen ist die Fallhöhe zwischen Bachs Tonkunst und diesen vergrübelten Gedankengängen gewaltig. Wo Bach eine zeitlose, weltumspannende Botschaft transportiert, sind Halters Überlegungen zu Krise und Krieg zwar aktuell, aber auch kleinmütig, zuweilen larmoyant.
Handverlesen wirkt die Interpretenriege, über die nur Gutes gesagt werden kann. Die Oratorien-Kompetenz der Sängerinnen und Sänger zeigt sich in schlanker, intonationsreiner Tongebung und hoher Textverständlichkeit. Stellvertretend für alle sei der Countertenor Alex Potter herausgehoben, der im „Agnus Dei“ klare, lange Bögen zieht und genau weiß, wann er einen Ton öffnen und zum Strahlen bringen muss.
Elina Albach leitet die Aufführung vom Orgelpositiv aus. Ihre Kopf- und Körperbewegungen genügen nicht immer, um rasche Tempi mühelos zu halten, namentlich in den kunstvoll gewundenen Sechzehntel-Girlanden. Aber das Ensemble Continuum ist erkennbar auf sie eingeschworen. So mündet alles glücklich in die finale Bitte um Frieden ein.