4. Forensische Nacht in der Heinrich-Heine-Universität
Bei der Forensischen Nacht erfuhr man Spannendes über Knochen, Moleküle und Mordopfer.
Düsseldorf. Voller Inbrunst singt Sopranistin Eva Koch die berühmte Arie „L’amour est un oiseau rebelle“ („Die Liebe ist ein wilder Vogel“) aus der Bizet-Oper „Carmen“, als aus dem Hintergrund, im Halbdunkel, plötzlich ein Mann auf sie zustürmt, mit einem Messer auf sie einsticht und wieder verschwindet. Tödlich verwundet sinkt die schöne Sängerin zu Boden. Mit dieser Szene beginnt die vierte Forensische Nacht, zu der das Institut für Rechtsmedizin des Universitätsklinikums und der Rotary-Club Düsseldorf-Kaiserpfalz am Samstag eingeladen haben.
Rund 500 Zuschauer im voll besetzten Hörsaal 13 A der MNR-Klinik sind gespannt, wie es weitergeht. In der Ankündigung hieß es: „Skelettfunde und entstellte Leichen Jahrzehnte nach der Tötung — was Knochen und Moleküle über Opfer und Tat erzählen und wie Opfer ihre Gesichter und Identität wieder bekommen.“ Die gestellte Bluttat an der Opernsängerin dient dafür als Beispiel. Als 20 Jahre nach dem Mord das (Kunststoff-)Skelett des Opfers gefunden wird, treten die Ermittler auf den Plan.
Kriminal-Hauptkommissar Udo Moll, der auch im richtigen Leben nach Mördern fahndet, arbeitet dabei eng mit den Fachleuten aus dem Institut für Rechtsmedizin der Uni-Klinik zusammen. Instituts-Leiterin Professor Stefanie Ritz-Timme, Britta Gahr, Bereichsleiterin klinische Rechtsmedizin, und die Molekular-Genetikerin Tanja Arent schildern an Beispielen echter Skelettfunde ihre Arbeit: Der Verschleiß von Knochen, Gelenken und der Zustand der Gefäße lassen Rückschlüsse auf das Alter des Opfers zu. Die Vermessung der Oberschenkelknochen verspricht Hinweise auf die Größe. Die Untersuchung von Schädel, Becken und schließlich eine DNA-Probe lassen auf das Geschlecht schließen. Sogar die Gesichter von Ermordeten können die Experten mit wissenschaftlichen Methoden rekonstruieren.
All das schildern der Hauptkommissar und die Wissenschaftlerinnen mit launigen, humorvollen Worten. Die Zuschauer sind begeistert. Zum Beispiel Susanna Müller (28): „Es ist sehr unterhaltsam und amüsant.“ Ihr Begleiter Sebastian Czerwonka (36) ergänzt: „Obwohl es ein gespielter Mord ist, ist es näher an der Realität als TV-Krimiserien wie CSI, in denen nur Schauspieler mitwirken.“ Das meinen auch die begeisterte Krimi-Leserin Heidi Grebner (57) und ihr Ehemann Hans, die extra aus Vörde gekommen sind. Er arbeitet beim Krefelder Jugendamt und ist im Arbeitskreis Neusser Kinderschutz-Gruppe aktiv. „Ich interessiere mich für Pathologie und Rechtsmedizin und finde die Informationen sehr interessant.“
Gruselig, darin sind sich die Zuschauer einig, war es bis hierhin noch nicht. Doch nach der halbstündigen Pause kommt härterer Tobak auf das Publikum zu. Da schildert Hauptkommissar Moll, wie er 2005 nach dem verheerenden Tsunami in Thailand geholfen hat, bis zu Unkenntlichkeit verstümmelte Leichen zu identifizieren, die tagelang in der Hitze gelegen hatten.
Als der Kripo-Mann die Bilder zeigt und von seiner Arbeit berichtet, versagt ihm ein paarmal fast die Stimme, und auch unter den Zuhörern müssen viele kräftig schlucken.