Alternative Kulturvereine kämpfen gegen die Raumnot
Eine Gruppe geht neue Wege, da nach dem Verein „damenundherren“ auch die „Brause“ die Heimstätte verliert. Ein Lebenszeichen sendet „damenundherren“ mit einem Fest. Die Enttäuschung über Politik und Verwaltung ist groß.
Zwei der prominentesten Kulturvereine der alternativen Szene sind mit gravierenden Raumproblemen konfrontiert. Der Verein „damenundherren“ musste sein Ladenlokal an der Oberbilker Allee bereits Anfang vergangenen Jahres verlassen, die „Brause“ in der alten Tankstelle an der Bilker Allee muss in zwei Jahren ausziehen. Da die Suche nach einer neuen Heimstätte in einer Großstadt mit hohen Mieten und besonders knappem Raumangebot sehr schwierig ist, hat sich nun eine neue Gruppe aus Künstlern und Kreativen mit dem Namen „groundX“ formiert, die Möglichkeiten auslotet, gemeinsam eine größere Heimstätte für mehrere Vereine und Kreative zu finden. „Es geht darum, der Subkultur langfristig einen Platz in Innenstadtnähe zu sichern. Wir wollen nicht an den Stadtrand ausweichen und der Gentrifizierung etwas entgegensetzen“, sagt Marc Zobel von „damenundherren“. Er kann sich etwa ein Gaststätten-Kollektiv mit Kulturschwerpunkt vorstellen.
Konkreter wird Zobel noch nicht. Klar ist allerdings, der neue Ansatz ist eine Reaktion auf die Raumnot. Der Auszug war notwendig, da Konzerte und Partys mit lauter Musik wegen anhaltender Beschwerden von Nachbarn nicht mehr möglich waren. In die zwischenzeitliche Sommerresidenz im Haus Kolvenbach wird wohl die Demokratische Schule ziehen, das FFT an der Jahnstraße funktionierte als Ausweichstätte nicht. „Der Ort wurde nicht angenommen, auch, weil wir die Räume nicht umgestalten konnten und sie wenig Atmosphäre haben.“
Die Auswirkungen sind für den Verein spürbar. Die Mitgliederzahl schrumpfte bereits von rund 120 auf 60, der harte aktive Kern von 25 auf zehn Personen. Und auch das Kulturprogramm ist eingeschlafen, in diesem Jahr gab es noch keine Veranstaltung, während es früher wöchentlich Lesungen, Ausstellungen und Konzerte gab.
Immerhin sendet der Verein am Samstagabend ab 18.30 Uhr mit einem Sommerfest für Mitglieder und Freunde des Vereins im Skulpturenpark von Klaus U. Wagenbach am Südring 135 mit Bands und DJs ein Lebenszeichen. (Der Platz ist begrenzt, es empfiehlt sich, früh zu kommen.) „Wir wollen zeigen, dass wir noch da sind.“ Zudem sei man sich im Verein einig, dass man weiter machen wolle und langfristig Räume brauche, in denen Konzerte möglich sind. „Mit halber Lautstärke wären wir nur für eine Übergangszeit zufrieden.“
Bei der Suche nach neuen Räumen wünscht sich Zobel mehr Unterstützung. „Politik und Stadtverwaltung begegnen uns immer sehr freundlich. Wenn es jedoch konkret werden soll, kommt nicht mehr viel. Das ist schon enttäuschend.“
Für die Macher der Brause ist das ein mahnendes Beispiel. „Wir versuchen frühzeitig, mit verschiedenen Arbeitsgruppen Lösungen zu finden“, sagt Julian Meurer. Im Oktober 2020 ist für den Verein nach knapp 20 Jahren Schluss an der Bilker Allee. Viele Fragen muss der Verein jetzt klären, etwa, ob ein Umzug in weiter entfernt liegende Stadtteile infrage käme. Und natürlich auch, wie er zum Vorschlag für eine übergreifende Lösung mit mehreren Akteuren unter einem größeren Dach steht. Meurer sagt zumindest generell, dass er auch Chancen in größeren Räumen sehen würde. „Auch wenn viele Bands extra wegen des kleinen Raums zu uns kommen.“ Sechs bis sieben Ausstellungen, rund 50 Konzerte plus Lesungen und andere Veranstaltungen gibt es auf den 33 Quadratmetern pro Jahr. Der Eintritt kostet wie von Beginn an „nur ein Lächeln“, sagt Meurer. Die Stadt hilft jährlich mit rund 5000 Euro.
Eine gute Nachricht gibt es mit Blick auf die kleinen Kulturvereine der südlichen Innenstadt-Viertel vom Rheinraum. Gerüchte, die ehemalige, unterirdische Toilettenanlage würde für eine Tiefgarage abgerissen, bestätigten sich nicht. Martin Korbmacher: „Wir dürfen bleiben.“ Allerdings sieht er auch mit Sorge, dass dort mehr Wohnungen gebaut werden und so mit mehr Anwohnerbeschwerden zu rechnen sein dürfte. Er bestätigt die Überlegungen, Vereine und andere Kreative stärker zusammenzuziehen.
Ein solches Vorgehen begrüßt Lars Terlinden vom Kompetenzzentrum Kultur- & Kreativwirtschaft bei der städtischen Wirtschaftsförderung. „Gemeinsam könnten die Vereine eine stärkere Lobby in eigener Sache aufbauen. Wenn sie mehr mit einer Stimme sprechen, werden sie vermutlich auch besser gehört.“ Zudem könnten sie sich etwa die technische Infrastruktur teilen und so Ressourcen sparen. Terlinden regt ein Gespräch an, an dem auch die Kulturverwaltung teilnehmen könnte.
Zur Kritik an der Stadt wegen mangelnder Unterstützung sagt er jedoch, dass bereits mehrfach Gespräche mit den Beteiligten geführt wurden. Am Ende sei jedoch das angeforderte Suchprofil nicht vorgelegt worden - dabei sei ohne belastbare Angaben eine Unterstützung bei der Suche kaum möglich.