Anonyme Hilfe für Pleitiers
Am Mittwochabend trifft sich zum ersten Mal eine neue anonyme Gruppe für Menschen, die Insolvenz anmelden mussten.
Düsseldorf. Die Auftragsbücher von Arnd B. waren vor knapp drei Jahren gut gefüllt. Seinem Düsseldorfer Handwerksbetrieb ging es gut, sieben fest angestellte Mitarbeiter arbeiteten für ihn. Mit der Wirtschaftskrise jedoch blieben plötzlich die Aufträge weg. Für seinen Betrieb ging es bergab. Als Folge musste er Insolvenz anmelden: „Die Kunden zogen sich zurück, ich musste alle meine Angestellten entlassen. Es ging alles sehr schnell“, sagt der heute 53-Jährige.
Mit der Insolvenz kamen viele Probleme auf ihn zu. Bei der Suche nach Hilfe stieß er auf den „Gesprächskreis anonyme Insolvenzler“ in Köln. Er besuchte die Gruppe und erkannte, wie befreiend allein das Sprechen über die Situation ist. „Die Teilnehmer des Kreises haben mich so gut unterstützt, dass ich es nun als meine Pflicht ansehe, anderen Betroffenen zu helfen“, sagt Arnd B. Er ließ sich zum Gesprächsleiter ausbilden und gründete die neue Düsseldorfer Gruppe. Vor über einem Jahr hatte sich die vorherige Gruppe aufgelöst, weil der damalige Gruppenleiter aus Düsseldorf wegzog.
Neben Düsseldorf gibt es bereits acht weitere Standorte in Deutschland und auch einen in Österreich. Attila von Unruh, Gründer der ersten Kölner Gruppe und zugleich Vorstand des Bundesvorstandes „Menschen in Insolvenz“ beschreibt die Idee, die dahinter steht: „Es geht nicht um Rechtsberatung oder um eine psychologische Therapie. Wir bieten den Betroffenen aber ein Forum, um anonym miteinander zu sprechen und sich moralisch zu unterstützen“.
Für Arnd B. ist Verständnis in der äußerst schwierigen Situation einer Insolvenz entscheidend: „Man wird regelrecht stigmatisiert. Meist heißt es, man sei selbst Schuld, wenn man nicht mit Geld umgehen könne oder über die eigenen Verhältnisse gelebt habe“, sagt der gebürtige Essener. Solche Reaktionen von Freunden und Bekannten hätten ihn damals verletzt und so sei es ihm zusätzlich schwergemacht worden.
Für die Offenheit in der Gruppe ist für ihn die Anonymität essenziell: „Unabhängig von den Gründen ist eine Insolvenz immer eine persönliche Niederlage, für die man sich sehr schämt. Die Scham bleibt bei manchen auch bestehen, wenn die anderen ein ähnliches Schicksal haben.“
Das erklärt auch, warum der neue Gesprächskreis für „Insolvenzler“ die einzige anonyme Einrichtung ist, bei der nicht eine Sucht im Mittelpunkt steht. Ansonsten existieren nur anonyme Gruppen für Esssüchtige, Arbeitssüchtige, Sexaholiker, Alkoholiker und Familienangehörige von Alkoholikern. Im Vergleich zum großen Angebot von Selbsthilfetreffs ist der Anteil von anonymen Runden verschwindend gering.
Für Ulla Frens vom Ortsverband „Allergie- und umweltkrankes Kind e.V.“ liegt dies am „unterschiedlichen Stellenwert“ der verschiedenen Krankheiten in der Gesellschaft: „Mit den Krankheiten unserer Teilnehmer, wie Neurodermitis oder Asthma, gehen die Menschen einfach lockerer um. Es gibt zum Glück keine Tabus im Umgang damit.“
Arnd B. ist diese Tabuisierung des Themas „Insolvenz“ ein Dorn im Auge. Er wünscht sich, dass in den nächsten Jahren offener über das Thema gesprochen wird.
Das erste Treffen findet an diesem Mittwoch im Bürgerhaus Bilk statt. Jeden ersten Mittwoch im Monat um 19 Uhr haben Betroffene und auch deren Angehörige an der Himmelgeister Straße 107 h in Raum 106 ab sofort ein Forum.
Für seine eigene berufliche Situation hat Gesprächsgruppenleiter Arnd B. übrigens auch schon konkrete Vorstellungen. Für die Zeit nach dem Insolvenzverfahren plant er in Duisburg einen Neuanfang als selbstständiger Handwerker.