Mozart für den Verstand
Geigerin Tanja Becker-Bender gastierte mit dem English Chamber Orchestra in der Tonhalle.
Düsseldorf. In einem schlank geschnittenen wasserblauen Kleid und mit zurückgestecktem, langem, blondem Haar betritt die junge Geigerin Tanja Becker-Bender das Podium der Tonhalle.
Die mehrfache Preisträgerin internationaler Violinwettbewerbe (Genf, Brüssel, Tokio) ist Solistin beim Konzert des English Chamber Orchestra, einem der bedeutendsten Kammerorchester der Welt. Anhand von Wolfgang Amadeus Mozarts 4. Violinkonzert D-Dur demonstriert Becker-Bender eindrucksvoll, was sie musikalisch und technisch zu bieten hat.
Und das beeindruckt ungemein. Ihr geschliffenes Spiel zeugt von einer perfekten manuellen Beherrschung des Instruments und genauen Einsichten in die Struktur des Mozart-Werkes. Mit filigranem Strich brilliert sie durch die schnellen Sätze, und im langsamen Mittelsatz entlockt sie ihrer Guarneri aus dem Jahre 1728 feine lyrische Klänge. Bei aller Noblesse und Scharfsinnigkeit des Vortrags fehlt es der jungen Hamburger Geigen-Professorin jedoch etwas an persönlich gefärbter Ausdruckstiefe.
So findet ihr in Marmor gemeißeltes Mozart-Spiel mehr zum Verstand der Zuhörer als zum Herzen. Etwas weiter aus sich heraus geht sie hingegen in den beiden Zugaben, einem Scherzo von Erwin Schulhoff und der Gavotte aus einer Bach-Partita.
Unterdessen gelingt das Zusammenspiel mit dem English Chamber Orchestra perfekt, und es entsteht ein überaus mustergültiges Miteinander. Die Briten erweisen sich als aufmerksame Teamarbeiter, was sowohl der Koordination mit der Solistin als auch der dynamischen Ausgestaltung des Orchesterparts zu Gute kommt.
Das English Chamber Orchestra, das von seiner Ersten Geigerin Stephanie Gonley, also von keinem vor dem Ensemble stehenden Dirigenten, geleitet wird, verbindet kammermusikalische Transparenz mit der Wärme und dem Klang-Luxus eines hochrangigen Symphonieorchesters. Der Klang ist wie aus Samt und Seide, dezent gesäumt von Goldbrokat.
Das bekommt allen Werken prächtig, sowohl dem romantischen Eröffnungsstück, Edward Elgars Introduction and Allegro als auch Gioacchino Rossinis arioser Sonata a quattro Nr. 1. Mit Haydns Sinfonie Nr. 48 C-Dur Maria Theresia gelingt ein krönender Abschluss aus starker Impulsivität und schlösslicher Eleganz.