Düsseldorf Antisemitismus in Düsseldorf: Jüdische Schüler werden angefeindet

Die Jüdische Gemeinde Düsseldorf hat eine Beratungsstelle für Opfer von Rassismus und Antisemitismus eingerichtet.

Foto: dpa/Jüdische Gemd.

Düsseldorf. 50 Gymnasiasten sitzen Ende Mai im Schulzentrum der Jüdischen Gemeinde Düsseldorf. Auch eine Vertreterin der Schulbehörde ist anwesend. Sie soll das hören, was Michael Szentei-Heise, Geschäftsführer der Jüdischen Gemeinde Düsseldorf (JGD), noch vor Jahren für unmöglich gehalten hatte: Jüdische Schüler werden von Mitschülern massiv angegangen. Für ihre Religion, für ihre Identität.

Ein Mädchen erzählt, ein muslimischer Junge habe sich vor ihr aufbaut und ihr vorgeworfen, sie sei schuld am Tod palästinensischer Kinder. „Wenn das Gegenüber 20 Zentimeter größer ist und voller Wut, dann bleibt man stumm“, sagt Szentei-Heise. 70 bis 80 Prozent der 14- bis 15-Jährigen, schätzt er, berichten an jenem Nachmittag im Mai von ähnlichen Erlebnissen. Zu Anzeigen bei der Polizei kam es nicht.

Michael Szentei-Heise, Geschäftsführer der Jüdischen Gemeinde

Die neue Antidiskriminierungs- und Antisemitismus-Stelle der Gemeinde (Telefon 941 95 988) ist da schon bewilligt. Das Land finanziert das Angebot. Zwei Frauen, eine Juristin und eine Theaterpädagogin, beraten die Opfer und informieren in Schulen. „Antisemitismus ist ein Schwerpunkt“, sagt Szentei-Heise. Jedoch werden auch Anfeindungen gegen Homosexuelle und Geflüchtete behandelt.

Seit rund drei Jahren, sagt er, seien Aggressionen gegen Juden auch in Düsseldorf von einer neuen Qualität. Absender von Hass-Mails etwa nennen heute unverblümt ihren vollen Namen. 200 solcher Hetzbriefe werden an der Hochschule Düsseldorf erforscht. Das Ergebnis steht noch aus.

„Diskriminierung ist in Deutschland immer ein latentes Problem gewesen“, sagt Szentei-Heise, der seit mehr als 50 Jahren in Düsseldorf lebt. „Sie richtet sich jedoch zunehmend gegen jüdische Menschen.“ Verpackt als politisches Statement gegen Israel. „Es gibt eine neue Form von Anti-Israelismus, die in Wirklichkeit eine neue Form von Antisemitismus ist.“

Nach wie vor pflege die rechte Szene diesen Antisemitismus. In den Schulen jedoch, so die Beobachtung jüdischer Eltern, gingen die Aggressionen häufig von türkischstämmigen Schülern aus. Der Gemeinde-Chef glaubt, dass dies mit dem Erstarken von Recep Erdogan zusammenhängt, der aus seiner Feindseligkeit gegenüber Israel keinen Hehl mache. „Sehr viele Muslime wachsen mit der Überzeugung auf, Juden seien ihr Unglück. Auch Akademiker. Das hat Folgen.“

Die bis in Fernsehstationen reichten. In der vergangenen Woche saß Szentei-Heise mit WDR-Intendant Tom Buhrow zusammen und diskutierte mit ihm über die „einseitige und Pro-Palästina-geprägte Berichterstattung“ des Senders. „Wenn die israelische Armee reagiert, wird sie kritisiert. Von den Bomben, die vorher geworfen wurden, hört man nichts.“

Die Jüdische Gemeinde Düsseldorf ist mit gut 7000 Mitgliedern die drittgrößte Gemeinde in Deutschland. Vor 17 Jahren wurden Gemeindemitglieder bei einem Bombenanschlag am Wehrhahn schwer verletzt. Ein Rechtsextremer soll dafür verantwortlich sein, erst in diesem Jahr wurde er festgenommen. Wenige Monate später warfen zwei junge Araber einen Brandsatz auf die Synagoge. Aus Wut über Israels Politik. Szentei-Heise sagt: „Als wir unser jüdisches Gymnasium geplant haben, habe ich nie gedacht, dass es einmal ein Schutzraum für jüdische Schüler sein könnte. Heute bin ich da nicht mehr so sicher.“

Die Bezirksregierung Düsseldorf sagt auf WZ-Nachfrage: Ihr seien „keine antisemitischen Anfeindungen gegenüber jüdischer Schülerinnen oder Schüler an den Düsseldorfer Gymnasien bekannt“.