Düsseldorf-Kaiserswerth Bunkerfilm schreibt Geschichte

Neu synchronisiert und aktuell aufbereitet ist der Streifen aus der Nazizeit, der jetzt großes Interesse fand.

Foto: Melanie Zanin

Düsseldorf. Das Interesse an dem alten Kaiserswerther Bunkerfilm aus den Jahren 1941/42 war so groß, dass der Bürgerverein seine Sitzung in den Saal des Stammhauses am Kaiserswerther Markt verlegen musste. Vor allem die Alteingesessenen waren erpicht darauf, ein Kapitel ihrer Stadtteilgeschichte zu erfahren.

Manfred Tenhaken ist das historisch-wertvolle Dokument zu verdanken, denn der war im Stadtentwässerungsbetrieb tätig, als man dort bei Aufräumarbeiten vor vielen Jahren einen alten Rollfilm entdeckte. Tenhaken reichte den Film an den Hobbyfilmer Jürgen Fischer weiter. Der filmte den alten Streifen mit einer Digitalkamera ab, so dass man ihn ohne Aufwand abspielen kann. Die fachkundigen Heimatforscher Franz-Josef Vogel und Armin Mahn kommentieren ihn. So wurde aus dem Stummfilm ein Sprechfilm, der mit Sirenengeheul beginnt.

Die Kaiserswerther Anlage besteht aus einem Hochbunker und einem kleineren Bunker, der sich vorwiegend unter Straßenniveau ausdehnt. Zwangsarbeiter, darunter auch französische Soldaten, gehörten zu den Bauarbeitern.

Erstmals erfahren die Anlieger, was da alles abgerissen wurde, um die Bunker zu errichten. Erst fiel die alte Klemensbrücke und wurde durch eine Notbrücke zwischen Friedrich-von-Spee-Straße 12 und St. Göres-Straße ersetzt. Das Haus Friedrich-von-Spee-Straße 2 lag zu nahe an der Baugrube und verschwand. Die Giebel der Häuser auf dem hohen Wall 3 und 5 sackten ab und wurden beseitigt. Die Nummer 1 der Friedrich-von-Spee-Straße, das Haus der jüdischen Familie Wolf, das frühere Conditorei-Café Ophoven, konnte gleichfalls nicht gerettet werden. Nur das Haus Nummer 6 wurde mit einem Korsett versehen und hielt Stand.

Während der Ausschachtungen kamen Gänge der Stadtbefestigung aus dem 16. und 17. Jahrhundert zum Vorschein. Darunter befanden sich auch alte Pfahlgründungen. Selbst historische Kanonenrohre wurden geborgen.

Lebensgefahr brachte ein britischer Blindgänger mit sich, der nahe der Notbrücke einschlug, aber nicht explodierte. Der Film zeigt, wie die Zwangsarbeiter eine tiefe Grube bohren, in die immer mehr Grundwasser dringt. Die Bombe scheint unauffindbar. Sogar ein Wünschelrutengänger wird bei der Suche eingesetzt. Schließlich wird die Bombe mit einem Flaschenzug hochgezogen und im Schlepptau durch Kaiserswerth gezogen und entschärft.

Wie Studenten erst vor einigen Monaten berichteten, führt der ungenutzte Tiefbunker auf der gegenüberliegenden Seite zweigeschossig unterhalb der Straße zum Hochbunker und ergibt zusammen eine Fläche von mehr als 1200 Quadratmetern. Was bislang unbekannt war, hat Franz-Josef Vogel herausgefunden: Ab Sommer 1944 befand sich in Teilen der Anlage die Leitstelle des gesamten Luftschutz-Bereichs von Aachen bis zur Weser. Über ein separates Leitungsnetz von über 6000 Kilometern konnte die Polizeiführung unmittelbar mit den für den Luftschutz zuständigen Stellen kommunizieren und die Einsätze abstimmen.

Nach Kriegsende erklären die Briten plötzlich, die Bunkeranlage müsse gesprengt werden. Der Düsseldorfer Stadtdirektor schaltet sich ein und erreicht die Entmilitarisierung des Areals durch den Umbau des Hochbunkers in Wohnungen. Die Bunkeranlage wird „entfestigt“. Heute gehört der Wohnbunker mit seinem kleineren Pendant zum Stadtbild von Kaiserswerth.