Neues Konzept in Düsseldorf in Arbeit So will die Stadt mehr private Wohnungen für Geflüchtete finden

Düsseldorf · Nach wie vor leben zu viele Menschen in städtischen Unterkünften. Wie die Integrationsdezernentin das ändern will. Und warum für die Diakonie dabei auch erhöhte Gewerbesteuer-Einnahmen aus der Rüstungsindustrie vor Ort eine Rolle spielen könnten.

Die Flüchtlingsunterkünfte für Ukrainische Flüchtlinge auf der Merowinger Straße.

Foto: Bretz, Andreas (abr)

Geflüchtete und Obdachlose sollen in Düsseldorf rascher und erfolgreicher in Wohnungen vermittelt werden. „Ich arbeite an einem Konzept, in das ich die Wohlfahrtsverbände und Experten aus der Wohnungswirtschaft konkret einbinden möchte“, sagt Miriam Koch, Dezernentin für Integration.

Hintergrund sind die aktuellen Zahlen zur Belegungssituation in den Unterkünften. Rechnet man die Bereiche Asyl, Obdach und Ukraine zusammen sind dort rund 7800 von insgesamt 8530 verfügbaren Plätzen belegt. Das entspricht einer Quote von 91,5 Prozent. Trotz rechnerisch frei gebliebener Plätze ist das System nach Kochs Einschätzung auf Kante genäht: „Mindestens zehn Prozent der Kapazitäten dürfen nicht belegt sein, damit wir flexibel reagieren und Menschen bedarfsgerecht unterbringen können.“

Was die städtische Spitzenbeamtin umtreibt, ist die Tatsache, dass viele dieser Menschen gar nicht mehr in städtisch betreuten Unterkünften leben müssten: „Mindestens 1500 der insgesamt knapp 3500 Asylbewerber, die wir aktuell unterbringen, haben einen Aufenthaltsstatus mit dem sie jederzeit in eine eigene Wohnung wechseln könnten.“ Noch deutlicher sei das bei den Ukrainern, von denen eigentlich alle in einer eigenen Bleibe leben dürften.

Stadt hat drei konkrete
Immobilien angemietet

Doch die Wirklichkeit sieht in Düsseldorf ganz anders aus. Von 3238 Menschen, die aus dem osteuropäischen Land nach Düsseldorf kamen, lebten im Juni nach wie vor 1137 in angemieteten Hotels – eine vergleichsweise teure Lösung. Weitere 400 vor dem russischen Angriffskrieg Geflüchtete sind in Gemeinschaftsunterkünften untergebracht. Zwar konnte die Zahl der Hotelplätze seit Anfang 2023 um 1000 reduziert werden. Allerdings reicht der Dezernentin diese bislang erreichte Zahl an „Abmietungen“ nicht. „Wir könnten ungeachtet der angespannten Lage in Düsseldorf weiter sein, wenn wir mit Hilfe von Sozialverbänden und Immobilienexperten auf die Suche nach Wohngelegenheiten in Düsseldorf und der näheren Umgebung gehen“, meint Koch. Damit würde die Stadt an eine erfolgreiche Kooperation mit den großen Düsseldorfer Wohlfahrtsverbänden anknüpfen.

„Wir haben keine Wohnungen an der Hand und sind auch keine Vermittler, aber wir konnten in den Monaten nach Ausbruch des Krieges die Suchenden engmaschig begleiten und bei Eigentümern die Bereitschaft für einen Mietvertrag mit Geflüchteten deutlich erhöhen“, sagt Michael Schmidt, Diakoniepfarrer und Vize-Sprecher der Liga der Wohlfahrtsverbände. „Wir haben mögliche Vermieter beispielsweise davon überzeugt, dass sie sich keine Sorgen um die Einhaltung der Hausordnung oder vor zu viel Müll machen müssen“, erinnert sich Schmidt.

Doch inzwischen ist die dafür vorgesehene Förderung in Form von Personalstellen für die Wohlfahrtsverbände ausgelaufen. Wolle die Stadt eine neue konzertierte Aktion mit verschiedenen Akteuren auf den Weg bringen, müsse diese oder eine andere Art der Förderung wiederbelebt werden, meint Schmidt, der bereits eine Idee hat, wie die Finanzierung bei einer Neuauflage bewerkstelligt werden könnte. „Das Unternehmen Rheinmetall wird ja als Folge des Krieges im Osten Europas für mehrere Milliarden Euro Munition und Kriegsgerät verkaufen. Das wiederum wird in Düsseldorf die Gewerbesteuer-Einnahmen steigen lassen“, prognostiziert der Pfarrer. Sein Vorschlag: „Es wäre doch gut, wenn insbesondere Menschen aus dem Land, das die ganze Last des Krieges trägt, unter anderem bei ihrer Wohnungssuche hier vor Ort von diesen zusätzlichen Gewerbesteuereinnahmen der Stadt konkret profitieren könnten“, sagt Schmidt.

Konkret rechnet Miriam Koch in Folge der weltweiten Fluchtbewegungen bis zum Jahresende mit rund 1000 weiteren Neuaufnahmen in den Bereichen Asyl/Obdach/Ukraine. Demgegenüber stehen allerdings 848 Abgänge aus dem System der städtischen Unterbringungen. „Es bleibt also ein Plus von rund 150 Menschen“, so die Spitzenbeamtin

Drei konkrete Immobilien hat die Stadt angemietet, um weitere Kapazitäten zu schaffen. So sollen an der Werft- und der Elisabethstraße 278 neue Plätze entstehen. „Ich gehe davon aus, dass sie im Laufe des ersten Quartals 2025 zur Verfügung stehen werden“, sagt Koch. Auch an der Ricarda-Huch-Straße wurde eine Immobilie angemietet, die weiteren 150 Menschen Platz bietet. Doch diese sind bereits mit Ukrainern belegt.

Sorgen bereiten Koch die deutlich gestiegenen Zahlen bei den Wohnungslosen. Hier hatte die letzte Nachtzählung zwischen 2021 und 2023 eine Verdopplung auf fast 440 Betroffene ergeben. „Die Wartezeiten beim Übergang aus der Notschlafstelle in eine feste Unterkunft liegen bei etwa zehn Monaten“, sagt die Dezernentin. Tatsächlich seien wichtige Programme wie „Housing First“, „Endlich ein Zuhause“ oder das „Probewohnen“, bei der die Stadt zwei Jahre lang mit im Boot bleibt, bislang eher ein Tropfen auf den heißen Stein. „Gemessen daran, dass sich mehr als 80 Prozent des Wohnungsbestands in Düsseldorf in privater Hand befinden, sind die Vermittlungen zu niedrig“, stellt sie fest.

Mit der Abfassung eines neuen Gesamtkonzepts hat die Dezernentin bereits begonnen. „Haben wir damit Erfolg, weil alle wichtigen Akteure an einem Strang ziehen, wird das Geflüchteten und der Stadt gleichermaßen helfen.“