Düsseldorf Das Gymnasium ist Elterns Liebling

Die Hälfte aller Viertklässler wechselt im Sommer auf ein Gymnasium. Leistungsdruck wird in Kauf genommen.

Foto: Sergej Lepke

Düsseldorf. Für Sabine Perreau war früh klar: Beide Söhne sollten aufs Gymnasium gehen. „Es ist die Schulform, die das Kind studierfähig macht. Das ist für mich das schlagende Argument“, sagt die zweifache Mutter. Ihr älterer Sohn besucht bereits die siebte Klasse eines Düsseldorfer Gymnasiums, ihr Zehnjähriger, der im Sommer von der Grundschule wechselt, ist nun auch angemeldet.

Dass das Gymnasium nach wie vor die beliebteste Schulform der Eltern ist, zeigen auch die Anmeldezahlen: Von den 4100 Grundschülern, die bisher an einer weiterführenden Schulen angemeldet sind, wählten 2000 eins der 18 städtischen Gymnasien. „Die Übergangsquote ist in den vergangenen Jahren nahezu stabil geblieben:

Nach wie vor wechseln rund 50 Prozent der Düsseldorfer Grundschüler auf ein städtisches Gymnasium, 27 Prozent an eine Realschule, 17 Prozent an eine Gesamtschule und sieben Prozent an eine Hauptschule“, sagt Schulamtsleiterin Dagmar Wandt. Hinzu kommen die 711 Grundschüler (auch von außerhalb), die sich an einem der fünf privaten Gymnasien angemeldet haben.

„Es ist nicht so, dass ich darauf bestehe, dass meine Kinder später studieren. Aber ich möchte, dass sie die Möglichkeit dazu haben“, begründet Sabine Perreau ihre Entscheidung, ihre Söhne aufs Gymnasium zu schicken. Beide hatten eine uneingeschränkte Empfehlung von der Grundschule.

„Das Konzept der Gesamtschule habe ich für meine Kinder nie als Alternative in Betracht gezogen. Ich finde, dass sich die Unterschiede zwischen leistungsstarken und leistungsschwachen Schülern schon durchaus in der Grundschule zeigen und es keiner weiteren zwei Jahre auf einer Gesamtschule bedarf“, sagt sie. „Aber natürlich gibt es auch Schüler, die sich noch entwickeln müssen. Für diese Schüler können die zwei Schuljahre auf einer Gesamtschule natürlich entscheidend sein.“

Tatsächlich ist die Zahl der Kinder, die noch in der Sekundarstufe I des Gymnasiums scheitert, hoch: Allein zum Schuljahr 2014/2015 sind 266 Schüler vom Gymnasium auf eine andere Schulform gewechselt. Die Mehrheit (195 im Schuljahr 2014/2015) wählt dann die Realschule. Sünke Rieken, Schulleiterin der Freiherr-vom-Stein-Realschule, beobachtet, dass immer öfter Schüler nicht wie geplant nach der sechsten Klasse kommen - dem Ende der Erprobungsstufe - sondern auch noch später. „Das ist ein Problem. Denn dann haben wir aufgrund unserer vollen Klassen große Schwierigkeiten, einen Schulplatz anzubieten“, sagt sie.

Die Schulleiterin kennt den Leistungsdruck, der an einem Gymnasium herrscht, vor allem seit und wegen der Verkürzung auf acht Schuljahre. „Aber es macht sich ein Wandel bemerkbar: In Gesprächen stellt sich heraus, dass aufgrund dieses Drucks am Gymnasium, viele Eltern auch eine Realschule für ihr Kind in Erwägung ziehen“, sagt Rieken.

So auch eine 42-jährige Mutter, die lieber anonym bleiben möchte. „Ich hätte meinen Sohn lieber auf einer Realschule oder einer Gesamtschule gesehen als auf einem Gymnasium“, sagt sie. „Lieber wollte ich meinem Sohn eine entspannte Schulzeit auf einer Realschule ermöglichen. Der Leistungsdruck auf einem Gymnasium ist hoch, die Gefahr sitzenzubleiben und deswegen frustriert zu sein, auch.“

Nach vielen Gesprächen innerhalb der Familie, aber auch mit Schulleitern, habe sie sich dann aber doch überzeugen lassen, ihren Sohn an einem Gymnasium anzumelden. „Er hat nur Einsen auf dem Zeugnis und wäre wahrscheinlich auf einer anderen Schulform unterfordert“, sagt sie.

Bei einer anderen Mutter ist es anders: Sie möchte, dass ihr Kind das Gymnasium besucht, obwohl die Empfehlung der Grundschule „Gymnasium oder Realschule“ lautet. „Mit einem Abi am Gymnasium hat meine Tochter später die besten Chancen.“

Mit ihrer Entscheidung, es doch auf dem Gymnasium zu versuchen, ist die Mutter nicht allein. Die Statistik zeigt: Von den Schülern, die ein Gymnasium besuchen, haben 18 Prozent eine Empfehlung für das Gymnasium oder eine Realschule und vier Prozent für die Realschule. 78 Prozent der Gymnasiasten haben aber eine uneingeschränkte Empfehlung fürs Gymnasium.