Das harte Leben auf großem Fuß
2,03 Meter lang und immer den Überblick. Doch diese Größe hat auch Nachteile. Denn passende Kleidung ist kaum zu finden.
Düsseldorf. Shoppen gehen — das könnte richtig Spaß machen. Sogar mir als Mann. Und dann auch noch in einer Modestadt wie Düsseldorf. Hier muss ich doch das Richtige finden. Besser: das Passende. Doch schon seit Jahren gehen Shopping und Frust bei mir einher. Karierte Maiglöckchen suche ich derweil sicher nicht. Nicht zu kurz, nicht zu weit und nicht zu eng sollten Kleidung und Schuhe bei mir sitzen. Doch genau hier liegt das Problem. Meine Größe. Sie beträgt 2,03 Meter, außerdem lebe ich auf ebenso großem Fuß, gehe ich doch in Schuhen der Größe 48/49 durch die Welt. In Düsseldorf muss es doch das Richtige für mich geben. So habe ich noch gedacht, als ich vor zwei Jahren aus der ostwestfälischen Provinz in die Rheinmetropole gezogen bin. Heute weiß ich: Die Vorstellung war naiv.
Finde ich in dieser so trendigen Rheinmetropole T-Shirts, in die ich nicht entweder doppelt hineinpasse oder die mir nur bis zum Bauchnabel gehen? Schuhe, in denen meine Füße sich frei bewegen können? Hosen, die nicht nach Hochwasser, sondern eher nach Überschwemmung aussehen? Wie so ein Einkaufsbummel aussieht? Bitte sehr:
Ich mache mich also auf die Suche. Speziell habe ich es heute auf Schuhe abgesehen, meine Vorstellungen sind vage, denn ich weiß: Konkrete Vorstellungen machen die Suche noch schwerer. In den letzten Jahren habe ich gelernt, genügsam zu sein, mich auch mit weniger schönen Schuhen anzufreunden. Alltagstauglich sollen die Treter sein, nicht zu schick.
Auf der Kö beginnt mein Einkaufstag. Da sind mir im Vorbeigehen doch schon oft Schuhe im Schaufenster aufgefallen. Sportliche, wetterfeste Schuhe, die mich sofort verzücken. Ich würde sie vom Fleck weg kaufen. Allein: Das Geschäft führt nur Schuhe bis Größe 46. „Wenn Sie Glück haben, ist mal ein Modell in Größe 47 dabei“, erklärt die nette Verkäuferin. Alles andere müsste man in Übergrößen-Läden suchen. Ob denn keine Nachfrage da sei? Doch, das schon, aber die wenigsten Firmen würden so große Schuhe herstellen. Warum, frage ich sie. Es bleibt schleierhaft.
Ähnliches bekomme ich jedoch in weiteren drei Schuhhäusern zu hören. Die Nachfrage ist da, sie wird nur nicht bedient.
Im nächsten Geschäft werde ich positiv von einem Regal überrascht, in dem etwa zwei Dutzend 48er-Paare stehen. Die könnten doch passen. Doch die Ernüchterung folgt bald. Alles Anzug-Schuhe. Überhaupt nicht alltagstauglich, bequem schon gar nicht. Auch der Service ist schlecht. Unfreundlich und kaum auskunftsfreudig begegnet man mir, der ich doch nur ein Paar passende Schuhe suche.
Ganz nebenbei probiere ich bei meinem Streifzug durch die Innenstadt allerlei T-Shirts, Pullover und Hosen an. Vergeblich. Alles wie gehabt, zu kurz oder zu weit. Mein Gefühl wird Gewissheit. Große Menschen sollten dick sein, um die passende Kleidung zu finden. Meine einzige Hoffnung: Etiketten mit der Aufschrift „Slim Fit“. Eng geschnitten, soll das bedeuten. Eng genug sind die Klamotten dann auch meist, zu kurz aber noch immer.
Jetzt kann ich nicht mehr, ich mag auch nicht mehr. Bald würde ich es aufgeben. Ein letztes Geschäft, sage ich mir. Da es dort sowieso nichts geben wird, schaffe ich es wenigstens noch pünktlich zum Sport. Und dann geschieht, was ich nicht mehr für möglich gehalten habe. Ich finde ein Paar Schuhe, das mir gefällt. Besser noch, es passt. Eng geschnitten, braunes Wildleder, wetterfest und alltagstauglich. Wie für mich gemacht. Und: eine herrlich freundliche, erfrischende Verkäuferin berät mich. Sie weiß, was ich weiß: „Schuhgröße 48 ist heute doch keine Seltenheit mehr.“