Neu in den Programmkinos „Emma“: Rüschenrauschend auf den Heiratsmarkt

Unser Kolumnist Philipp Koep beleuchtet aktuelle Filme in Düsseldorfer Programmkinos.

Szene aus „Emma“.

Foto: dpa/Liam Daniel

Waves

In der Tat, die Leinwand wird „schwärzer“ aber die Schwarzen werden irgendwie „weißer“. Arg nach weißer Mittelklasse sieht dieses schwarze Familiendrama aus. Kein Wunder, denn Autor und Regisseur ist der weiße texanische Regisseur Trey Edward Shults, der mit der Indie-Horror-Produktion „It Comes At Night“ bekannt wurde. Erzählt wird die Geschichte von zwei Geschwistern, die mit ihrem dominanten Vater Ronald in Florida leben. Im ersten Teil des Films wird die Geschichte von Tyler (Kelvin Harrison jr.) erzählt. Der 18-jährige ist ein talentierter Ringer und träumt von einem College-Stipendium und einer Sportkarriere, doch sein Ehrgeiz lässt ihn eine Verletzung ignorieren, er greift zu Medikamenten. Als er dann auch noch Streit mit seiner Freundin Alexis bekommt, eskaliert die Situation. Der Film wechselt die Perspektive und erzählt von Tylers Schwester Emily (Taylor Russel). Sie ist schwanger von ihrem Freund und will das Kind gegen seinen Willen behalten.

Die Wellen der Gefühle gehen hoch in diesem Melodram, doch vieles wirkt ebenso theatralisch und effektverspielt wie der Familienzusammenhalt eben pathetisch.

Atelier, Vorpremiere am Mo. um 18.45 Uhr (engl. OmU)

Für Sama

Als die Arabellion Syrien erreicht, da hofft Waad al-Kateab auf eine bessere Zukunft. Sie hält die Handykamera drauf auf die Proteste gegen Assad in Aleppo. Aus dem Protest wird ein Bürgerkrieg und statt einer besseren Welt tut sich eine tägliche Hölle aus Angst und Not auf. Doch irgendwie geht das Leben weiter, Waad lernt Hamza kennen und bald kommt ihre Tochter Sama zwischen den Ruinen der Stadt zur Welt – und Waad filmt immer weiter. An die kleine Tochter richtet Waad al-Kateab dieses erschütternde Dokument vom Hoffen in der Hölle. Vielfach ausgezeichneter Dokumentarfilm, der den Krieg aus der seltenen weiblichen Perspektive zeigt.

Bambi, tgl. (außer Mi.) um 19 Uhr

Die perfekte Kandidatin

Mit „Das Mädchen Wajda“ hatte die Regisseurin Haifaa al Mansour Aufsehen erregt: eine Filmemacherin aus Saudi-Arabien, die sich für Frauenrechte einsetzt, das klingt aus dem erzkonservativen Wahabitenreich exotisch. Doch damit öffneten sich die Türen nach Hollywood. Nach „Mary Shelley“ und der Netflix-Produktion „The Society“ kehrt al Mansour, die mittlerweile in Bahrain lebt, in ihre „Heimat“ zurück und konzentriert sich auf die Rolle der Frau in Saudi-Arabien.

Die Ärztin Maryam möchte sich auf eine Stelle in Dubai bewerben, doch eine Formalität verhindert den Abflug: es fehlt die schriftliche Erlaubnis des Vaters reisen zu dürfen. Also bleibt sie da und beschließt, ihr Dasein in Saudi-Arabien zu verbessern. Sie kandidiert kurzerhand für ein Amt im Stadtrat, damit ihre Klinik endlich eine richtige Straßenanbindung  bekommt. Ihr Ansinnen hat schnell die befürchteten Folgen: Anfeindungen aus Umfeld und Familie aber auch heimliche Unterstützung...

Metropol, So. um 13.45 Uhr zum Weltfrauentag

La Vérité – Leben und Lügen lassen

In den Dramen des japanischen Regisseurs Hirokazu Kore-eda hängt der Familiensegen meist schief. Das war auch zuletzt in seinem in Cannes ausgezeichneten „Familienbande – Shoplifters“ so: eine ganze Familie lebt vom Ladendiebstahl und nimmt ein fremdes Findlingskind bei sich auf. Sehr viel bürgerlicher geht es in seiner ersten europäischen Produktion zu ... und gefälliger.

Die Schauspielerin Fabienne (gespielt von Leinwandlegende Cathérine Deneuve) ist Star und in erster Linie ihrem Image verpflichtet. Als Lumir (Juliette Binoche) die Autobiografie ihrer Mutter liest, traut sie ihren Augen nicht: Fabienne beschreibt sich selbst als aufopferungsvolle Mutter. Das hatte Lumir, die mittlerweile als Drehbuchautorin in der Filmbranche arbeitet, als Kind ganz anders erlebt. Als sie mit Mann (Ethan Hawke) und Tochter von New York nach Paris reist, knistert es hinter den Kulissen. Doch dann soll Lumir der Mutter bei ihrer Rolle in einem helfen, der ausgerechnet den Titel „Memoirs of my Mother“ (Erinnerungen meiner Mutter) trägt.

Bambi, tgl. 16.45 (außer So.) u. 19 Uhr, am Di. um 19 Uhr im frz. OmU

Die Känguru-Chroniken

Die Geschichte vom sprechenden kommunistischen Känguru, das sich bei dem Berliner Kleinkünstler Marc-Uwe einquartiert, ist ein Stück deutscher Nachwende-Geschichte. Über Gott und die Welt redet dieses sonderbare WG-Duo und die abstrusen Ideen wie die „Asoziale Aktion“ bis hin zu den überintegrierten Türken Friedrich-Wilhelm und Otto von. Die Satire von Mark-Uwe Kling lebt von seinen Sentenzen wie „Gesunder Patriotismus klingt für mich wie gutartiger Tumor“. Dani Levi hat die skurrile Story handwerklich sauber auf TV-Niveau mit einer gewissen Neigung zu zotigen Flachwitzen inszeniert.

Cinema, tgl. 17, 19 u. 21 Uhr, Sa/So auch 15 Uhr

Emma

Nach den „Little Women“ geht es auf der Leinwand gleich rüschenrauschend weiter zurück auf den Heiratsmarkt des vorletzten Jahrhunderts. 25 Jahre nach der Verfilmung mit Gwyneth Paltrow tritt nun Anya Taylor-Joy in der Titelrolle an um die Irrungen und Wirrungen des Herzens zeitsatirisch vorzuführen.

Emma Woodhouse lebt mit ihrem Vater in einem Landhaus in Highbury. Die junge Frau ist nicht auf eine „gute Partie“ angewiesen, umso pingeliger ist sie bei der Auswahl des richtigen Kandidaten für ihre mittellose Freundin Harriet. Sie redet ihr den Antrag eines Farmers aus und empfiehlt ihr stattdessen Mr. Elton, den jungen Pastor der Gemeinde. Doch der ist eher an Emma interessiert, die scheint sich zu dem wohlhabenden Frank Churchill hingezogen zu fühlen. Doch da ist auch noch Mr. Knightley, der nicht nur ihr Freund, sondern auch ein herber Kritiker ihrer Launen ist...

Die britische Adaptation des gleichnamigen Romans von Jane Austen setzt in der Regie von Autumn DeWilde auf „Dramedy“ – ein satirisches Liebesmelodram.

Metropol, tgl. 16.30 u. 19 Uhr, am Mo. um 19 Uhr im engl. OmU