Politik Gewerbesteuer senken? Wirtschaft lobt die Idee, Politiker kritisieren sie

Düsseldorf · Die OB-Kandidaten präsentieren ihre Vorschläge, wie die Folgen der Corona-Krise abgemildert werden können

Im Düsseldorfer Rathaus wird derzeit über eine Senkung des Gewerbesteuer-Hebesatzes diskutiert.

Foto: © Düsseldorf Tourismus – Foto: U. Otte

Sie ist nicht frei von Klischees, aber sie ist eine echte Debatte und damit eine der bisher noch recht seltenen Möglichkeiten, die vier aussichtsreichen OB-Kandidaten miteinander zu vergleichen. Die Frage, ob Düsseldorf die Gewerbesteuer für ein Jahr senken sollte, hat viele unserer Leser beschäftigt ebenso wie Spitzenvertreter der hiesigen Wirtschaft – und die Konkurrenten der Debatten-Anstoßerin. FDP-Chefin und -Kandidatin Marie-Agnes Strack-Zimmermann hatte Ende vergangener Woche den Vorschlag gemacht, den Gewerbesteuer-Hebesatz im Jahr 2021 von 440 auf 400 Prozent zu senken.

Grundsätzliche Unterstützung bekommt sie dabei vom Präsidenten der Handwerkskammer, Andreas Ehlert. Er sieht eine Steuerentlastung als wichtigen Baustein einer Gesamtstrategie, mit der der mittelständischen Wirtschaft geholfen werden soll. Zugleich betont er, dass auch die Finanzkraft der Kommune stabilisiert werden müsse, weil nur eine finanzkräftige Kommune investieren und beauftragen könne. Dafür fordert er Hilfen von Land und Bund: „Die Kommunen müssen in die Lage versetzt werden, Hebesätze zu senken, Sondernutzungsbegehren zu reduzieren und schnelle Genehmigungsverfahren zu gewährleisten, damit die Wirtschaft vor Ort wieder in Gang kommt.“

Der Hauptgeschäftsführer der Industrie- und Handelskammer, Gregor Berghausen, verfolgt ein ähnliches Ziel, kombiniert dafür aber andere Instrumente. Er spricht sich für eine Senkung des Hebesatzes aus, weil dies den Unternehmen helfen könne, „zu alter wirtschaftlicher Stärke zurückzufinden“. Da dies aber erhebliche Auswirkungen auf die städtischen Finanzen habe (die Schätzungen liegen zwischen 60 und 80 Millionen Euro weniger Einnahmen), müsse die Stadt ihre Ausgaben deutlich senken. „Wir werden uns daher von vielen liebgewonnenen ,Düsseldorfer Standards’ in den kommenden Jahren verabschieden müssen“, sagt Berghausen. Und sollte die Lücke nicht alleine durch Einsparungen zu schließen sein, würde sich die IHK auch einer Kreditaufnahme nicht verschließen – „sofern diese ausschließlich für investive Zwecke verwandt wird, die mittelbar der Stadt und der Wirtschaft wieder zu Gute kommen“.

Die OB-Kandidaten der anderen Parteien haben nicht so viele beziehungsweise gar keine zustimmenden Worte für den FDP-Vorschlag. Die größte Offenheit für die Idee kommt von Grünen-Bewerber Stefan Engstfeld. „Eine zeitlich befristete Senkung der Gewerbesteuer kann man diskutieren“, sagt er. „Wir müssen dabei klären, wie effektiv und wie zielgerichtet eine einmalige Gewerbesteuersenkung von 80 Millionen Euro wirklich ist. Für die Unternehmen, von denen einige härter getroffen sind als andere, auf der einen und die Stadtkasse auf der anderen Seite.“ Kern seines Wirtschaftskonzepts aber ist es, in eine „klimaschonende und sozial gerechte Stadt der Zukunft“ zu investieren. Daher schlägt er ein städtisches Zukunftsförderprogramm vor, mit dem besonders innovative und nachhaltige Investitionen finanziell gefördert werden.

Oberbürgermeister Thomas Geisel nennt die Idee von Marie-Agnes Strack-Zimmermann „nicht durchdacht und unangebracht“. Der Sozialdemokrat erachtet den jetzigen Hebesatz als angemessen, er sei niedriger als in fast allen vergleichbaren Städten. „Wir sind in der aktuellen Krise sehr kulant bei den Stundungen und der Herabsetzung der Gewerbesteuer-Vorauszahlungen. Natürlich müssen wir ohnehin mit dramatischen Ertragseinbrüchen im laufenden Jahr rechnen.“ Darüber hinaus fürchtet er auch nach nur einem Jahr, dass die Rückkehr zu 440 Prozent zu einer Steuererhöhungsdiskussion führen werde.

CDU-Kandidat Stephan Keller geht spürbar auf Abstand zur Mitbewerberin aus dem bürgerlichen Lager und attackiert einen Atemzug später auch noch den Amtsinhaber. Eine Senkung könne ein Mittel sein, aber so sei der Vorschlag „unausgegoren“. „Was wir aber brauchen, ist ein Gesamtkonzept. Wir müssen dabei gezielt diejenigen unterstützen, die unsere Hilfe am nötigsten haben. Wir müssen auch darauf achten, dass die Handlungsfähigkeit der Stadt erhalten bliebt. Gerade in Krisenzeiten ist die Wirtschaft auf eine leistungsfähige Stadtverwaltung angewiesen“, sagt Keller. Von Geisel fordert er, die Bürger über die finanziellen Corona-Folgen aufzuklären. Deshalb solle der OB den Entwurf für den städtischen Haushalt 2021 früher als üblich einbringen – noch vor der Kommunalwahl am 13. September.