Der Klosterturm kommt am Kran zum Immermannhof
Christian Odzuck ist Konzeptkünstler, der die traurigen Reste der 1950er Bauten an anderer Stelle neu entstehen lässt.
Düsseldorf. Christian Odzuck (Jg. 1978) war nur Insidern bekannt, als ihn Kasper König von den Skulptur-Projekten nach Münster einlud. Der Düsseldorfer war genau der Richtige, denn er benutzt Bauteile von abgerissenen oder abzureißenden Gebäuden und entwickelt daraus eine neue Architektur. In Münster rekonstruierte er mitten in einer Brache die kolossale Eingangssituation mit einem übermächtigen Pylon der ehemaligen Oberfinanzdirektion. Das Ergebnis ist ein absurdes Bauwerk. In Düsseldorf plant er zwei Projekte, bei einem kamen ihm allerdings die Diebe in die Quere.
In aller Munde sind seine Horten-Kacheln von der ehemaligen Kaufhaus-Fassade an der Oststraße, Ecke Graf-Adolf-Straße. Wie berichtet, hatte er mit seinem Freund Micky Damm und mit Hilfe der Rektorin Rita McBride 800 jeweils 4,4 Kilogramm schwere Elemente ergattert. Vor einem Jahr schwärmte er noch: „Die Fassade ist eine Ikone der modernen Architekturgeschichte. Die mussten wir vor dem Einschmelzen retten“. Der Künstler liebt die Architektur der 1950er Jahre wie seine Professorin McBride.
Das Dreierteam Rita McBride, Micky Damm und Christian Odzuck plante auf dem Grabbeplatz einen temporären Turm als Monumentalplastik. Als Standort war die Fläche über dem Brunnen der Kunstsammlung gedacht. Die damalige Museumschefin Marion Ackermann gab ihre Zustimmung. Oberbürgermeister Thomas Geisel berief eine Verwaltungskonferenz mit Kulturdezernent, Bauverwaltung und Politikern. Die Statik ist geklärt. Da kommt Christian Odzuck mit der Hiobsbotschaft: „500 Kacheln, die auf Paletten gestapelt waren, wurden von Dieben in einem Laster einfach abtransportiert. 300 lose Kacheln waren ihnen offensichtlich zu schwer, um sie per Hand wegzuschaffen. Sie sind noch vorhanden.“ Odzuck ist jedoch kein Mensch von Traurigkeit. Er hat schon die nächste Idee: Wenn das alte Franziskanerkloster an der Oststraße demnächst fällt, hat er sich längst den Glockenturm reserviert. Er will ihn auf einen Spezialtransporter laden und abtransportieren. Er soll 350 Meter entfernt auf den Immermannhof, Ecke Karlstraße, verschoben werden. Die Simulation zeigt schon, wie er vorgehen wird..
Ihn fasziniert die Verwandlung, wenn er sagt: „Der Abriss des Klosters ist der Anfang von etwas Neuem. Man könnte die Stadt doch auch ohne einen Investor verändern.“
Markus Ambach, der mit städtischen Geldern das Projekt rund um den Hauptbahnhof unter dem Motto „Von fremden Ländern in eigenen Städten“ plant, sieht schon eine Lichtchoreographie auf dem Turm und ein Turmcafé in zehn Meter Höhe über dem Straßenniveau entstehen. Odzuck selbst spricht von einem „hängenden Knoblauchgarten“, denn eine Stahlkonstruktion solle die Vertikale betonen. Auf alle Fälle dürfen Besucher auf den Turm klettern, um eine andere Perspektive auf die Stadt zu haben.
Absurde Situationen sind Odzuck willkommen. Für die „Urbanen Künste Ruhr“ von 2015 gab es „Reisen im Kreis“. Dafür suchte der Künstler nach der doppelten Realität, entdeckte auf dem Autobahnparkplatz Bönninghardt einen Notflugplatz direkt neben der Fahrbahn und bei einer kleinen Schiffstour die Nord- und Ostsee von Xanten.