Die Profi-Diebe tragen Anzug und sind straff organisiert
Landes- und Bundespolizisten sind im Terminal und am Fernbahnhof den Tätern auf der Spur und warnen Reisende vor Unbedarftheit.
Düsseldorf. „Guten Tag. Ich wollte Sie nur mal darauf hinweisen, dass Sie bitte gut auf Ihre Taschen achten. Wir haben hier am Flughafen viel mit Gepäckdiebstählen zu tun.“ Polizeihauptkommissar Achim Gramatke steht links vor der Frau, die auf einer der Metallbänke im Terminal sitzt und gerade noch versonnen in den Touristentrubel geblinzelt hat. Verständig nickt sie und automatisch greift ihre Hand nach der kleinen Reisetasche, die sie neben der Bank abgestellt hatte. Was sie damit sagen will, ist deutlich: Ja doch, ich habe alles im Blick. Aber jetzt fährt ihr Kopf fast erschrocken herum.
In diesem Moment erst hat sie Achim Gramatkes Kollegin bemerkt, die unmittelbar neben dem Täschchen steht. Marina Burbank lächelt freundlich. Auch ihre Botschaft ist deutlich: Sehen Sie, eine kleine Ablenkung von vorne reicht, und schon bekommt man kaum mehr mit, was gleich neben einem passiert. „Die Tasche hätte man ohne Weiteres wegziehen können“, sagt die Polizeikommissarin. „Und unsere Täter arbeiten mit Ablenkung und Tricks“, ergänzt Achim Gramatke.
Er leitet das Einsatzprojekt gegen Gepäckdiebstähle am Flughafen. Und er kennt den Täterkreis genau. Die Banden stammen aus Südosteuropa, Nordafrika, Südamerika. Die Diebe sehen aus wie Geschäftsleute, „gut gekleidet, tragen Anzug“. Also wie ihre potenziellen Opfer: Vor allem auf hochwertige Taschen haben es die Täter abgesehen. Der durchschnittliche Schaden bei einer Tat liege zwischen 1000 und 1500 Euro, berichtet Gramatke. „Die Leute schleppen viel Geld mit.“
Die Täter gehen oft zu dritt auf Beutezug. Landen, drehen erst einmal eine Runde durchs Terminal. Auf der Suche nach Zivilpolizisten. „Wir haben einen Täterkreis von etwa 30 Tätern, die immer wieder kommen“, erklärt Gramatke. Das bringt Probleme für die Ermittler mit sich: „Zum Teil sprechen sie mich schon mit Vornamen an.“
Ähnlich sind die Schwierigkeiten der Bundespolizisten, die am Fernbahnhof Jagd auf die Taschendiebe machen. „Dass man sie in Uniform auf frischer Tat ertappt, ist fast unmöglich“, erklärt Polizeikommissarin Maike Alfert. Und doch: Manchmal verschafft ihr das geschulte Augen einen Vorteil im ständigen Wettlauf.
Aus unauffälliger Entfernung haben sie und ihr Kollege Peter Staas seit einiger Zeit eine Frau beobachtet, die sich auf den Bahnsteigen herumdrückt. Sie entschließen sich zur Kontrolle. Und treffen ins Schwarze: Nur eine Kopie eines Ausweises kann die Verdächtige vorzeigen — aber die reicht, um festzustellen, dass es sich um eine polizeibekannte Taschendiebin handelt.
Was sie denn am Bahnhof wolle? Nach Dortmund möchte sie, gibt die Frau an. Nur: Weder Ticket noch Geld hat sie bei sich. Für die beiden Bundespolizisten ist der Fall klar. Sie erteilen der Frau einen Platzverweis. Auch ein Erfolg, sagt Achim Berkenkötter von der Bundespolizei. Denn die Taschendiebe suchten sich ihre Opfer oft sorgfältig aus, erklärt er, näherten sich dann auf ein Zeichen in der Gruppe, erzeugten ein Gedränge, um dann die Geldbörse an sich zu bringen und durch mehrere Hände gleich verschwinden zu lassen.
„Wenn wir den ursprünglichen Dieb dann überprüfen, findet man die Beute oft gar nicht mehr, weil sie schon übergeben wurde“, so Berkenkötter. Ein Platzverweis ist zwar keine Festnahme. Aber diese Diebin wird zumindest für heute am Düsseldorfer Flughafen keine Beute mehr machen.