Düsseldorf Die Rettung des Eierkopfes nach zwei Flaschen Rosé-Wein
Festakt mit Pater Mennekes und Pfarrer Dölle in der Rochuskirche zum Jubiläum des Architekten Paul Schneider-Essleben.
Düsseldorf. Die Rochuskirche ist Düsseldorfs Religions- und Architekturtempel. Für Jesuitenpfarrer Friedhelm Mennekes ist sie der „radikalste Kirchenbau nach dem Zweiten Weltkrieg“. Von außen sei sie ein „Ur-Ei, in dem alle Schöpfungsprozesse auslaufen“. Im Innern symbolisiere sie die Dreifaltigkeit Gottes“. Mennekes, einer der kunstsinnigsten Theologen deutschlandweit, hämmerte es den Zuhörern auf präzise Weise ein, dass sie sich in einem Raum der Gottesverehrung befinden. Nach seiner Rede zum 100. Geburtstag ihres Erbauers Paul Schneider-Esleben musste er sich dennoch von einem Gemeindemitglied anhören, das Gebäude sei „etwas hohl“, „viel zu evangelisch“. Er könne in diesem Bau nichts Spirituelles entdecken. Mennekes verbesserte: „Es hat eine moderne Spiritualität.“
Mennekes, der ähnlich kompromisslos ist wie PSE, so die Abkürzung von Paul Schneider-Esleben, hatte sogar „teuflische Ideen“ parat: Man solle die altmodischen Kirchenbänke rausschmeißen. Man sollte die Kirche überhaupt von vielen Dingen befreien, die offensichtlich nachträglich ins Gebäude gekommen sind. Dazu gehören die plumpen Kirchenbänke, die nicht den grazilen Möbeln aus dem Entwurf entsprechen. Die Mariensäule wie Relikte aus dem 19. Jahrhundert, vor allem die störende, neumodische Orgel seien fehl am Platz. „Wir müssen zurück zum Punkt Null’, sagte er.
Die Rochuskirche hat in ihrer 60-jährigen Geschichte seit ihrer Fertigstellung immer wieder zu heftigen Auseinandersetzungen zwischen dem Architekten, den jeweiligen Pfarrern und der Erzdiözese Köln geführt. Eigentlich erst seit Pfarrer Heribert Dölle und dem soeben erst eingeführten Kaplan Heribert Lennartz ist sie in guten Händen. Dölle erwähnte die drei sich öffnenden Betonschalen der Kuppel. Während er sprach, strömte das Tageslicht ein, und der Pfarrer verwies dabei auf die Auferstehung Christi.
Auch von den anfänglichen Widerständen war die Rede, die sich offensichtlich bis heute fortsetzen. Der damalige Pfarrer Peter Dohr und der Architekt mussten sich erst zusammenraufen. Obwohl fast als Rundkirche emporsteigend, musste sich PSE fügen. Der Altar kam nicht in die Mitte, sondern rückte gen Osten an die Wand. Der Pfarrer bestand auf zwölf Rundpfeiler für die zwölf Apostel. Lediglich bis zum Rohbau führte PSE seine Ideen aus, die Einrichtung überließ er Ewald Mataré.
Anlässlich der Sanierung des Gebäudes in den 1980er Jahren gab es Krach zwischen Auftraggeber und Architekten, der beinahe zur Klage führte. Der damalige Pfarrer Herman-Josef Cleve wetterte auf den Architekten, hatte der doch eine derart dünne Spannbetondecke eingezogen, dass der Beton überall platzte. Daraufhin drang Wasser ein. Der rohe Stahl rostete. Der Makler Lutz Aengevelt, der schließlich die beiden Streithähne wieder zusammenbrachte, spricht davon, wie man nur noch mit einem Stahlhelm die Kirche betreten durfte. Cleve wollte PSE das Mandat entziehen, er hatte schon einen technisch versierten Architekten ins Auge gefasst. Nach der zweiten Flasche Rosé konnte die Vermittlung beginnen, der Pfarrer fügte sich dem Urheberrecht, und der Architekt fügte sich diversen Wünschen. Der „Eierkopf“, so Aengevelt, war gerettet.