Düsseldorf Drohende Abschiebung: Kirchengemeinde kämpft für irakische Christen

Nach der Taufe der kleinen Tochter droht einer Familie aus dem Irak die Abschiebung. Sie soll nun notfalls Kirchenasyl bekommen.

Foto: Nicole Gehring

Düsseldorf. Applaus in einem Gotteshaus ist selten. Am Sonntag war in der Altstadt-Pfarrgemeinde St. Lambertus vieles anders. Denn gerade hatte Stadtdechant Ulrich Hennes die drei Monate alte Mira Sophia getauft. Wenn es nach dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bamf) geht, soll das kleine Mädchen nicht in Deutschland aufwachsen, sondern zusammen mit den Eltern in den Nord-Irak abgeschoben werden. Denn von dort ist die Familie vor dem islamistischen Terror geflohen. Die Kirchengemeinde will das unbedingt verhindern. „Notfalls werden wir der Familie Kirchenasyl geben. Ich habe bereits mit dem Kirchenvorstand darüber gesprochen“, erklärte der Stadtdechant.

Foto: Nicole Gehring

Nach ihrer Ankunft in Deutschland waren Nassim Hiran (27) und die hochschwangere Lavenia Khorani (25) zunächst in einem Flüchtlingszelt in Unterrath untergekommen. Dort bekamen sie Kontakt zu Gemeindemitgliedern von St. Lambertus. Die kümmerten sich um das Ehepaar und brachten die beiden Ingenieure in einer Wohnung der Pfarrgemeinde unter. Als vor drei Monaten Mira Sophia zur Welt kam, schien alles auf einem guten Weg. Bis in der vergangenen Woche der Brief aus Nürnberg ankam. Der Asylantrag wurde abgelehnt, Eltern und das hier geborene Kind wurden aufgefordert, Deutschland in spätestens 30 Tagen zu verlassen.

„Der Nord-Irak gilt als sicheres Herkunftsland“, erklärte Ulrich Hennes. Obwohl dort Christen von Islamisten massiv bedroht werden. Lavenia Khorani hatte sich in ihrem ersten Gespräch bei der Behörde offenbar zu sehr an die Wahrheit gehalten. Die Ingenieurin berichtete, dass sie an ihrem Arbeitsplatz massive Probleme hatte und aufgefordert wurde, ihren christlichen Glauben aufzugeben. Esser: „Das wurde von dem Bundesamt als Mobbing gewertet, nicht aber als Grund für eine Flucht.“

Hennes nahm in der Messe kein Blatt vor den Mund: „Der Nordirak gehört zu den schlimmsten Gebieten in der Welt, in denen Christen verfolgt werden und jetzt sollen sie zurück. Das ist unglaublich und das nehmen wir auch nicht hin.“ Danach kündigte er an, dass die Kirchengemeinde hinter den drei Flüchtlingen stehen wird — und danach folgte der Applaus der Gottesdienstbesucher. Lavenia Khorani und Nassim Hirani waren sichtlich gerührt.

Das Kirchenasyl soll nur das letzte Mittel sein. Vorher werden alle rechtlichen Mittel ausgeschöpft, um die Abschiebung zu verhindern. Barbara Gladysch, Gründerin der Organisation „Mütter für den Frieden“, kümmert sich um die Drei, die sich am Montag von einem Rechtsanwalt beraten ließen. Gegen die Entscheidung soll so schnell wie möglich Einspruch eingelegt werden. So lange das Verfahren läuft, werden Mira Sophia und ihre Eltern, die nicht nur gut Englisch sprechen, sondern auch schon Deutsch gelernt haben, nicht in den Irak gebracht.

Wie Yvonne Bach, Sprecherin des Düsseldorfer Verwaltungsgerichtes, erklärte, hat die Familie gute Aussichten auf Erfolg: „In den Nordirak wird meist nur abgeschoben, falls besondere Umstände vorliegen. Wenn zum Beispiel Straftaten begangen wurden.“ Oder wenn die Flüchtlinge in ihrem Heimatland ein sicheres Umfeld haben. Bei Christen, die in dem Land seit Jahren verfolgt werden, ist das aber eher unwahrscheinlich. Zumal die Familie in Düsseldorf viele Verwandte hat.

Vor zehn Jahren hatte die Gemeinde St. Lambertus schon einmal für Schlagzeilen gesorgt. Damals hatte sie einer Mutter und vier Kindern, die aus dem damaligen Jugoslawien geflohen waren, Kirchenasyl gewährt. Nach langer Auseinandersetzung mit der Stadt wurde die Flüchtlings-Familie schließlich nicht in den Kosovo abgeschoben.