Am Abend der Wiedereröffnung Randale in der Düsseldorfer Altstadt am Pfingstwochenende

Düsseldorf · Volle Gassen in der Altstadt und Autokorsos auf der Kö – nach dem turbulenten Pfingstwochenende wollen sich Stadt und Polizei beraten.

Auf der Hunsrückenstraße herrscht Aufbruchstimmung um kurz vor 23 Uhr.

Foto: Anne Orthen (orth)/Anne Orthen (ort)

Angesichts neuer Vorfälle mit feiernden Menschenmassen auf der Kö und in der Altstadt werden die Rufe nach einem härteren Einschreiten der Polizei in Düsseldorf lauter. In der Nacht zu Pfingstmontag waren hunderte junge Menschen auf der Einkaufsstraße unterwegs.

Videos zeigen lange Schlangen hupender Autos, tanzende und johlende Jugendliche, die zeitweise die Straße blockieren, und in der Altstadt zahlreiche Besucher, die in den engen Gassen und am Rheinufer feiern. In der Nacht zu Samstag musste die Kurze Straße geräumt werden. Hier hatte sich „eine statische, dichtgedrängte Menschenansammlung gebildet, die sich auch nach Ansprache nicht von selbst auflöste“, hieß es von der Stadt.

„Wir wollen einen Polizeipräsidenten“, schrieb der Rechtsanwalt und Kö-Anlieger Peter Kluth am Montag im Einstieg eines viel beachteten Facebook-Beitrags, in dem er die Zustände beschrieb. „Bis
5 Uhr morgens hat der Mob in Massen komplett ungestört die Kö mit allen, wirklich allen Mitteln der Kunst terrorisiert“, schrieb Kluth, der bis 2018 ehrenamtlich als Geschäftsführer der städtischen Holding tätig war. Kluth dokumentiert in dem Facebook-Beitrag auch ein nächtliches Telefonat mit der Altstadtwache der Polizei. Sein Gesprächspartner dort habe ihm mitgeteilt, man könne nichts machen, da man zu wenig Leute habe, und das Thema könnten nur Stadt, Polizei und Land gemeinsam angehen. Kluth sagte über die Lage: „Das ist im Moment wahrscheinlich das größte Problem unserer Stadt.“ Kö und Rheinufer seien immerhin die Aushängeschilder von Düsseldorf.

OB Keller beruft Spitzengipfel
im Rathaus ein

Angesichts der Zustände hat Oberbürgermeister Stephan Keller (CDU) für Dienstag einen Spitzengipfel im Rathaus einberufen. Zusammen mit Polizeipräsident Norbert Wesseler soll am Nachmittag über die Lage beraten werden. Anschließend soll es ein gemeinsames Gespräch mit Vertretern der Dehoga und Altstadtwirten geben. „In der Altstadt und auf der Kö darf kein rechtsfreier Raum entstehen“, sagte der Oberbürgermeister am Montag. „Was wir gestern Nacht insbesondere auf der Königsallee erleben mussten, darf sich so nicht wiederholen. Hier sind wir dringend auf die Unterstützung der Polizei angewiesen. Das Land darf die Stadt in dieser schwierigen und explosiven Lage nicht alleine lassen.“

Polizeisprecher Andre Hartwich bestätigte die Situation am Wochenende. „Von der Apollowiese bis zum Fortunabüdchen, vom Unteren Rheinwerft bis zum Carlsplatz – der ganze Bereich entwickelt sich zum Hotspot.“ Am Freitagabend sei es zwar „voll, aber trotzdem unbeschwert“ gewesen. Vor allem in der Altstadt sei ein unauffälliges Publikum unterwegs gewesen. „Wir konnten gut mit den Leuten reden“, so der Polizeisprecher. Auch die Räumung der Kurze Straße verlief unkompliziert und friedlich.

Im Laufe des Wochenendes sei die Stimmung jedoch aggressiver geworden. Vor allem am Rheinufer hätten es die Einsatzkräfte mit einem Problempublikum – hauptsächlich jungen Männern – zu tun gehabt. Ein anderes Klientel seien die Autoposer, die mit ihren Wagen vorwiegend aus umliegenden Städten nach Düsseldorf kommen und auf der Kö unterwegs sind, am Sonntag hatte sich ein Autokorso gebildet. Diese Szene habe man mit einer eigenen Arbeitsgruppe, der AG Tuning, im Blick, sagte Andre Hartwich.

Problematisch sei für die Polizei am Wochenende jedoch die Fülle an Einsätzen gewesen. Ein tödlicher Unfall am frühen Sonntagmorgen und ein versuchtes Tötungsdelikt in der Nacht zu Montag hätten viele Beamte gebunden. „Wir machen das, was wir machen können, aber wir haben auch Prioritäten und das sind Menschenleben“, sagte Hartwich.

Strafverfolgung und Gefahrenabwehr stünden an erster Stelle, so wolle man vor allem Massenschlägereien und sexuelle Übergriffe in der Altstadt verhindern. Erst danach könne man sich um die Autoposer-Szene kümmern, die in Düsseldorf eben eine reine Poser- und keine Raserszene sei, wie der Polizeisprecher sagt.

Am Freitag war es aufgrund sinkender Inzidenzwerte in Düsseldorf erstmals nach fast sieben Monaten wieder erlaubt, die Außenbereiche von Kneipen und Restaurants zu öffnen. Viele waren am Wochenende ausgebucht. Einige Terrassen entsprachen der Stadt zufolge jedoch nicht den Abstandsregelungen der Corona-Schutzverordnung. Sie wurden aber nach Ansprache überwiegend
umgebaut.

Zudem nutzten offenbar viele Gäste den Wegfall der Ausgangssperre, um auch ohne Restaurantbesuch mal wieder in der Altstadt unterwegs zu sein. Vor allem jugendliche Besucher tranken Bier, das sie an den Büdchen in der Altstadt gekauft hatten. Einsatzkräfte von Polizei und Ordnungsamt waren in Doppelstreifen unterwegs. Besucherinnen und Besucher mussten zahlreich auf die Mindestabstände und die Maskenpflicht hingewiesen werden oder es wurden Ordnungswidrigkeiten geahndet.

Besonders nach 22 Uhr wurde die Stimmung jedoch „zunehmend uneinsichtiger“, heißt es von der Stadt. Ein Randalierer wurde in der Nacht zu Samstag festgenommen. „Wir freuen uns alle über die wiedererlangten Freiheiten und die Öffnung der Außengastronomie und wollen sie alle noch lange genießen können“, sagte Oberbürgermeister Stephan Keller. „Was nicht sein kann, ist dass dies von einigen – vor allem nach 22 Uhr – als Freibrief für alles genommen wird.“

Auch die Düsseldorfer FDP-Chefin Marie-Agnes Strack-Zimmermann meldete sich angesichts der Bilder zu Wort – sie hatte schon früher die Lage in der Altstadt scharf kritisiert. „Der Polizeipräsident muss jetzt eingreifen und auch der Oberbürgermeister muss aktiv werden, denn so geht es nicht weiter“, sagte Strack-Zimmermann. „Wenn man sich jetzt nicht dagegen wehrt, werden hier noch viel mehr Leute auflaufen.“

Natürlich könne man nicht die ganze Innenstadt sperren und wolle das auch gar nicht. „Aber es muss Polizei da sein und dafür sorgen, dass die Menschen sich angemessen benehmen und kein rechtsfreier Raum entsteht.“

Bereits im vergangenen Sommer war es zu ähnlichen Szenen in der Altstadt gekommen – die Freitreppe am Burgplatz musste immer wieder geräumt werden, weil sich dort trotz der Corona-Regeln zu viele Menschen versammelt hatten. Die Freitreppe ist in diesem Jahr allerdings seit Wochen gesperrt.