Ausstellung in Düsseldorf Der fabelhafte Behrensbau
Düsseldorf · Er war Firmenzentrale von Mannesmann sowie Sitz von französischen und britischen Regierungsstellen: Die politische, wirtschaftliche und architektonische Bedeutung des Behrensbaus beleuchtet jetzt eine Ausstellung.
Im Behrensbau am Mannesmann-Ufer kreuzen sich die großen Linien der lokalen, deutschen und internationalen Geschichte. Anschaulich macht dies jetzt in dem Sandstein-Bau eine absolut empfehlenswerte Ausstellung: Die edle Holztür aus dem Vorstandsbüro des Mannesmann-Konzerns ist darin ebenso zu sehen wie die Gemälde der ersten beiden NRW-Ministerpräsidenten, die hier residierten, und die Puppe, welche die damals 13-jährige Yussar auf ihrer Flucht von Syrien nach Deutschland bei sich trug. Sie brachte sie mit in den Behrensbau, wo 2015 bis 2017 eine Notunterkunft für Geflüchtete untergebracht war.
An diesem Ort das Haus der Geschichte von NRW einrichten zu können, ist für das Präsidium der Stiftung ein Vorzug. 2025 startet der auf vier Jahre datierte Umbau des Gebäudes zum Landesmuseum, bis dahin können in der ersten Etage, wo auch später die Wechselschauen gezeigt werden, Ausstellungen stattfinden. Bis zum 5. November geht es nun um das geschichtsträchtige Gebäude und seinen Erbauer selbst – und wie gut diese Wahl ist, zeigt sich schnell bei der Betrachtung der 144 Objekte und mehr als 100 Fotos. Denn hier geht es nicht nur um Geschichte, Politik und Wirtschaft, sondern auch um Design.
Peter Behrens war ein Universalgestalter. Er plante für Mannesmann die 1910 bis 1912 errichtete Firmenzentrale am Rhein, war aber von Hause nicht Architekt, sondern Künstler. Er leitete die Düsseldorfer Kunstgewerbeschule und gilt als einer der Väter des Industriedesigns. Er war, obgleich es den Titel noch gar nicht gab, Chefdesigner der AEG, gestaltete ihr Logo wie das von Mannesmann. Beide sind in der Schau zu sehen, zudem zahlreiche Fotos von Fabriken und Bürogebäuden, die Behrens entwarf, ebenso von ihm gestaltete Produkte von Uhren über Wasser- und Teekocher bis zum Klingelschild mit Perlmuttknöpfen.
„Der Behrensbau ist 20 Jahre vor dem Bauhaus schon Bauhaus“, stellt Heinrich Theodor Grütter, Mitglied des Präsidiums Stiftung Haus der Geschichte, die besondere Bedeutung des Hauses und seines Planers heraus. Die vielen Fenster in der Rasterfassade machten eine flexible Raumgestaltung bei steter natürlicher Belichtung möglich – die Gegenwart lässt grüßen. Bei Behrens arbeiteten einige junge Architekten, die später selbst Ikonen der Architektur werden sollten: Walter Gropius, Mies van der Rohe (er soll das Treppenhaus entworfen haben) und Le Corbusier.
Dann natürlich: Mannesmann. Krupp bringt mit seinen nahtlosen und damit bruchsicheren Eisenbahnradreifen die Welt in Bewegung, die Mannesmänner machen mit nahtlosen Walzstahlrohren global Karriere. Davon zeugen in der Schau Rohre, Laternen und Fotos etwa aus La Plata, wo 1907 Rohrleitungen verlegt werden. Noch beeindruckender ist eine Aufnahme von circa 1910: vorne ein Oberleitungsmast Marke Düsseldorf, hinten die Pyramiden. Die Nazi-Zeit hätte intensiver beleuchtet werden können, räumt Grütter ein, zu sehen ist immerhin das Geschenk des Düsseldorfer NS-Oberbürgermeisters Carl Haidn von 1940 zum 50-jährigen Firmengeburtstag: Ein Teil des Rheinufers wird in Mannesmann-Ufer umbenannt, natürlich im Einvernehmen mit der NSDAP, wie die Urkunde verrät.
Die Schau dokumentiert auch das Ende des Düsseldorfer Konzerns. Anzeigen aus der Zeit der Übernahmeschlacht mit Vodafone sind zu sehen. Der letzte Vorstandschef Klaus Esser hat sich für die Ausstellung sogar bei einem Statement filmen lassen.
Vielen dürfte nicht bewusst sein, dass der Behrensbau wiederholt ein bedeutender politischer Schauplatz war. 1923 besetzen französische Soldaten das Gebäude und organisierten von hier aus die Ruhrbesetzung. Nach dem Zweiten Weltkrieg hatte die britische Militärregierung hier ihren Hauptsitz. 1946 durfte die erste nordrhein-westfälische Landesregierung einziehen. Ab 1953 kam wieder Mannesmann zu Ehren. Vodafone ließ das Mannesmann-Logo über dem Haupteingang abnehmen, was erlaubt war, denn unter Denkmalschutz stehen nur die Fassade und das zweite Geschoss, wo der Vorstand saß.