Schwerer Unfall in Düsseldorf Auto fährt in Gruppe von Schülern
Update | Düsseldorf · Zum dritten Mal wurden Kinder verletzt, die bei Grün die Straßenseite wechseln wollten. Der Fahrer soll „rücksichtslos überholt“ haben.
Zum dritten Mal innerhalb weniger Tage sind in Düsseldorf Kinder an grünen Ampeln angefahren worden. Am Mittwochmorgen ist ein 35-Jähriger mit seinem Mercedes in Benrath in eine Schülergruppe gefahren – vier Kinder und ein Vater wurden zum Teil schwer verletzt. Der Unfall ereignete sich laut Polizei gegen 7.40 Uhr an der Ecke Hildener und Humperdinckstraße. Die elf und zwölf Jahre alten Kinder waren auf dem Weg zur Schule und wechselten bei Grün die Straßenseite. Offenbar überholte der Autofahrer trotz unklarer Verkehrslage einen anderen Wagen, wie ein Polizeisprecher sagte. Dabei soll er dann die rote Ampel übersehen haben. Vermutlich auch, weil die Sonne tief stand und ihn blendete.
Die Polizei geht von einem Unfall aus, Hinweise auf ein absichtliches Manöver gebe es nicht. Es sehe aber so aus, als habe der 35-Jährige mit seinem Sportwagen „rücksichtlos überholt“, so ein Sprecher. Es besteht der Verdacht eines gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr und der fahrlässigen Körperverletzung. Die Polizei hat den Führerschein sichergestellt.
In Schüler-Gesprächen war Kollision beherrschendes Thema
Am Mittwochnachmittag waren an der Unglücksstelle keine Einsatzkräfte mehr zu sehen, weiße Markierungen auf der Fahrbahn bleiben aber als Spuren des Unfalls. In den Gesprächen der vorbeilaufenden Schülergruppen war die Kollision das beherrschende Thema. Viele der Mädchen und Jungen überquerten nach Schulschluss eben jene Ampel, einige von ihnen blickten auf die Kreidemarkierungen der Polizei. Die vier verletzten Kinder besuchen alle das Annette-von-Droste-Hülshoff-Gymnasium, wo der Unfall für Betroffenheit sorgt. Die Schülerinnen und Schüler seien informiert worden und „hatten Gelegenheit, das Erlebte in Gesprächen untereinander und mit ihren Klassenleitungen aufzuarbeiten“, teilte Schulleiterin Martina Weiß schriftlich mit. „Auch die Schulpsychologie und Notfallseelsorger waren vor Ort.“ Solche Angebote werde es auch in den nächsten Tagen geben. Wichtig sei, den Schülern den in einer solchen Situation wünschenswerten geschützten Raum der Schulgemeinschaft zu bieten. Die Lehrkräfte würden besonderes Augenmerk auf die Betroffenen haben. „Eltern können sich bei Informationswünschen an mich wenden.“
Auch in den umliegenden Schulen sorgt der Unfall für Debatten. Philipp Radermacher, Leiter des Gymnasiums an der Koblenzer Straße, umtreibt das Thema schon lange. „Ich sehe im Düsseldorfer Süden bei der Schulwege-Sicherheit großen Handlungsbedarf“, sagte er. Um auf der Theodor-Litt-Straße die Chancen für eine Nachbarschaftszone mit Schrittgeschwindigkeit zu erhöhen, hatte er sich unlängst an die Stadt gewandt. Auch gezielte Kontrollen zur Stoßzeit morgens vor acht hält der Pädagoge für sinnvoll. „Alles, was hilft, solche tragischen Unfälle unwahrscheinlicher zu machen, würde ich begrüßen“, sagte Radermacher.
Neun Mal kam es im vergangenen Jahr in Düsseldorf zu Zwischenfällen auf Schulwegen – die Zahl der diesjährigen Schulwegunfälle ist nun auf sieben gestiegen. Vor der Corona-Pandemie lagen die Zahlen deutlich höher, 2018 waren es noch 66 Unfälle mit Schülern. Die Befürchtung vieler Verkehrsexperten ist, dass die Zahlen wieder auf ein Vor-Corona-Niveau steigen könnten. Innerhalb weniger Tage gab es nun drei Unfälle mit verletzten Kindern, die alle ähnlich abliefen. Vergangene Woche wurde in Unterbilk ein neun Jahre alter Junge auf dem Schulweg von einem Auto erfasst, als er eine Straße bei Grün überqueren wollte. Nur einen Tag später wurde ein 13-jähriges Mädchen in Bilk angefahren und leicht verletzt. Auch sie war bei grüner Ampel auf die Fahrbahn gelaufen. In beiden Fällen fuhren die Fahrer weiter, ohne sich um die verletzten Kinder zu kümmern.
Für eine Großstadt seien die Unfallzahlen noch verhältnismäßig „gut“, sagt Simon M. Höhner von der Verkehrswacht Düsseldorf. Am häufigsten führe Fehlverhalten zu Kollisionen, vor allem von den stärkeren Verkehrsteilnehmern. Sie tragen aus seiner Sicht zugleich die größere Verantwortung. „Autofahrer müssen vorausschauend fahren und damit rechnen, dass Kinder mal Fehler machen.“ In allen drei Fällen, die seit den Sommerferien passiert sind, hätten sich die Kinder aber richtig verhalten – sie wollten die Straße an einer grünen Ampel überqueren. Der Fehler liege eindeutig bei den Autofahrern.
Die SPD-Fraktion hatte bereits angekündigt, das Thema sichere Schulwege im Rat einzubringen. Man wolle die Verwaltung damit beauftragen, ein Gesamtkonzept zu erstellen, sagte Ratsherr Martin Volkenrath. „Wir können diese Aufgabe nicht den Schulen überlassen.“ Mögliche Maßnahmen seien mehr Tempo-30-Zonen und veränderte Parkmöglichkeiten. Auch die Grünen hatten 2021 bereits auf Bezirksebene in mehreren Gremien Anträge zu sicheren Schulwegen gestellt.