Hochhaus in Düsseldorf So will das Apartment-Haus „Zipper“ Luxus-Hotels Konkurrenz machen
Düsseldorf · 168 Wohnungen zur Kurzzeitmiete, darunter ein Ärztezentrum: Das Heerdter Hochhaus wird zur neuen Konkurrenz für Luxus-Hotels.
Um dieses Gebäude zu verstehen, fährt man am besten direkt in die 19. Etage – ganz nach oben. Mehr als 70 Meter über der Stadt und von der linken Uferseite aus betrachtet sieht der sonst so rasante Rhein aus wie ein blauer Binnensee. „Wer zu uns kommt“, sagt Tobias Oberdieck, „der will sich zurückziehen.“ Der 38-Jährige steht auf der Dachterrasse des Gebäudes, das offiziell RKM740 heißt, benannt nach dem Rheinkilometer da unten. Er und sein 31-jähriger Geschäftspartner Otto Konstantin Lindner aber nutzen für ihr Vorhaben einen anderen Namen: „The Zipper“.
Die Inspiration liefert die Fassade selbst. Das Gebäude besteht aus tausenden weißen Aluminium-Elementen, die an Zähne eines Reißverschlusses erinnern. Sie halten die übereinander gestapelten Geschosse zusammen und öffnen sich im obersten Stockwerk Richtung Rhein zu Fenstern, die vom Boden bis zur Decke mehr als zwölf Meter messen. „Hier entsteht Düsseldorfs exklusivste Penthouse-Wohnung“, sagt Lindner. 450 Quadratmeter groß, mit Wendeltreppe zur Dachterrasse und eigenem Wellnessbereich. Wer hier wohnen will, zahlt fünfstellig im Monat. „Aber das ist für uns nur die Kirsche oben drauf“, sagen die beiden Männer. „Das Geld müssen wir mit den Etagen fünf bis 17 verdienen.“
Dort bauen Oberdieck und Lindner mit ihrem Unternehmen „Hospitality X“ insgesamt 168 Wohnungen aus, die Ende Oktober fertig und danach vermietet werden. Mindestens für eine Nacht, maximal für ein halbes Jahr. „Serviced Apartments“ nennt sich dieses Konzept – wenn man so will eine Mischung aus Hotel und professioneller Airbnb-Unterkunft. Der Check-in ist ab dem 1. November möglich und läuft ohne Personal ab. „Hospitality X“ hat nur sieben Beschäftigte, die sich vom zweiten Stock des Gebäudes um die Vermietung kümmern. Es gibt keine Bar, kein gastronomisches Angebot. Stattdessen hat jedes Zimmer eine Küche, „damit sind unsere Gäste viel flexibler“, sagt Oberdieck.
Im Kern sollen internationale Gäste angelockt werden
Die kleinsten Wohn-Einheiten messen 22 Quadratmeter, sind also in etwa so groß wie ein Zimmer in gehobenen Hotels mit vier oder fünf Sternen. Die größte Unterkunft hat 65 Quadratmeter, dann hat das Badezimmer auch eine Wanne und es gibt gleich zwei Balkone. Die Preise (siehe Infobox) variieren in Abhängigkeit der Nachfrage. Auf der Buchungsplattform Booking.com beginnt die angebotene Bandbreite bei 160 Euro pro Nacht. Aber warum sollte jemand hier in Heerdt einchecken, statt zum gleichen Preis ein Zimmer in einem der zahlreichen zentralen Hotels zu beziehen?
Fragt man Oberdieck und Lindner, enthalten die Antworten viele englische Modewörter: „der Community-Gedanke“, „die Verbindung mit Healthcare“, „das Arbeiten im Co-Working-Bereich“. Im Kern soll das Konzept internationale Gäste anlocken, die zwar allein reisen, sich dabei aber nicht einsam fühlen wollen.
In der 13. Etage gibt es eine Sauna, einen gemeinsamen Ess-Bereich und einen Arbeitsplatz für alle. Und auch das Fitness-Studio soll die Bewohner des Hauses zusammenschweißen. Neben dem luxuriösen Wohnheim-Flair und der Küche auf den Zimmern gibt es aber noch einen weiteren Unterschied zu gehobenen Hotels.
In den unteren fünf Etagen des Gebäudes bieten etwa ein Dutzend Ärzte ihre Dienste an. Operationen, plastische Chirurgie, Wirbelsäulen-Untersuchung, Urologie, Kardiologie, Hals-Nasen-Ohren-Heilkunde, Zahnmedizin, Radiologie und Onkologie – also im Prinzip alles, was das Herz und der gesamte Körper begehren.
Das Reißverschluss-Gebäude verbindet also Wohnen mit Wohlbefinden. Und genau das locke schon jetzt eine ganze Menge Menschen an, erzählen die Gründer.
Damit sich ihr Vorhaben lohnt, müssen zwei von drei Wohnungen dauerhaft gebucht sein. „Im November schaffen wir das schon“, sagt Otto Konstantin Lindner. Neben Gästen der internationalen Medizintechnik-Messe Medica gebe es auch Anfragen von umliegenden Unternehmen, die ihre Mitarbeiter unterbringen möchten.
Tobias Oberdieck zeigt mit dem Finger in die Weite und zählt auf: „Huawei, Vodafone, ZTE. Mit denen vereinbaren wir Rahmenverträge und geben ihnen eine spezielle Rate.“ Die Rückmeldung der Geschäftskunden sei, dass die Beschäftigten statt eines klassischen Hotelbuffets lieber eine Frühstücks-Box fürs Zimmer haben wollen, um dort selbst zu essen. „Und danach richten wir uns auch“, sagt Oberdieck.
Er und Otto Konstantin Lindner kennen sich von der Lindner Hotelgruppe. „Die letzten zehn Jahre habe ich für Ottos Papi gearbeitet.“ Oberdieck baute die junge Marke „Me and All“ auf, während Lindner junior als Berater für die Deutsche Bahn in Los Angeles war.
Während der Corona-Pandemie entstand die Gründungsidee, mit der sie den Eigentümer des Gebäudes – den Entwickler Jörg Richard Lemberg – überzeugten. Bis zur Fertigstellung müssen die beauftragten Schreiner noch in jede Wohnung, um die Möbel einzubauen. Fünf Millionen Euro kostet der Innenausbau insgesamt.