Historisches aus Düsseldorf Die Geschichte eines Friedhofs

Eller · Rauchen und Reiten verboten, eine Sonderzone für Selbstmörder und Kinderwagen nur mit Ausnahmegenehmigung: Der Historiker Ulrich Brzosa hat die bewegte und oft skurrile Vergangenheit des Friedhofes Eller aufgeschrieben.

Als der Friedhof Eller am Werstener Feld 1907 freigegeben wurde, war er 2,75 Hektar groß. Nach zahlreichen Erweiterungen misst er heute 19 Hektar.

Foto: Marc Ingel

Ein Friedhof ist ja in der Regel ein Ort der Ruhe, sprichwörtlich sogar der letzten. Es ist aber meist auch ein Ort der Schönheit, denn alles ist sehr gepflegt, es blüht in vielen Farben. Aber natürlich hat ein Friedhof auch eine Geschichte. Der Historiker Ulrich Brzosa hat eine davon aufgeschrieben, die des Friedhofs in Eller am Werstener Feld, und daraus für die Eller Stadtteilaktivisten eine Broschüre erstellt. Sie erzählt natürlich von Tod, aber auch von Skurrilitäten – und einer Familiengeschichte.

Und wie das bei Geschichten nun mal so ist, gibt es auch eine Vorgeschichte, denn alles hat einen Anfang und davor hat es ja auch schon Tote gegeben. Die aus Eller mussten bis 1775 in Gerresheim begraben werden, bis Kurfürst Karl Theodor die Anlage eines Friedhofes nahe der Gertrudiskapelle vor Haus Eller (heute Heidelberger Straße 30b) gestattete. Später „wanderte“ der Friedhof zum Kikweg (heute Schulsportplatz), mit dem Bau der Gertrudiskirche wurde 1831 ein neues Grabfeld an der oberen Ellerkirchstraße (jetzt ein Spielplatz) in Gebrauch genommen. Der heutige Eller Friedhof am Werstener Feld ist seit 1907 in Nutzung.

Das Begräbnis der Vinzentinerin Schwester Balduina aus dem Luisenheim im Jahr 1959.

Foto: Ulrich Brzosa/Archiv Brzosa

Kommune stellte ein Budget von 13 000 Mark zur Verfügung

„Um 1850 lebten in Eller rund 1000 Menschen. Als im benachbarten Lierenfeld und Oberbilk im letzten Drittel des 19. Jahrhunderts immer mehr Fabrikschlote rauchten und für die zuziehende Bevölkerung über die Grenzen der Stadt Düsseldorf hinaus Wohnraum geschaffen werden musste, wurde aus der etwas behäbigen Landgemeinde Eller eine aufblühende Vorstadt“, erläutert Brzosa. So wurden es bis 1909, dem Jahr der Eingemeindung nach Düsseldorf, 10 130 Einwohner, die in Eller lebten – und dann halt irgendwann auch mal starben.

1906 erhielt der Derendorfer Gartenarchitekt Reinhold Hoemann den Auftrag, im Grenzgebiet von Eller und Wersten einen neuen Friedhof zu planen. Zur Ausführung stellte die Kommune immerhin ein Budget von 13 000 Mark zur Verfügung. Der Gemeindebaumeister Max Heimrath baute zudem einen Schuppen für den Fuhrpark und ein Gewächshaus. 1907 konnte der neuzeitlich gestaltete Friedhof in Betrieb genommen und gesegnet werden.

Kinder durften den Friedhof nur in Begleitung Erwachsener betreten. Rauchen, Fahren (auch mit Fahrrädern), Reiten und das Mitführen von Hunden war strengstens verboten, ebenso „das unbefugte Abpflücken von Blumen von den Gräbern und Anpflanzungen“. Kinderwagen durften nur mit besonderer Erlaubnis der Aufsichtsbeamten mitgeführt werden. Das „Feilbieten von Waren aller Art“ und das Verteilen von Druckschriften – außer Totenzetteln – war ebenso untersagt.

Klara von Krüger im Kreis ihrer vielen Pflegekinder um das Jahr 1930

Foto: Ulrich Brzosa/Archiv Brzosa

Die Einteilung des Friedhofs mutet heute etwas morbide an: Die Grabfelder A bis E konnten von der katholischen Kirchengemeinde, die Felder F bis I von der evangelischen Gemeinde genutzt werden. Bei so genannten Mischehen mussten die Angehörigen einen Antrag auf Ausnahme stellen. Es gab eine ungesegnete Sonderzone, das Feld K diente zur Beerdigung von Selbstmördern oder Totgeburten, denen das kirchliche Begräbnis verweigert wurde.

Und dann gibt es da noch eine kleine Geschichte am Rande, die allen strengen Regularien von damals aushebelte: Am 19. Juni 1906 genehmigte der Eller Gemeinderat den Verkauf von zwölf Privatbegräbnisplätzen am Kreuzweg für 1200 Mark an die Eheleute Klara und Hermann von Krüger. Die letzten Bewohner von Haus Eller waren kinderlos, unterhielten ein Kinderheim in der alten Vikarie am Straußenkreuz (heute Klara-von-Krüger-Haus) und beschäftigten im Schloss eine Vielzahl von Hausbediensteten. Entgegen der Bestimmung, dass nur direkte Familienangehörige in einem Privatgrab bestattet werden durften, erfolgte der Verkauf der Gräber mit der Berechtigung, „daß außer den in der Begräbnisordnung aufgeführten auch sämtliche zum Haushalt gehörenden Personen – namentlich Kinderschwestern, Gärtner und deren Angehörige sowie die in Pflege befindliche Kinder – in diesen Gräbern beigesetzt werden dürfen“.