Renommierte Auszeichnung Forschung zu „grünem Stahl“

Düsseldorf · Europäischer Forschungsrat stellt 4,2 Millionen Euro für besondere Projekte am Max-Planck-Institut und der Heine-Uni bereit.

Martin Lercher leitet die Arbeitsgruppe Computergestützte Zellbiologie.

Foto: HHU / Christoph Kawan

Am Max-Planck-Institut für Eisenforschung (MPIE) und an der Heinrich-Heine-Universität (HHU) ist man auf den Erfolg stolz – und das zu Recht: Der Europäische Forschungsrat (ERC), der 2007 von der Europäischen Union gegründet wurde und die wichtigste europäische Förderorganisation für exzellente Pionierforschung ist, fördert mit 4,2 Millionen Euro zwei Projekte.

MPIE-Direktor Dierk Raabe erhält für sein Projekt „Reduzierung von Eisenoxiden mit Wasserstoffplasma, anstelle von Kohlenstoff“ 2,5 Millionen Euro. Sie ermöglicht es dem Professor, seine Grundlagenforschung zu intensivieren, um den effizientesten und nachhaltigsten Weg zur Herstellung von „grünem“ Stahl zu finden und damit gigantische Mengen an Emissionen im schnell wachsenden globalen Metallurgiesektor zu vermeiden. Der gesamte Stahlherstellungsprozess könnte auf Basis dieser Forschung kohlenstofffrei werden, wenn der Wasserstoff und der Strom aus nachhaltigen Quellen stammen und im Elektrolichtbogenofen kein Graphit verwendet wird. 

Dierk Raabe forscht zur grünen Stahlerzeugung.

Foto: Frank Vinken, Max-Planck-Gesellschaft

„Die globale Stahlindustrie ist der größte Einzelverursacher von Treibhausgasen und verantwortlich für acht Prozent der weltweiten Kohlendioxidemissionen. Stellen Sie sich vor, welche Auswirkungen es hätte, wenn wir diese Emissionen um 80 Prozent oder noch mehr reduzieren könnten“, sagt Raabe. Das Forschungsprojekt sei eine große Herausforderung, denn es erfordere „tiefe Einblicke in die zugrunde liegenden Mechanismen, um eine 3500 Jahre alte Industrie innerhalb weniger Jahre neu zu erfinden“. Er und sein Team werden Laboröfen, Charakterisierung auf atomarer Ebene sowie Simulations- und maschinelle Lernmethoden nutzen, um die Mechanismen und Grundlagen von Transport, Keimbildung, Phasenumwandlung und Verunreinigungen zu untersuchen, um nur einige Arbeitsschritte zu nennen.

Das Innere eines Lichtbogenofens am MPIE: Das helle Licht in der Mitte zeigt das geschmolzene Eisenoxid. Das umgebende grünliche Licht zeigt das Wasserstoffplasma. Das Projekt "ROC" zielt darauf ab, Stahl in einem einzigen Schritt mit Wasserstoffplasma anstelle von Kohlenstoff herzustellen.

Foto: Max-Planck-Institut für Eisenforschung GmbH

Über ein „Advanced Grant“ in Höhe von mehr als 1,7 Millionen Euro kann sich auch Professor Martin Lercher vom Institut für Informatik der HHU freuen. Seine Arbeitsgruppe will, basierend auf biochemischen und physikalischen Prinzipien, ein Computermodell entwickeln, mit dem unterschiedliche Umwelteinflüsse auf die Pflanzenphysiologie und -fitness modelliert werden können. Dabei werden Pflanzenanatomie, Wassertransport, Photosynthese und der Stoffwechsel der Pflanzen berücksichtigt.

Mathematisch gesehen wird das Modell Wärmebilanzen sowie die Bilanzen von Stoffwechselprodukten (Metaboliten) und Wasser in verschiedenen Pflanzenorganen und in den Kompartimenten der Blattzellen umfassen. Die Netto-Kohlendioxid-Fixierung pro Bodenfläche über mehrere Tage hinweg wird als Maß für die evolutionäre Fitness verwendet. Je mehr Biomasse eine Pflanze bilden kann, desto besser geht es ihr. Für unterschiedliche Kombinationen aus Klima und Bodenbeschaffenheit – zum Beispiel im Hinblick auf enthaltene Mineralien, Nährstoffe und den Wassergehalt – schätzt dann das Modell die Fitness der Pflanzen ab. „Diese rein aus der Physik und Chemie der Pflanze abgeleitete Fitness wird es uns ermöglichen, die Evolution und auch das Vorherrschen verschiedener Pflanzentypen in bestimmten Lebensräumen zu klären“, sagt Professor Lercher.

Mit dem Computermodell will das Team der HHU-Bioinformatiker den Evolutionsprozess hin zur „CAM-Photosynthese“ (CAM steht für Crassulaceen-Säurestoffwechsel) simulieren, wobei sie sowohl Wüstenpflanzen als auch Epiphyten (auf anderen Pflanzen lebende Gewächse wie Orchideen) berücksichtigen. Zudem werden Evolutionspfade in Richtung CAM-Photosynthese und zur Sukkulenz – einer weiteren Anpassungsform an ein trockenes und heißes Klima – simuliert. Die Forschung will auch Antworten geben auf den fortschreitenden Klimawandel und die daraus resultierenden Herausforderungen für die Landwirtschaft. Man wolle vorhersagen, „welche spezifischen Pflanzen für bestimmte – auch zukünftige – Klimate besonders und welche weniger geeignet sind. Hiermit können wir Strategien für die Entwicklung neuer Pflanzen vorschlagen, die resistent gegen immer häufiger auftretende Dürreperioden sind.“