Einzelhandel in Düsseldorf Gerresheim verliert ein weiteres Traditionsgeschäft
Düsseldorf · Die Benderstraße verliert ein Unikum: Die Foto-Drogerie Hillesheim / Behr schließt im Mai nach fast 100 Jahren. Hier gibt es neben Passfotos und Kosmetik auch Produkte, die sonst keiner führt. Ein Nachfolger war nicht zu finden.
Es gibt ja manchmal Läden, die spiegeln eine längst vergangene Zeit wider, weil dort Dienstleitungen angeboten und Artikel verkauft werden, die nach heutigem Verständnis irgendwie nicht zusammenpassen. Passfotos und Kosmetik zum Beispiel, dazu Mützen, Schals und Holzpflegeprodukte. Und wenn man dann noch mal weiter zurückblickt, standen in den Regalen einst auch noch Babynahrung, selbstgebrannte Liköre, Lebertran und Lacke. Der Salmiakgeist wurde sogar noch per Hand abgefüllt. Genauso ein Laden ist Hillesheim / Behr an der Benderstraße. Die bisherige Beschreibung erinnert – mit Abstrichen – an eine Drogerie. Und das kommt der Wahrheit sogar ziemlich nahe – allerdings mit der Fotografie als einem wichtigen Schwerpunkt.
Gegründet 1928 wird das Geschäft inzwischen in der dritten Generation von Enkel Torsten Behr geführt. Das 100-Jährige wird die Foto-Drogerie allerdings nicht mehr erleben, denn Behr wird im Mai für immer schließen. „Ich habe versucht, einen Nachfolger zu finden, das ist mir nicht gelungen“, sagt der ausgebildete Fotograf, dessen Wunsch, zu seinem ursprünglich Metier zurückzukehren, irgendwann einfach zu groß wurde. Denn auch wenn er vom Pass- über das Bewerbungs- bis hin zum Porträtfoto seine eigentliche Stärke anfangs sehr gut in den Geschäftsablauf dieser in ihrer Konstellation einmaligen Drogerie integrieren konnte, haben ihm Digitalfotografie und Handykameras doch irgendwann den Rang abgelaufen.
„Das Kreative hat mir dann gefehlt“, begründet Behr den Schritt, sich nun mit einem Foto-Onlineshop selbstständig zu machen. Das Risiko ist überschaubar, das Haus an der Ecke Benderstraße/Dornaper Straße gehört Behr. Und er hat sogar schon einen neuen Pächter für das Ladenlokal im Erdgeschoss. Wer es wird, will Behr aber noch nicht verraten.
Natürlich ist es inzwischen schwer geworden, mit so einem Fachgeschäft, das mit seiner Produktpallette eher eine Nische besetzt, gegen die großen Drogerieketten, die auch auf der Benderstraße vertreten sind, mitzuhalten. „Dennoch gab es bis zuletzt immer Kunden, die zu uns kamen, weil sie ein bestimmtes Produkt eben nur bei uns bekommen konnten“, erzählt Behr. Renuwell-Möbelpflege, Hagerty-Silberputz, Original Wiener Kalk und feste Schmierseife zum Beispiel. Bis in die 1970er Jahre war das alles noch anders, als es noch kein DM, Rossmann oder Schlecker (auch schon wieder lange her) gab.
„In den Anfangssjahren, als mein Opa hier eröffnet hatte, gab es im weiteren Umfeld sogar hunderte Drogerien, jede mit ihrem eigenen Schwerpunkt“, hat sich der 57-Jährige berichten lassen. Der Vater hat das Geschäft dann von Behrs Großvater in den 1960ern übernommen, auch die Mutter hat damals noch mitgearbeitet – so wie damals die Oma und heute die Schwester. 2008 wurde Torsten Behr dann Chef in dem Familienunternehmen. Doch als die Fotografie-Sparte immer kleine wurde, hat er gemerkt: „Die Lebensqualität leidet, wenn du etwas machst, hinter dem du nicht mehr zu 100 Prozent stehst.“
Dennoch hat er bis zuletzt immer wieder versucht, neue Ideen einzubringen, die oftmals sehr lokal geprägt waren: So hat er den Gerresheimer Glasturm im Miniaturformat aus Acryl mit LEDs geschaffen, die sogar die Farbe wechseln. Ganz ähnlich konzipiert war der Rheinturm, „aber da gab es Lizenzprobleme“, so Behr. Nun versucht das Team mit drei Angestellten, Laden und Lager leer zu bekommen.
Nach Ostern beginnt der Räumungsverkauf, am Pfingstsamstag ist definitiv Schluss. Behr bedauert das alles natürlich schon ein wenig, dennoch freut er sich bereits auf die Zeit, mit Laserdruck oder T-Shirt-Grafik neue kreative Ideen ausprobieren zu können.
Und so verliert Gerresheim ein weiteres seiner traditionsreichen Fachgeschäfte. Dennoch glaubt Torsten Behr, dass die Benderstraße funktioniert. „Sie hat durch den Umbau auf jeden Fall gewonnen. Und der Branchenmix stimmt
auch.“