Protest in 40 Meter Höhe Wie Greenpeace dem Gaskonzern Uniper aufs Dach stieg

Update | Düsseldorf · Aktivisten erkletterten die 40 Meter hohe Zentrale des Gaskonzerns – erst nach siebenstündigem Großeinsatz war der Protest vorbei.

Aktivisten der Umweltschutz-Organisation Greenpeace an der Fassade der Uniper-Zentrale im Hafen: Um sechs Uhr am Donnerstagmorgen kletterten zwölf Menschen das Dach und das Foyer hoch, um zu protestieren.

Foto: Maximilian Nowroth

Es ist sechs Uhr früh am Donnerstag, als die Konzern-Zentrale von Uniper zur Kulisse eines spektakulären Protests wird: Aktivisten der Umweltschutzorganisation Greenpeace klettern das 40 Meter hohe Gebäude im Hafen hoch, um ein riesiges Plakat abzurollen. Die Botschaft: „Gas zerstört!“ Zeitgleich gehen weitere Aktivisten in das Gebäude, klettern im Atrium bis zum siebten Geschoss hoch und tauschen zwei blaue Uniper-Banner gegen gelbe Greenpeace-Fahnen. Die Aufschrift: „Wale leiden auf Staatskosten!“

Gegen 6.30 Uhr kommt die Polizei – mit einem Großeinsatz. Über dem Gebäude kreist ein Hubschrauber, Dutzende Beamte sperren mit mehreren Mannschaftswagen und Motorrädern die Straße ab. Feuerwehrleute blasen ein großes Luftkissen im Atrium von Uniper auf, falls jemand aus luftiger Höhe abstürzen sollte. Sondereinsatzkräfte der Polizei erklimmen das Dach, um sich ebenfalls an der Fassade abzuseilen.

Erst um 13 Uhr sind alle Aktivisten aus dem Gebäude entfernt

Nach und nach holen die Beamten die Kletteraktivisten aus der luftigen Höhe wieder zurück auf den Boden der Tatsachen. Vor dem Gebäude steht ein gutes Dutzend Menschen in grünen Greenpeace-Jacken, die jeden abgeseilten Kletterer mit Applaus bejubeln. Erst gegen 13 Uhr hat die Polizei schließlich alle Aktivisten aus dem Uniper-Gebäude abgeführt, danach dauert das Entfernen der gelben Banner und Fahnen noch eine weitere halbe Stunde. Das Fazit von Uniper-Sprecher Georg Oppermann nach der Aktion: „Wir sind häufiger Ziel von Protesten. Aber das hier ist schon sehr professionell.“

Die Umweltschutz-Organisation Greenpeace veröffentlicht um kurz vor acht Uhr am Donnerstagmorgen eine Pressemitteilung, um sich zu erklären: Die Aktion sei ein Protest gegen die „zerstörerischen Gasprojekte des Energiekonzerns Uniper“. Es dürfe nicht sein, dass ein verstaatlichtes Unternehmen mit seinen Geschäften dazu beitrage, ein Meeresgebiet mit Walen, Schildkröten und Korallenriffen zu zerstören, sagt Greenpeace-Mitarbeiterin Franziska Saalmann.

Greenpeace stört, dass Uniper ein Kunde des australischen Energiekonzerns Woodside ist. Dieses Unternehmen fördert auch Gas vor der Westküste Australiens – aus Sicht von Greenpeace eine Umweltsünde, die Uniper mit verantwortet: „Die Bohrungen in 900 Meter Tiefe werden mit Schallkanonen vorbereitet, deren Lautstärke tödliche Folgen für Wale haben kann.“ Uniper-Finanzchefin Jutta Dönges hatte die Zusammenarbeit im Mai verteidigt. So hätten die australischen Behörden das Vorhaben geprüft und genehmigt. Doch diese Worte reichen Greenpeace nicht, daher schritten die Aktivisten zur Tat.

Ein Düsseldorfer Mitglied der Umweltschutzorganisation berichtet, wie solch ein Protest abläuft: Aktionen wie die bei Uniper würden von der Greenpeace-Zentrale in Hamburg geplant. Die Gruppen vor Ort würden nicht informiert, stattdessen erfahre nur ein „innerer Zirkel“ von den Plänen: „Das Überraschungsmoment ist wichtig.“ Aktiv beteiligt seien sportliche Menschen, die ihr Handwerk verstehen und in speziellen Schulungen bei Greenpeace verfeinern. „Wir bieten Trainings für Klettern und Bootfahren an“, schreibt Greenpeace-Sprecher Michael Hopf auf Nachfrage unserer Redaktion.

Der Protest sei „notwendig und gerechtfertigt“. Ein Sprecher der Polizei betont jedoch, dass die Aktion der Kletteraktivisten illegal war. „Hausfriedensbruch, Verstoß gegen das Versammlungsgesetz – das sind Straftaten.“ Außerdem gab es als Folge der Straßensperrung ein Verkehrschaos: „Die Nord-Süd-Achse am Rheinufer kam kurzzeitig zum Erliegen.“ Den aufwendigen Einsatz bezahlen müssen die Aktivisten jedoch nicht. Stattdessen kommt der Steuerzahler dafür auf, das regelt indirekt das Grundgesetz: Artikel 8 „schützt Versammlungen, die friedlich und ohne Waffen stattfinden“.

Protestaktion verlief
friedlich und ruhig

Tatsächlich kam durch den spektakulären Protest niemand zu Schaden. Trotzdem behält sich Uniper nach Angaben von Sprecher Georg Oppermann vor, Anzeige gegen einzelne Aktivisten zu erstatten. „Aber grundsätzlich sehen wir solche Proteste entspannt“, sagt Oppermann. Er lobt auch die Polizei für den besonnenen Einsatz, dadurch sei alles ruhig und friedlich verlaufen.

Bleibt die Frage, wie es den Aktivisten gelingen konnte, das Gebäude eines Großkonzerns zu erobern. Der entscheidende Sicherheitsschwachpunkt sei hierbei der öffentlich zugängliche Eingangsbereich, sagt der Uniper-Sprecher. Dort konnten die Aktivisten am frühen Donnerstagmorgen unbehelligt reingehen und hochklettern. Aufs Dach ging es mithilfe eines Hubsteigers – einer Arbeitsbühne, die normalerweise auf Baustellen zum Einsatz kommt. Auch dieses Gerät hatten die Aktivisten im Vorfeld organisiert, um Uniper möglichst medienwirksam aufs Dach steigen zu können.