Düsseldorfer Gründerin Daniela Mündler Das "Pröbchen" neu erfunden
Düsseldorf · Nachhaltigkeit trifft Innovation: Düsseldorfer Gründerin Daniela Mündler entwickelt die Lösung für zeitgemäßen Beautykonsum.
Er ist so lang wie ein Lippenstift, lässt sich aufdrehen und die Namensähnlichkeit zum englischen Wort Lipstick ist gewollt: Der Samplistick soll all die Pröbchen für Parfüms und Kosmetik ersetzen, die wahllos beim Beautyshopping in die Tüte kommen – um dann zuhause zu verstauben oder ungeöffnet direkt im Müll zu landen. „Sie erreichen nicht die richtige Kundschaft. Die Hersteller erfahren nicht, ob sie zum Kauf animiert haben, geben aber für den Proben-Service viel Geld aus.
Außerdem: Pro Jahr werden weltweit über 120 Milliarden solcher Plastik Sachets hergestellt, um weggeschmissen, zu werden. Die Umwelt wird damit sinn- und gnadenlos belastet“, sagt Daniela Mündler und hat sich gleich die Lösung des Problems einfallen lassen. Mit ihrem aktuell, seit 31. Juli 2024 für Europa patentierten, aus 100 Prozent Altplastik hergestellten, nach Gebrauch vollständig recyclebaren Samplistick können sich Kunden in den Filialen individuell ihre Wunschproben abfüllen lassen – egal ob Duft, Pflege, Make-up, inklusiv Lippenstift, Glosse, lose und gepresste Puder. „Jeder kann zu Hause in Ruhe vor seinem Spiegel ausprobieren, ob ein korallenroter oder eher ein pinker Lippenstift zu einem passt oder wie sich eine Parfümprobe auf der Haut entwickelt“, so die Erfinderin.
Über einen QR-Code und mit Hilfe einer App, die Teil des Systems ist, werden sämtliche relevanten Daten zu Marken und Inhaltsstoffen der Probe erfasst. Beispielsweise die Chargennummer, die für den Fall benötigt wird, dass ein Produkt zu einer allergischen Reaktion führt. Auf die Art – so die Erfinderin – werden individuelle Kundenwünsche erfüllt, Plastikmüll reduziert, und hohe Investitionen auf Unternehmensseite eingespart. „Dazu kommt: Angesichts immer strengerer EU-Regulierungen zu Verpackungen dürfte es nur eine Frage der Zeit sein, bis die Proben in ihrer heutigen Form, die ja mehr Verpackung als Inhalt haben, verboten werden“, betont Daniela Mündler.
Daniela Mündler zog
alle Register ihres Netzwerks
Wie kommt denn eine 51-Jährige überhaupt dazu, ein grünes Start-up mit Sitz in Düsseldorf-Pempelfort zu gründen und das klassische Pröbchen neu zu erfinden? „Die Idee trage ich schon seit 2010 mit mir herum, damals war ich noch bei Douglas“, erzählt die Betriebswirtschaftlerin, die auch bei Konsumgüter- und Handelsunternehmen wie L‘Oréal und Dior (LVMH) gearbeitet hat. „Live habe ich oft erlebt, wie meist mehr oder weniger willkürlich Pröbchen, die gerade in der Schublade waren, den Kunden mitgegeben wurden“.
Doch erst nach dem Ausstieg 2020 als Vorständin im familiengeführten Keks-Unternehmen Bahlsen in Hannover, wo die Mutter von drei Kindern die Bereiche Marke und Innovation, Kommunikation, Personal und das globale Geschäft mit den Handelsmarken verantwortete, fiel die Entscheidung, sich selbstständig zu machen. „Die Samplistick GmbH ist irgendwie auch mein Corona-Baby“, erinnert sich Daniela Mündler und schmunzelt bei dem Gedanken, dass sie Mitte 40 werden musste, um sich als Unternehmerin zu trauen.
Von Beginn an sei klar gewesen, dass die Gründungsidee mehr als nur ein einmaliges Projekt war, vielmehr eine sinnvolle, zweckgebundene Arbeit werden sollte. „Die Frage nach dem Impact, den Auswirkungen einer solchen Innovation ist für mich eine sehr persönliche. Sie war bisher immer der gemeinsame Nenner meiner beruflichen Entscheidungen – welchen Unterschied kann ich im Leben der Konsumenten machen?“ Also wühlte sich die Jung-Unternehmerin durch Verordnungen und Gesetze, Hygienevorschriften und Patentrechte, machte sich in Sachen Fördermittel und Stipendien schlau. Bekam unter anderem Geld von der NRW Bank, von Investoren und wurde in das Förderprogramm Green Startup der Deutschen Bundesstiftung Umwelt aufgenommen, das derzeit weniger als zehn Prozent der Bewerbungen bewilligt.
Anfangs nutzte Daniela Mündler ihre zahlreiche Beauty-Kontakte, zog alle Register ihres weit verzweigten Netzwerks, holte sich Expertise von befreundeten Anwälten. Durch Zufall lernte sie einen Produkt-Designer kennen, der sich mit den Materialien auskennt und die Prototypen baute. „Ich wollte immer ein Produkt, das in jedem Markt der Welt lokal herstellbar ist“, erklärt sie. Denn es mache keinen Sinn, ein System mit Recycling-Gefäßen hin und her zu transportieren. Schließlich gehe es neben der Müllvermeidung auch darum, den CO2-Abdruck zu verringern.
Mittlerweile ist die Testphase im Markt abgeschlossen, die Idee funktioniert und 2023 wurden erste Umsätze im fünfstelligen Bereich erzielt. Namhafte Partner wurden bereits gefunden. In den Flagshipstores von Nivea wird der Stick schon eingesetzt. Neue Kunden, darunter der Naturkosmetikhersteller Weleda unter Leitung der Düsseldorferin Tina Müller und Deutschlands größte Parfümeriekooperation Beauty Alliance sind an Bord. Samplistick ist reif für Serienproduktion.