Auf einem Schiff in Düsseldorf aufgewachsen Hendrik Lenz segelt allein an Bord über den Atlantik
Düsseldorf · Hendrik Lenz wird an der Regatta „Mini Transat 2025“ teilnehmen. Rund 7500 Kilometer legt er zurück – ganz allein an Bord.
Völlig alleine um die Welt segeln – das muss man wirklich wollen. Aber Hendrik Lenz hat sich genau das gut überlegt. Der gebürtige Düsseldorfer wird 2025 an Bord eines nur 6,50 Meter langen Segelbootes, einer sogenannten Mini, den Atlantik überqueren. Antreten möchte er bei einer Regatta, also im Wettkampf gegen andere Segler. Für Lenz bedeutet das Einsamkeit, Schlafentzug, eisernen Willen, Verzicht, Disziplin und all das unter fragwürdigen hygienischen Bedingungen. Rund 4000 nautische Meilen, also 7500 Kilometer, wird er dann zurücklegen.
Die Notdurft wird in einen Eimer verrichtet, fließend warmes Wasser, Dusche oder gar ein Föhn sind absolute Fremdworte an Bord. Und als wenn das nicht schon ausreichen würde, haben die Organisatoren der „Mini Transat 2025“ noch ein besonderes Handicap eingebaut. „Satellitengestützte Navigation ist verboten. Die Regatta-Teilnehmer dürfen zur Orts- und Kursbestimmung nur mit traditionellen Methoden, also mit Seekarte, Bleistift, Zirkel, Dreieck, arbeiten. Wir müssen vor dem Start sogar unsere Handys abgeben“, so Lenz. „Die Boote können aber per GPS geortet werden und für Notfälle ist ein Funkgerät an Bord. Und einmal am Tag dürfen wir mit einem Weltempfänger den Wetterbericht hören.“
So richtig erklären, warum es ihn, den Elektroingenieur mit seinen 30 Jahren jetzt so unbändig aufs weite, unberechenbare Meer zieht, kann Hendrik Lenz selbst nicht. Seinen Arbeitsplatz in Bremen hat er jedenfalls für das nächste Jahr verlassen, um sich ganz aufs Segeln zu fokussieren. „Bis vor Kurzem hätte ich selbst nicht gedacht, ein Abenteurer zu sein. Viel lieber plane ich alles“, erläutert Lenz. „Aber ich habe es mir gut überlegt. Die Entscheidung steht.“
Und bei so einer Fahrt kann man im Vorfeld schon einige Risiken einkalkulieren und entsprechend planen. Ganz unvorbereitet darf man auch nicht an der „Mini Transat“ teilnehmen. „Man muss ein paar Qualifikationskriterien nachweisen“, sagt Lenz, der beim Düsseldorfer Yachtclub zum Kader der ersten Bundesligamannschaft gehört. „Man muss nachweisen, dass man schon mindestens 1000 Seemeilen nonstop und alleine auf der Mini, mit der man die Transat segelt, hinter sich gebracht hat, und man muss 1500 Regattameilen belegen können.“
Aufgewachsen in einem
Boot am Düsseldorfer Hafen
Die 1000 Solo-Meilen hat Lenz im April bei der Transat-Regattaleitung angemeldet und abgespult. „Alles in allem hat es viel Spaß gemacht“, verrät der Segler. „Aber es waren natürlich auch Situationen dabei, die nicht so viel Spaß gemacht haben. Wenn Flaute ist, alles nass ist, man Hunger hat und übermüdet ist, oder wenn man nachts bei Wind in den elf Meter hohen Mast steigen muss, dann fragt man sich schon, warum man das macht.“ Das stellte er allerdings wenig später fest, als der Wind wehte, die Sonne wärmend vom Himmel schien und Delfine um den Bug des Bootes spielten.
„Es war ein brutales emotionales Auf und Ab, ich habe die ganze Bandbreite an Gefühlen erlebt. Wenn man es hinter sich gebracht hat, setzt man die rosarote Brille auf und denkt nur an die schönen, euphorisierenden Momente.“
Dass Lenz einen Hang zum Wasser hat, hat er seiner Familie zu verdanken. Nicht nur dass ihr ein Boots- und Yachtausrüstungsgeschäft im Düsseldorfer Hafen gehört, nein Hendrik Lenz wuchs auf einem Boot im Hafen auf. „Meine Eltern segeln, mein Vater hat die von meinem Großvater gegründete Werft weitergeführt und ich habe die ersten 19 Jahre meines Lebens auf einem Schiff im Hafen gelebt“, so Lenz. „Mit fünf Jahren habe ich im Kinderboot ‚Opti‘ angefangen zu segeln, bin 2011 in den Düsseldorfer Yachtclub eingetreten und habe einige Regatten in verschiedenen Bootsklassen bestritten.“
Während des Studiums segelte er in verschiedenen Bootsklassen und gewann einen deutschen Meistertitel in der ASSO99. Sämtliche Segelscheine besitzt er auch. Das seglerische Rüstzeug ist also vorhanden. „Jetzt professionalisiert sich alles und meine Erfahrungen setze ich in gute Vorbereitung um“, erläutert Lenz. „Die Vorbereitung ist das Wichtigste, da kann man so viel falsch aber eben auch viel richtig machen.“ Der Charaktertest „Mini Transat“ beginnt also nicht erst mit dem Start im französischen Les Sable d‘Olonne im September 2025 – das alles muss man wirklich wollen.