Schnell, klein, kultig Warum Chris Seibert mit seiner Hotrod-Vermietung so erfolgreich ist
Düsseldorf · Seifenkisten mit Motor und Straßenzulassung: Chris Seibert ist mit seinem Start-up unterwegs auf der Erfolgsspur.
Mit zwölf Autos ist er 2015 in Düsseldorf gestartet. Inzwischen hat Christoph Seibert (jeder nennt den Mann vom Land „Chris“) zweimal den Standort gewechselt, bevor er vor vier Jahren in seiner „Hood“ und auf seinem Traumgelände in Oberbilk gelandet ist. Wer durch die Einfahrt in das Gewerbegebiet an der Volksgartenstraße 35 einbiegt, hört die vorbeifahrenden Zügen rattern, sieht große Graffitis an Backsteinmauern, gegenüber mehrere Garagen und davor aufgereiht einige der „Schmuckstücke“: In Flammend-Rot und Blau, Gift-Grün und Schwarz mit und ohne Werbe-Aufschrift stehen dort sogenannte Hotrods.
Sie seien das Abgefahrenste seit Erfindung des Automobils – behauptet nicht nur Chris, der damit sein Geld verdient. Und das – abgesehen von einigen durch Corona-Lockdowns bedingten Auf und Ab´s – erfolgreich. Aus ganz Deutschland kommen die Anfragen für Gruppenfahrten. Vor allem samstags „brennt die Station“, JGA-Junggesellen-Abschieds-Alarm ist angesagt. Dann wollen besonders viele – zu 80 Prozent sind es Männer – in den kleinen, einsitzigen und offenen Autos mit benzinbetriebenen Ein-Zylinder-Viertakt-Motor eine Stadtrundfahrt der besonderen Art machen.
Wer das Go-Kart-Feeling auf der Straße mit einer Geschwindigkeit bis zu 88 Kilometer pro Stunde erleben will, der muss mindestens 18 Jahre alt und nüchtern sein (0,0 Promille sind Voraussetzung), einen gültigen Führerschein der Klasse 3/B vorlegen und einen Helm aufsetzen. Los geht‘s auf unterstem Niveau, was in dem 81 Zentimeter hohen Gefährt einer Sitzhöhe von 23 Zentimeter über dem Boden entspricht, zur zweistündigen Fahrt über die Rheinkniebrücke nach Oberkassel, weiter über die Theodor Heuss Brücke in Richtung Altstadt. Danach bewegen sich Fahrzeuge unüberhörbar dank kernigem Sound weiter übers Joseph-Beuys-Ufer durch den Rheinufer-Tunnel. An der Ausfahrt Hafen wird Kurs auf die Kö genommen und wieder zurück zur Station. 109 Euro pro Person kostet der mindestens von einem Tourguide geführte Klassiker.
Alternativ zum stilechten Cruisen durch die Stadt, kann zum Beispiel die Landpartie auf den Spuren des Neandertalers gebucht werden (119 Euro pro Person). „Unsere Hotrods sind auch beliebt für Events oder Firmenfeiern und Geburtstage. Das anschließende Fest kann bei uns in der überdachten Open-Air-Zone steigen “, erklärt Chris, der Mann mit Bart und öffentlich nie ohne Mütze zu sehen.
Wie ist der 50-Jährige eigentlich auf die Hotrods gekommen? Also, technikverliebt sei er schon als Jugendlicher gewesen, mit seinen Jungs auf dem Land habe er in Scheunen und Garagen an Motoren und Motorrädern geschraubt und gebastelt. Karriere hat er in Düsseldorf als Creative Director in der Werbebranche gemacht. „Doch mit Ende 30 wollte ich einen Plan B haben. Ich habe weiter freiberuflich als Werber gearbeitet und nebenbei so alles rund um die „heißen Öfen“ gesammelt“, erzählt er. Den Start als Unternehmensgründer hatte sich Chris Seibert allerdings rosiger vorgestellt. „Keine Bank wollte mir einem Kredit geben – und das, obschon ich für mein Start-up einen perfekt von meiner damaligen Freundin ausgearbeiteten Business-Plan vorweisen konnte.“ Also hat er alle Finanzreserven zusammengekratzt, sich Geld von Verwandten und Freunden geliehen und rund 250 000 Euro in die Anschaffung der ersten Autos investiert. Damals kosteten sie um 13 000 Euro pro Stück. Heute werden die kleinen Flitzer zwischen 18 und 19 000 Euro gehandelt.
32 Exemplare hat der kreative Technikfreak bislang im Bestand
Die Technik der Hotrods basiert auf den bekannten Go-Karts: Die Fahrzeuge haben eine Direktlenkung, keine Federung, liegen sehr tief, wiegen etwa 120 Kilogramm und haben jeweils nur einen Vor- und Rückwärtsgang. Der wichtigste Unterschied zum Go-Kart ist die Zulassung auf deutschen Straßen. Und: Weil die gepflegten Karosserien im Oldtimer-Design ziemlich gut aussehen und überall auffallen, sind sie begehrt als Werbeträger, was für Chris wiederum eine willkommene Einnahmequelle bedeutet.
32 Exemplare hat der kreative Technikfreak bislang im Bestand. Aber wer weiß, was da noch kommt, schließlich ist er bekannt als Jäger und Sammler. Auf seinem Firmenareal stehen, hängen, liegen hunderte gebrauchte Dinge – alte Backöfen und Kinderwagen, eine Kehrmaschine, die unter Wasser stand und heute als „Kehrforce One“ gebrandet ist oder Blechschilder mit Werbesprüchen.
„Die Schätze finden mich einfach“, sagt er schmunzelnd. So wie jüngste Errungenschaft ein blau-weißer Bus im Miniaturformat. „Neun Jahre war ich hinter dem in solider Handarbeit gebauten Hotrod her, jetzt steht er in meiner Werkstatt und nur ich werde ihn fahren.“ Der Kaufpreis bleibt geheime Chefsache. Wer ihn als Spinner bezeichnet, der habe zweifelsohne recht, meint er und lacht. Chris Seibert lebt seine Leidenschaft und ist stolz darauf, dass sein Unternehmen auf der Gewinnspur unterwegs ist. Fünf Mitarbeiter beschäftigt er in der Werkstatt. „Als Mechaniker schrauben bei uns Oldtimerfanatiker, Autoschieber und Müllwagenreparierer“, heißt es. Insgesamt kommt er auf 15 Mitarbeiter, darunter sind Künstler und Studenten als Tourguides im Einsatz – Hauptsache Hotrodder.