Weltweit für seine Karnevalswagen bekannt Jacques Tilly wird mit dem Landesverdienstorden geehrt

Düsseldorf · Der wohl bekannteste Wagenbauer der Republik wurde mit der höchsten Auszeichnung des Landes geehrt. Ein Ende hat er für seine Laufbahn allerdings schon festgelegt.

Ministerpräsident Hendrik Wüst (l.) ehrte den Wagenbauer Jacques Tilly mit dem Landesverdienstorden Nordrhein-Westfalens.

Foto: Bretz, Andreas (abr)

Anlässlich des 78. Geburtstags des Landes Nordrhein-Westfalen hat Ministerpräsident Hendrik Wüst elf Menschen für außerordentliche Leistungen mit dem Verdienstorden des Landes geehrt. „Orden tragen die meisten von Ihnen wahrscheinlich eher selten – außer Jacques Tilly an Karneval.“ Als Wüst ihn nach vorne rief, fügte er hinzu: „Er kommt aus Düsseldorf, aber das müssen wir gar nicht erwähnen.“

Jacques Tilly ist für seine Satire-Wagen am Rosenmontagszug weit über die Stadtgrenze hinaus bekannt, weltweit sogar. 2019 habe es 1500 Artikel in 100 Ländern gegeben, erzählte Jacques Tilly: „Die Wagen funktionieren auf der ganzen Welt und werden dort verstanden.“

Für Jacques Tilly fand der Ministerpräsident würdigende Worte: „Er scheut keine Institution, Staatsmacht oder Autorität. Wo es Missstände gibt, deckt Jacques Tilly sie kritisch und mit beißender Satire auf. Die Kunstwerke von Jacques Tilly und seinem Team regen zum Nachdenken an und sorgen oft für kontroverse Diskussionen.“

Im vergangenen Jahr feierte
Tilly seinen 60. Geburtstag

Seit 1984 baut und entwirft Tilly die Karnevalswagen für den Düsseldorfer Rosenmontagszug, die mit seiner unverkennbaren Handschrift gesellschaftspolitische Entwicklungen verarbeiten. „Jedes Jahr erfreuen sich Hunderttausende begeisterte Menschen an Ihren Mottowagen – mit Ausnahme derjenigen, die gezeigt werden“, sagte Wüst und sorgte für Lachen in der Staatskanzlei. Sein „Woelki-Wagen“ aus dem vergangenen Jahr wurde kürzlich in die Sammlung des Hauses der Geschichte in Bonn aufgenommen.

Im vergangenen Jahr feierte Tilly den „100. Geburtstag“: seinen 60. Geburtstag und 40 Jahre Wagenbau. Heute ist das Tilly-Team das ganze Jahr tätig und bereitet die Wagen vor. Dass er jedes Jahr grünes Licht vom Karnevalskomitee bekommt, weiß Tilly sehr zu schätzen. Das Ziel bei der Gestaltung ist, dass jeder sofort verstehen kann, worum es geht. Zu den Arbeiten gehören auch Wagen für andere Projekte, zum Beispiel für Demonstrationen. Auch sonst engagiert sich Jacques Tilly für Themen, die über den Karneval hinausgehen und ihm am Herzen liegen: Seit 2004 ist er im Beirat der „Giordano-Bruno-Stiftung“, die für einen evolutionären Humanismus steht und sich für die Werte der Aufklärung einsetzt. „Besonders hervorzuheben ist hier sein Engagement für die Interessen ehemaliger Heim- und Internatskinder, die oft schwerste physische und psychische Verletzungen erlitten haben, sowie für die Opfer sexueller Gewalt in kirchlichen Institutionen“, sagte der Ministerpräsident bei der Ehrung. Seit September 2018 veröffentlicht der „Humanistische Pressedienst“ in seinem Karikaturen-Fenster „Spott sei Dank!“ Werke von zeitgenössischen Comic-Zeichnern. Tilly hat dort nicht nur Werke beigesteuert, sondern gehört auch der ehrenamtlichen Redaktion an.

Trotz seines Einsatzes für viele Projekte und der Reichweite, die seine Wagen für den Düsseldorfer Karneval haben, zeigte sich Jacques Tilly nach der Verleihung bescheiden. „Ich dachte erst, das ist ein Missverständnis. Mit dem Orden werden Menschen für großartige Taten geehrt und ich bin nur ein Karnevals-Jeck.“

Doch auch er sah ein, dass die Satire-Wagen für den Düsseldorfer Karneval eine wichtige Strahlkraft und Bedeutung haben, und dankte seinem Team und dem Comitee Düsseldorfer Carneval, das die Wagen durchwinkt, egal, wie kritisch diese sind. Seit nun 41 Jahren baut Tilly die Wagen, ist ein Ende schon in Sicht? „Ja, 2030 ist Schluss. Also sechs Jahre möchte ich noch weitermachen.“ Der Verdienstorden des Landes NRW wurde 1986 zum 40. Landesgeburtstag von Ministerpräsident Johannes Rau gestiftet. Ministerpräsident Wüst machte darauf aufmerksam, dass die Geehrten die höchste Auszeichnung des Landes verdienen, weil sie Zusammenhalt und Teilhabe über Generationen hinweg stiften und Vorbilder und Hoffnungsträger für das Land sind. Die Zahl der lebenden Ordensinhaberinnen und -inhaber ist auf 2500 begrenzt, 1760 Frauen und Männer aus NRW haben den Verdienstorden bisher erhalten.