Hilfe für Sehbehinderte in Düsseldorf Unterrather entwickelt Hilfs-App für die eigene Mutter
Düsseldorf · Jörg Balters hat eine App entwickelt, die Texte vorliest und Bilder beschreibt. Mit dem Hilfsmittel will er seiner sehbehinderten Mutter das Leben erleichtern. Dabei kommt Künstliche Intelligenz zum Einsatz.
Jörg Balters betreibt auf der Münsterstraße einen kleinen Computerladen, in dem er Handys repariert. Die Kenntnisse dafür hat sich der Unterrather selber angeeignet und immer wieder ausgebaut. Als vor rund einem Jahr die Nutzung der Künstlichen Intelligenz (KI) frei verfügbar wurde, war der 55-Jährige sofort total begeistert und hat sich mit den Möglichkeiten, die die neue Technik bietet, intensiv beschäftigt.
Als Beispiel nennt er eine Straßenszene. Die KI beschreibt nicht nur, dass dort Bäume stehen, sondern schlussfolgert, dass die Aufnahme im Herbst oder Winter erfolgt sein muss, da die Bäume keine Blätter tragen. „Das ist für einen IT-ler faszinierend.“ Bei Balters entstand der Wunsch, die KI für seine Mutter, Mechtild Marschall, nutzbar zu machen, denn die 82-Jährige ist sehbehindert. Sie hat auf einem Auge nur noch fünf Prozent Sehkraft und auf dem anderen Auge rund 30 Prozent.
„Das Ziel war, meiner Mutter eine einfache Möglichkeit an die Hand zu geben, Dinge besser erkennen zu können. Sie konnte Weihnachten beispielsweise eine handgeschriebene Karte nicht mehr selber lesen.“ Balters beschloss also, für seine Mutter eine App zu entwickeln. „Es gibt zwar schon solche Hilfs-Apps, aber ich wollte eine programmieren, die möglichst leicht und ohne Übung zu bedienen ist, die schnell und genau ist.“
Das scheint ihm mit der kostenfreien App „B-Assistents“ gelungen zu sein. „Ich nutze die App mehrmals täglich. Sie hilft mir beispielsweise, das Haltbarkeitsdatum auf einem Joghurt oder den sehr klein geschriebenen Busfahrplan zu erkennen“, sagt Mechtild Marschall. Dafür öffnet sie die App auf ihrem Handy, drückt auf den Kamera-Button und bekommt entweder den fotografierten Text vorgelesen oder das aufgenommene Bild beschrieben. „Man kann gar nichts falsch machen. Das ist einfach nur Klasse und ich kann das nur weiterempfehlen, und das sage ich nicht, weil die App von meinem Sohn ist“, erklärt die Angermunderin.
Wie wichtig solche Apps im Alltag von sehbehinderten Menschen sind, bestätigt beispielsweise der voll blinde Düsseldorfer Thomas Lammers. Er arbeitet schon viel mit solchen Hilfsmitteln und nutzt beispielsweise die im Handy integrierte Vorlesefunktionen, die erklärt, was gerade auf dem Display zu sehen ist. „Solche Dinge erweitern die Welt und machen das Handy noch viel wertvoller.“
Das sieht die stark sehbehinderte Britta van Hall ähnlich. „Grundsätzlich finde ich solche Art Apps für blinde und sehbehinderte Menschen besonders wichtig, um sich im Alltag selbstständig zurechtfinden zu können. Es macht unabhängig und man bekommt ein Stück Freiheit zurück.“ Van Hall ist aber der Meinung, dass die App von Jörg Balters eher für sehbehinderte statt für blinde Menschen geeignet sei, „denn es macht schon etwas aus, dass man mit der Kamera den richtigen Bildausschnitt trifft“.
Jörg Balters hat inzwischen schon neue Ideen umgesetzt. „Es gibt immer mehr Menschen, die einsam sind. Für diese habe ich nun Chatbots entwickelt.“ Über Whats-App wird ein Chat, also ein Gespräch, mit einem virtuellen Charakter ermöglicht. Dieser hat Interessen oder Hobbys und agiert mit dem Nutzer, lernt dabei immer mehr und bietet bei Fragen Hilfe an. „Das ist ein schöner Zeitvertreib“, findet Balters.