Veranstaltung des Ruderclubs Germania Marathonrudern hat Suchtpotenzial
Düsseldorf · Erstmals nahmen an der international besetzten Veranstaltung des Ruderclubs Germania auch elf Ruderer aus der Türkei teil.
Es ist ganz schön verrückt, wenn man eine Anfahrt von 2500 Kilometern in Kauf nimmt, nur um 42,8 Kilometer auf dem Rhein zu rudern. Und anschließend muss man ja auch noch zurück in die Heimat, was die Effizienzrechnung des knapp dreistündigen Vergnügens auf Europas am meisten befahrener Wasserstraße noch weiter ins Negative treibt.
Doch Andac Ozkan und zehn weitere Mitglieder vom Ruderverein Balikadamlar Istanbul war das völlig egal. Sie feierten beim 52. Rheinmarathon des Ruderclubs Germania ihre Premiere auf dem Rhein. „Für uns war es ein Abenteuer“, gesteht Okzan. „Wir hatten drei komplette Bootsbesatzungen gemeldet, aber einer bekam kein Visum. Doch die Germanen haben schnell noch einen Ruderer für uns gefunden.“
So half stattdessen Reiner Windhövel aus und er sorgte mit dafür, dass in „seinem“ Boot die schnellste der drei Istanbuler Crews saß. Nach 2:49:13 Stunden hatte das Boot mit der Startnummer 77 die Zielline passiert. „Das vor uns liegende Boot hat zehn Minuten weniger gebraucht. Wir werden uns für unsere nächste Marathonteilnahme besser vorbereiten, zehn Minuten schneller sein und damit einen Platz weiter vorne liegen“, versprach Okzan. Bisher würden sie sechsmal die Woche zehn Kilometer rudern und hätten vor dem Marathon auch schon eine 30 -Kilometer-Trainingseinheit eingelegt. Für das erste Oktoberwochenende 2024, an dem der 53. Rheinmarathon stattfinden wird, wollen sie auch mehrere 20 und 25 Kilometer lange Trainingsfahrten machen.
Die Verhältnisse auf dem Rhein haben den Istanbulern keine Probleme bereitet. „Wir sind Küstenruderer auf dem Marmarameer. Da sind die Wellen meistens höher als die, die die Frachtkähne auf dem Rhein verursachen“, erläutert Okzan. „Wir hatten einen entspannten Nachmittag auf dem Rhein und haben viele neue Erfahrungen gemacht.“
Für die meisten Menschen ist ein gelaufener Marathon ja schon eine Tortur, aber 42,8 Kilometer in einem Ruderboot zwischen den dicken Pötten herumzukurven, übersteigt vielfach die Wunschvorstellung von Spaß.
Die Tortur hat offensichtlich
ein extrem hohes Suchtpotenzial
Und doch hat die Tortur ein extrem hohes Suchtpotenzial. Matthias Mucharowski von der RG Benrath beispielsweise feierte in diesem Jahr seine 30. Marathon-Teilnahme, doch gegen Uli Heyse (RC Germania) ist das nichts. Er hat lediglich einmal beim Marathon pausiert und war diesmal zum 51. Mal dabei.
Und auch die Istanbuler scheint die Sucht erwischt zu haben, versprachen sie doch wiederzukommen, genauso wie der zweite Premierenverein des Jahres, die Roeivereniging Jason Arnhem. Peter den Herder, Antoon Sturkenboom, Martin ten Voorde, Leon van Dam und Steuermann Willem Jan Langeveld sahen in der Bewältigung der Strecke, die vom RTHC Bayer Leverkusen bei Rheinkilometer 695 bis Höhe Germania-Clubhaus im Stadtteil Hamm bei Kilometer 738 führte, nicht unbedingt einen Wettkampf. „Wir haben so drei, vier Päuschen gemacht“, verriet ten Voorde. Das führte dazu, dass die Niederländer 3:29:12 Stunden unterwegs waren. Und dafür bekamen sie auch noch einen „Pokal“, um den sie viele andere beneideten. Regattaleiterin Melanie Ott überreichte eine Kiste Bier für das „langsamste Boot“ in der Wertung. Pro Boot sind maximal 3:30 Stunden erlaubt. Gerüchten, sie hätten es darauf angelegt, widersprachen die Arnheimer vehement. „Wir haben gar nicht gewusst, dass es so einen Preis gibt“, machte ten Voorde klar. „Aber es hätte für uns auch schlechter laufen können. Immerhin haben wir bei unserer ersten Teilnahme direkt einen Preis bekommen.“
Für den Verein und für Düsseldorf hat der Rheinmarathon überregionale Bedeutung. „Eine Sportstadt definiert sich zwar stark über Erfolge im Spitzensport, braucht aber ebenso den Breitensport“, sagte Oberbürgermeister Stephan Keller: „Ohne den Breitensport könnte man keine Talente für den Spitzensport entdecken und entwickeln. Die Kombination von Breiten- und Leistungssport zeichnen eine sportbegeisterte Stadt aus.“