„Wertschätzung hat gefehlt“ Von der Gastronomie in die Modebranche - ein Aussteiger berichtet

Düsseldorf · Maximilian Giergen war jahrelang in der Gastronomie tätig, hatte seinen eigenen Laden und arbeitete als Schichtleiter. Dann stieg er aus – und ist in der Modebranche tätig.

Maximilian Giergen arbeitet nun als District Manager in der Modebranche.

Foto: Hans-Juergen Bauer (hjba)

Angefangen hat alles als Saisonkellner in Ischgl, danach habe ich unter anderem auf dem Oktoberfest und auf Sylt gearbeitet. Ich liebe die Gastronomie, den Kundenkontakt, die Beratung, einfach Menschen als Gastgeber zu empfangen. Man sagt ja immer, dass Liebe durch den Magen geht – so habe ich meinen Job auch immer begriffen.

In Düsseldorf habe ich 2015 als Aushilfe im Burgerrestaurant Richie’n’ Rose in Oberkassel angefangen. 2018 wurde ich dann Geschäftsführer und habe eigentlich den ganzen Laden alleine geschmissen. Es gab keinen Betriebsleiter, ich habe sechs Tage die Woche gearbeitet. Nach fünf Jahren war mir das zu viel, ich habe den Laden mit meinen Gesellschaftern verkauft und ein Jahr Pause gemacht, um meine Batterien wieder aufzuladen.

Im August 2021 wollte ich dann zurück in die Arbeitswelt und stand dann zuerst in der Brasserie Hülsmann hinter der Bar, dann als Gastgeber an der Tür. Das hat so gut geklappt, dass ich danach im neuen Bistro der Hülsmanns erst die Frühschicht leitete und dann in die Spätschicht gerutscht bin, um das Team dort zu unterstützen. Außerdem habe ich bei der Eröffnung mit meiner Expertise aus der vorherigen Selbstständigkeit in eigentlich allen Bereichen geholfen und mir eine langjährige Zusammenarbeit vorgestellt.

Leider fiel mir dann aber etwas auf, was typisch für die Branche ist: Mir hat die Wertschätzung für gute Arbeit und Einsatz gefehlt. Die Gastronomie ist mit sehr viel Stress verbunden, oft leistet man Überstunden oder fängt fehlende Kompetenzen anderer auf. Das wird in vielen Betrieben nur leider überhaupt nicht honoriert, weder durch ein gutes Gehalt noch durch ein Dankeschön oder mal eine Flasche Wein für den Feierabend. Ich habe als Chef immer versucht, das anders zu machen. Allerdings ist es durchaus weit verbreitet, dass man so behandelt wird. Ich bin absolut kein Einzelfall und der Betrieb steht in der Hinsicht auch nicht alleine da.

Dabei wäre die Corona-Pandemie eine gute Chance gewesen, hier etwas zu ändern. Denn die Wertschätzung der Gäste ist auf jeden Fall gestiegen. Wenn man auf einmal Angst haben muss, dass der Lieblings-Italiener um die Ecke schließt, freut man sich über jeden Besuch umso mehr, gibt vielleicht auch mal etwas mehr Trinkgeld. Leider hat sich diese Einstellung aber nicht auf die Betriebe übertragen. Zwar kann man in der Gastronomie teilweise auch gutes Geld verdienen, aber es ist auch ein wirklich anstrengender Job.

Seit zwei Monaten mache ich deshalb etwas komplett Anderes und bin als District Manager für Falconeri tätig, eine Marke des Modekonzerns Calzedonia. Dass ich dahin gekommen bin, ist Zufall: Ich saß im Café und habe gehört, wie sich zwei Frauen am Nebentisch darüber unterhalten haben, dass jemand für diese Position gesucht wird. Da ich Mode schon immer interessant fand und mich gerne gut kleide, habe ich sie einfach angesprochen und mich anschließend beworben – und wurde tatsächlich genommen, auch ganz ohne Vorerfahrungen in der Branche.

Jetzt habe ich ein vierwöchiges Training in Mailand hinter mir, war je eine Woche in Berlin und München und manage von Düsseldorf aus vier Geschäfte in ganz Deutschland. Ich bin eigentlich die ganze Woche unterwegs, aber das ist in Ordnung – das nach Hause kommen ist dann umso schöner. Teilweise sind die Überschneidungen zwischen den Jobs auch groß: Auch in der Mode geht es um Emotionen, darum, jemandem eine Freude zu bereiten, um die Nähe zum Kunden.

Der neue Job hat das Potential, genau das richtige für mich zu sein – und ich bekomme hier die Wertschätzung, die ich vorher oft vermisst habe. Wenn ich mir anschaue, wie viel Geld das Unternehmen jetzt schon in meine Schulungen gesteckt hat, damit ich ein guter Mitarbeiter werde, macht mich das positiv sprachlos. Ich habe auch schon des Öfteren gehört, dass gerade Gastro-Mitarbeiter, die die Branche verlassen, jetzt in der Modewelt sehr gefragt sind: Wir sind eben stressresistent, fix im Kopf und können gut mit Menschen.

Mein Vertrag läuft erstmal ein Jahr, dann setzen wir uns zusammen und schauen, wie es weitergehen wird. Momentan ist die Begeisterung allerdings groß. Trotzdem kann ich mir grundsätzlich eine Rückkehr in die Gastronomie vorstellen. Dann allerdings nur noch so, wie ich mir das vorstelle, entweder als mein eigener Chef oder mit einem befreundeten Gastronomen an meiner Seite. Und auf jeden Fall mit Wertschätzung.