Düsseldorf Pogrom und Deportation: Die Familie Jacoby hat beides erlitten
Düsseldorf · Jessica Jacoby zeigt in einem bewegenden Film das Schicksal ihrer Großeltern und ihres Vaters — zu sehen am Dienstagabend in der Düsseldorfer Mahn- und Gedenkstätte.
Zum 80. Mal jähren sich diese Woche die Novemberpogrome von 1938 mit ihren brutalen Angriffen auf jüdische Mitbürger. In Düsseldorf kamen laut Mahn- und Gedenkstätte 17 Menschen ums Leben, mehr als 70 wurden schwer verletzt bei den 460 Überfällen auf Wohnungen und Geschäfte. Praktisch auf den Tag genau drei Jahre später, am 10. November 1941, fuhr in Derendorf der erste Deportationszug mit fast 1000 Juden nach Minsk. Pogrom und Deportation in Düsseldorf: Opfer beider Ereignisse war die Familie Jacoby.
Die Historikerin und Filmemacherin Jessica Jacoby ist am heutigen Dienstag in Düsseldorf und zeigt ihren bewegenden Dokumentationsfilm „Roads“— zwischen Düsseldorf und New Orleans“ (18 Uhr, Mahn- und Gedenkstätte, Mühlenstraße 29). In jahrelanger Recherche hat die 64-Jährige die Geschichte ihrer Großeltern Ella und Arthur sowie ihres Vaters Klaus Jacoby anhand von Briefen der Großeltern und der Tagebuchaufzeichnungen ihres Vaters, aber auch durch Interviews mit überlebenden Familienangehörigen rekonstruiert
In der Nacht vom 9. November wird das Wohnhaus der Jacobys in der Venloer Straße 110 von Nazi-Banden wüst attackiert, Arthur und Ella können mit ihrem Hausmädchen auf den Dachboden flüchten. Ihre Kinder sind da schon nicht mehr in Düsseldorf. Inge reist seit Mitte der 30er-Jahre sehr viel herum und lässt sich schließlich in Südafrika nieder; Klaus gelangt im Oktober 38 mit Hilfe von Verwandten über Amsterdam in die USA. Sofort setzt der junge Mann alles daran, auch seinen Eltern die Ausreise nach Amerika zu ermöglichen, die sich Arthur und Ella ebenso wünschen. „Der Film zeigt eindringlich, unter welchen Druck Klaus stand und sich auch selbst gesetzt hat, um seinen Eltern die Flucht aus Nazi-Deutschland zu ermöglichen und sie so zu retten“, sagt Astrid Hirsch von der Mahn- und Gedenkstätte.
Doch stattdessen müssen die Eltern Jacoby im Juni 1939 ins „Judenhaus“ auf der Rochusstraße umziehen, wo sie auf engstem Raum leben. Dort träumen sie weiter von einer Ausreise nach Amerika, machen Englisch-Sprachkurse. Vergeblich. Bis zum 9. November müssen sie im Judenhaus bleiben, dann gehören sie 41 zu den Deportierten in das Lager Malyj Trostenez bei Minsk. Hirsch: „Inge und Klaus erfahren erst nach dem Krieg, dass die Eltern dort umgekommen sind.“
Klaus kehrt Anfang der 50er zurück nach Deutschland, arbejtet als Journalist. Und heiratet Susanne Körber, Tochter von Schauspielerin Hilde Körber und Regisseur Veit Harlan – bekant-berüchtigt für seinen Propagandafilm Jud Süss.
Weitere Veranstaltungen: Schüler des Humboldt-Gymnasiums erinnern in einem Gedenkgang an Orte in Düsseldorf, die mit dem Leben der Familie Jacoby verbunden sind und an die Ereignisse des Novemberpogroms:Los geht es am 8. November um 18 Uhr an der Sternstraße 76; um 19 Uhr ist ein ökumenishcer Gedenkgottesdienst in St. Rochus, Bagelstraße.
Vom 9. November bis 2. Dezember ist im Landtag eine Ausstellung zum Vernichtungsort Malyj Trostenez bei Minsk im heutigen Weißrussland zu sehen. Dort kamen rund 200 000 Menschen, auch aus Düsseldorf, ums Leben.