Düsseldorf Eltern beklagen Lehrermangel
Die Situation hat sich gebessert, dennoch führen viele unbesetzte Stellen zu Unterrichtsausfällen. Kritik am Einsatz von Seiteneinsteigern.
Düsseldorf. „Wir sehen großes Unheil auf uns zukommen“, sagt Antje Schuh, Vorsitzende der Elternschaft. Die kritisiert schon lange den Unterrichtsausfall an allen Schulformen. „Wir sehen, dass viele Lehrer fehlen. Wenn man bedenkt, dass in den nächsten fünf Jahren 20 Prozent der aktuell tätigen Lehrer in Pension gehen, dann kann das nur große Probleme bedeuten“, so Schuh.
Dabei hat sich die Anzahl der unbesetzten Lehrerstellen in den vergangenen Monaten stark verringert. Nach Angaben der Bezirksregierung sind zurzeit insgesamt 34 Lehrerstellen unbesetzt, zehn davon an Förderschulen, sechs an Haupt-, fünf an Grund-, fünf an Gesamtschulen, sechs an Berufskollegs und jeweils eine Stelle an Gymnasium und Realschule. Noch im Oktober vergangenen Jahres fehlten insgesamt 85 Lehrer — die meisten mit 33 an Grundschulen, 19 an Berufskollegs und 15 an Gesamtschulen. Jessica Eisenmann, Sprecherin der Bezirksregierung: „In der Zwischenzeit gab es zwei Ausschreibungsverfahren, eines zum 1. November, eines zum 1. Februar. Dort konnten viele Stellen besetzt werden.“
Die Lage an den Düsseldorfer Schulen scheint sich also entspannt zu haben. Das liegt zum Teil auch an den 21 Seiteneinsteigern, die sich aktuell an den Schulen zur Lehrkraft ausbilden lassen — vier davon arbeiten an Gymnasien und Gesamtschulen, sechs an Grund-, Haupt- und Realschulen, elf an Berufskollegs.
Der Seiteneinstieg ist mittlerweile für alle Schulformen geöffnet, seit August vergangenen Jahres auch für Grundschulen, an denen noch im Oktober der größte Lehrermangel herrschte. Im letzten Einstellungsverfahren zum 1. Februar waren von insgesamt 45 ausgeschriebenen Stellen 20 Stellen für den Seiteneinstieg geöffnet.
Genutzt wird die Möglichkeit des Quereinstiegs für Fächer, in denen nicht genügend Regelbewerber zur Verfügung stehen; das sind vor allem die naturwissenschaftlichen Fächer. Eisenmann: „Im Moment besteht schulformübergreifend ein großer Bedarf an Lehrkräften der sogenannten MINT-Fächer — Mathematik, Informatik, Naturwissenschaft und Technik).
Wolfgang Cronrath hat die Möglichkeit des Quereinstiegs genutzt. Der diplomierte Physiker arbeitete zehn Jahre lang in einer Computerfirma als IT-Projektmanager, bis er Opfer einer Kündigungswelle wurde und schließlich entschied, es als Lehrer an einem Berufskolleg zu versuchen. Seit August absolviert der 49-Jährige nun an der Elly-Heuss-Knapp-Schule seine zweijährige berufsbegleitende Ausbildung, die dem Referendariat nachempfunden ist. Im Oktober steht die Lehramtsprüfung an. Besteht er, ist Cronrath dem klassisch ausgebildeten Lehrer gleichgestellt — auch finanziell. Eine Chance auf Verbeamtung hat er jedoch nicht. Dafür müsste er unter 42 sein. „Der Einstieg ist sehr hart“, sagt Cronrath. Als Seiteneinsteiger arbeite er — anders als ein Referendar — Vollzeit als Lehrer und müsse zusätzlich Prüfungsbesuche vor- und nachbereiten. Die Aussicht auf einen sicheren Job sei die Mühe aber wert.
Antje Schuh von der Elternschaft sieht den Einsatz von Seiteneinsteigern kritisch: „Es gibt bestimmt Menschen, die aus der freien Wirtschaft kommen und Unterrichtsstoff gut vermitteln können. Aber es gibt auch solche, die aufgrund mangelnder Didaktikkenntnisse ziemlich ins Strudeln geraten.“ Mehr Hoffnung setzt Schuh in die Idee des NRW-Schulministeriums, pensionierte Lehrer zurück in den Dienst zu holen. In Düsseldorf hat das noch nicht geklappt. „Eine Reaktivierung von Pensionären wird aber möglich sein“, glaubt Jessica Eisenmann.